[94] Deborah. Ost, in den Zeiten des tiefsten Verfalls der Völker, wo selbst der Muth des Helden verzweifelnd gebeugt ist unter das Joch des Unglücks und der Drangsale, oft dann waren es Frauen, die den Völkern Leben und Thatkraft einhauchten, und wie Flammen, vom Himmel gesandt, ihre Zeit erhellten. So hatte auch Israel seine Heldinnen und unter seine edelsten Frauen gehört Deborah. Es war zur Zeit, da das jüdische Volk von Richtern beherrscht ward, ehe es Könige an seiner Spitze sah, als Krieg, Abgötterei, Muthlosigkeit und gänzliche Entkräftung den Staat seinem völligen Verfall nahe gebracht hatten; da erhob sich vom Gebirge Ephraim Deborah und ward ihres Volkes Retterin und Beglückerin. Sie vernichtete mit des Himmels sichtbarem Beistand, der den Feind mit Regengüssen und der Ueberschwemmung von Bergwässern in die Enge trieb, im muthigen Kampfe Jabin und seinen Feldherrn Sissera. Deborah aber ward als Prophetin verehrt, groß war ihr Ansehen, allgemein die Bewunderung für sie>[94] ausgebreitet der Ruf ihrer Weisheit. Nach dem Untergange der Feinde ihres Volks sang sie jenes erhabenste Lied, welches uns im Blüthenkranze althebräischer Lyrik aufbewahrt ist und welches so heldenmüthig, voll begeisterten Schwunges und doch so innig weiblich empfundene Gefahren, Drangsale, Sieg und Dank schildert.
T.