[362] Elisabeth Woodwill, Königin von England, verdankte ihrer ungemeinen Schönheit und Anmuth ihre Erhebung auf den Thron, zu dem ihre Geburt ihr nicht den mindesten Anspruch gegeben hatte; denn sie war die Tochter des Ritters Richard von Woodwill und der Jacqueline von Luxemburg. Als Hofdame der Königin Margarethe zog sie die Augen der Höflinge auf sich und es fehlte ihr nicht an Freiern, aus deren Anzahl sie Johann Gray wählte. Dieser verlor jedoch nach kurzer Zeit in einer Schlacht 1455 sein Leben und Elisabeth zog sich in die Stille des Landlebens zurück, ohne zu ahnen, daß gerade hier eine Krone ihr würde geboten werden. Eduard IV. lernte sie 1464 bei Gelegenheit einer in der Nähe von Crafton in Northamptonshire gehaltenen Jagd kennen und ward von ihrer Liebenswürdigkeit so bezaubert, daß er ihr auf der Stelle seine Hand bot, obgleich er zu derselben Zeit[362] um eine Fürstin von Savoyen werben ließ. Der König ließ sie krönen, erhob ihre Verwandten zu den höchsten Würden und gab sich ganz ihrem Einflusse hin; dieß aber empörte das Volk und den Adel in dem Grade, daß Eduard selbst nach den Niederlanden fliehen mußte und Elisabeth's Vater auf dem Blutgerüst endete. Nachdem die Rebellen unterworfen waren, kehrte Eduard IV. mit Elisabeth 1471 nach London zurück und die Letztere behauptete ihre Gewalt bis zum Tode ihres Gemahls 1483. Dessen Nachfolger Richard III. behandelte sie schimpflich und ließ ihre Kinder heimlich umbringen, da er selbst des Thrones sich gewaltsam bemächtigt hatte und deßhalb die Geltendmachung der Ansprüche derselben befürchtete. Er selbst aber ward von Heinrich VII. 1485 entthront, der Elisabeth Woodwill, seine Schwiegermutter, in ein Kloster bringen ließ, wo sie nach einjährigem Aufenthalte starb.
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