[328] Eleonore von Oestreich, älteste Tochter des Erzherzogs Philipp von Oestreich, am 24. November 1498 zu Löwen in Flandern geboren, empfing eine für jene Zeit glänzende, trefflich geleitete Erziehung, und besaß jene Anmuth, jenen Liebreiz, welche immer den Sieg über körperliche Eigenschaften davon getragen hat. Jugend und Frische, ein schlanker, im vollendetsten Ebenmaß gebildeter Körper ersetzten, was dem Gesicht mangelte, um es schön zu nennen. Innige Liebe hatte sie mit dem Pfalzgrafen Friedrich verbunden. Seine männliche Schönheit, sein ritterlicher Muth, seine Kühnheit und seine Feldherrentugenden sowohl, als seine frohe [328] Laune und die Annehmlichkeit seines Umganges machten Eleonore zum Gegenstand des Neides Aller, welche auf die Hand des Fürsten Anspruch haben konnten. Mehrere Jahre trug der Pfalzgraf ihre Farben, und stets sowohl im Spiel als im Ernst als Sieger. Da verließ das launische Gluck die edle Fürstin. Sie, welche schon 20 Jahre zählte, und sich von der Politik vergessen glaubte, sie, welche hoffte am Ziel ihrer Wünsche zu stehen, und dem geliebten Mann ihre Hand schenken zu dürfen, ward plötzlich an König Emanuel von Portugal versprochen, und im Jahr 1519 mit ihm vermählt. Zwei Jahre durchtrauerte sie an des Greises Seite, da brachte ihr der Tod den Witwenschleier, allein nicht um ihr die Freiheit zu schenken, sondern nur um von Neuem ein Opfer der Politik zu werden. Sie ward von Kaiser Karl V. dem Reichsmarschall von Frankreich Karl von Bourbon zugesagt, wenn er seinen Herrn Franz I. verlassen wolle. Dem hohen Pfande kaiserlicher Gnade vermochte Bourbon nicht zu widerstehen, er erfüllte das Verlangen, allein nach der Schlacht bei Pavia lag dem Kaiser bei Weitem nicht mehr so viel an der Erfüllung des Versprechens, als der Connetable gemeint, und Eleonore ward ihrer Würde angemessener, obgleich immer noch ohne ihre Neigung zu Rathe zu ziehen, an den jungen, ritterlichen König von Frankreich, Franz I. vermählt. Obschon dieser ihre Hand als Beweis der Achtung und als Unterpfand eines freundlichen Vernehmens mit Karl V. erhalten hatte, obwohl er sie mit dem größten Glanz von Bordeaux, woselbst die Vermählung vollzogen wurde, durch ganz Frankreich nach Paris und von da nach Rheims führte, obschon er sie dort mit dem höchsten Pomp krönen ließ, so versuchte er doch nie, die Leere ihres Herzens auszufüllen; und es gehörte die ganze Kraft ihres Geistes, ihres früh gereiften Verstandes dazu, diese Vernachlässigung mit Gleichmuth zu ertragen. 18 Jahre lebte sie an seiner Seite, häufig gekränkt, doch nie ihre Liebenswürdigkeit verlierend, immer die Zierde seines Hofes und seiner glänzenden Feste bleibend, [329] bis nach seinem Tode im Jahr 1547 sie zuerst in die Niederlande, und dann mit ihrem kaiserlichen Bruder nach Spanien ging, wo sie im Jahr 1558 in ihrem 60. Jahre starb.
V.
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