Fayence

[87] Fayence. Dieses jetzt seltner werdende Geschirr soll 1299 zu Faenza in Italien erfunden worden sein. Dort wurden damals die kostbaren Majolicagefäße verfertigt und die größten Künstler, wie Titian, Giulio Romano, selbst Raphael, verschmähten nicht, sie mit Gemälden ihrer Meisterhand zu verzieren und ihnen dadurch einen unvergänglichen Werth zu verleihen. Die Tradition erzählt: Raphael habe, noch als Malerlehrling, neben einem Töpfer gewohnt und sich in die jüngste Tochter desselben verliebt. Das Mägdlein war vom Vater beauftragt, die feinern Thonwaaren mit roher Kunst im Hofe des Hauses zu bemalen. Der Nachbar störte oft, die trennende Mauer überspringend, durch Liebesgeplauder diese Beschäftigung und holte dann Nachts, um der Jugendgeliebten Vorwürfe über ihre Trägheit zu ersparen, das Versäumte in ihrem Namen nach. Der Töpfer, dem man seine Waare theuer bezahlte, hatte den besten Vortheil davon, und da Niemand noch den göttlichen Genius des Sanzio ahnte, blieb der Ruhm der Töpferstochter, bis die Zeit das Geheimniß enthüllte und ihr diesen und den Geliebten raubte. Ob es sich in diesem Geschichtchen um Majolica oder Fayence handelt. wer vermag das zu bestimmen; so viel aber[87] scheint gewiß, daß das eigentliche Fayence im 16. Jahrhunderte unter diesem Namen erst bekannter ward. Die Substanzen, welche die Masse dazu liefern, sind seiner Thon mit Sand und klarem Speckstein oder Alabaster gemischt, und als ein italienischer Arbeiter die passende Thonerde auch bei Nevers auffand, wurde die Bereitung dieses Geschirrs in Frankreich ebenfalls heimisch. Von dort nach Holland verpflanzt. errichteten die betriebsamen Niederländer bald bedeutende Fabriken zu seiner Verfertigung und die Stadt Delft gab ihm einen neuen Namen Der Gute nach steht es zwischen dem Porzellan und dem englischen Steingut, das aber wesentlich davon unterschieden ist, da man gestoßene Feuersteine zu Letzterm nimmt. Die Malerei muß übrigens mit Porzellan- oder Emailfarben auf die Glasur aufgetragen und dann eingebrannt werden.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 87-88.
Lizenz:
Faksimiles:
87 | 88
Kategorien: