[494] Bellini, Vincenz, Vincenz, Sicilianer, 1808 geboren, Kapellmeister am Theater Fenice in Venedig. Durch seine Oper: der Pirat, die er 1828 zuerst für Mailand geschrieben, wurde er uns zuerst bekannt. Es ließ sich nicht voraus sehen, daß diesem, in Rossini'scher Art gehaltenen Werke, in Kurzem bedeutendere und selbstständigere folgten, die ihn zum Liebling seiner Landsleute und eines großen Theils anderer Nationen gemacht. Sie heißen Bianca und Ferrando, la straniera, Capuleti e Montecchi, Norma. Durch die großkünstlerische Darstellung der Schröder-Devrient in der Rolle[494] des Romeo wird sich namentlich die vorletzte Oper auch im reflectirenden Norddeutschland einheimisch machen. Was die Vorzüge Bellinis anlangt, als: leichten Fluß der Gesangstimmen, Geschmack und Brilliantirung der Instrumentation, südliches Leben der Harmonie und Melodie, so theilt er sie mit seinem Vorläufer Rossini, zeichnet sich aber durch Besonnenheit und Wahrheit in der dramatischen Composition vor dem glücklichen Pesaroschwan aus. Wenn man von Mozart sagt, daß er ein in Deutschland festgewurzelter Blüthenstamm sei, dessen Krone sich etwas dem sicilianischen Himmel zuneige, so ließe sich hier vielleicht das Umgekehrte annehmen. Es ist möglich und wünschenswerth, daß Bellini, wenn er sich durch den glänzenden Zuruf der Masse nicht vom ernstern Studium deutscher Meister abhalten lassen wollte, der flachen, weichlichen Musikweise der neuern italienischen Schule über kurz und lang ein Ende machen wird.
R. S.