[176] Melodie, wie schon bei Harmonie gesagt, die weibliche Schönheit der Musik. Die Musik nur auf Harmonie beruhend, ohne Ausbildung und Herrschaft der Melodie, würde in ein vages, unbefriedigendes Tonchaos zusammensinken, dem die redende Seele, der Blick des Lebens, die Sprache des Herzens fehlt; es wäre eine Landschaft mit Thälern und Bergen, mit Land- und Wasserflächen, aber nackt und kalt, ohne Blüthe und Baum, ohne den Schmelz der Farben, ohne den Duft des Himmels. Die Melodie ist die wärmende Sonne der Musik, darum ward sie auch unter dem lebenswarmen Athem des Südens groß gezogen; hier stand ihre Wiege, hier ward sie gepflegt von Volk und Künstlern, hier wuchs sie zur ewig blühenden Jungfrau auf, und darum spendet sie dort das Uebermaß ihrer Blumenfülle, deren Düfte so süß berauschen. Jenseit der Alpen trauert die ernste Schwester Harmonie über die flüchtige, und breitet weinend die Arme aus nach der Zwillingsschwester zur ersehnten Umarmung. Doch nur selten betritt sie den deutschen Boden, und immer nur lockt sie der Zauberblick des Genius. (Vergl. Harmonie, Italien (Musik), Musik.)
k.