[397] Gerhard, Livia, gegenwärtig Mitglied des königstädtischen Theaters in Berlin, am 13. Juni 1818 in Gera geboren, empfing ihre Erziehung in Leipzig und genoß daselbst den Gesangunterricht des verdienten Musikdirektors und geschätzten Liedercomponisten Pohlenz, bis sie im Anfange des Jahres 1833 die dortige Bühne betrat. Ihr seltenes Talent ward durch den unermüdetsten Fleiß frühzeitig zu Erfolgen entwickelt, die in der Bühnenwelt[397] ihrem Glück und ihrer Schnelligkeit nach wohl ohne Beispiel sind. Livia Gerhard war mit sechzehn Jahren eine vollendete Sängerin; eine herrliche, seelenvolle, glockenreine Stimme, eine bewundernswerthe Ausbildung und Fertigkeit, eine unwiderstehliche Anmuth der Erscheinung, und die liebenswürdigste Grazie und dramatische Wahrheit des Spiels werden der jungen Künstlerin stets die reichsten Kranze erwerben, sie wird überall die Siege feiern, die der Kunst in ihrer Vollendung nirgends streitig gemacht werden können. Außer dem innern begeisternden Genius, ohne den nichts Vollkommenes erreicht werden kann, hat namentlich die gefeierte Devrient-Schröder das Verdienst dem Talent der Dem. Gerhard jene erfreuliche Richtung gegeben zu haben, deren Verfolgung ihr hohes Ziel kaum verfehlen kann. Ihre Julia im »Romeo,« Rosine im »Barbier,« Amazili in »Jessonda« und »Cortez,« Alice im »Robert,« ihre Anna im »Hans Heiling« und der »weißen Dame« sind Leistungen, die in jeder Hinsicht zu den vortrefflichsten gehören und ihr überall die Anerkennung erwerben müssen, deren sie in so zarter Jugend schon theilhaftig ward.
T.