[350] Cheron, Elisabeth Sophie, eine berühmte Malerin, 1648 in Paris geboren. Je lieber unsre Aufmerksamkeit bei einem Talente verweilt, dessen Ausbildung nach den Ergebnissen der Kunstgeschichte dem männlichen Geschlechte vorzugsweise und fast ausschließlich vorbehalten zu sein scheint, um so freudiger begegnen wir einer Frau, die in ihrem Wirken mit dem Interesse ihrer Kunst noch ein historisches zu verbinden wußte. Als Tochter eines Malers genoß sie den Unterricht ihres Vaters und zeichnete sich schon in früher Jugend im Portraitiren vortheilhaft aus. Um die junge Künstlerin aufzumuntern, und ihre Anlagen weiter zu entwickeln, stellte sie der berühmte Le Brun 1672 der Akademie der Malerei und Bildhauerkunst vor, welche sie unter die Zahl ihrer Mitglieder aufnahm. Ebenso ward sie unter dem Namen der Muse Erato Mitglied der Ricovrátí zu Padua. Mit entschieden glücklichem Erfolg lieferte sie außer vielen gelungenen Bildnissen auch historische Gemälde und machte sich dadurch selbst außerhalb Frankreich rühmlich bekannt. Den Ruhm ihrer Talente gründeten jedoch am dauerndsten ihre vortrefflichen Zeichnungen nach antiken geschnittenen Steinen, die, zum[350] Theil von ihr selbst gestochen, in einem Kupferwerke von 41 Blättern »Pierres gravées, tirées des principaux cabinets de la France« erschienen. Elisabeth Cheron verstand außerdem die alten Sprachen und versuchte sich auch als Dichterin von Psalmen und Liedern; ihre »Cerises renversées« wurden noch lange nach ihrem Tode, der 1711 erfolgte, geschätzt.