Gotter, Friedr. Wilhelm

[477] Gotter, Friedr. Wilhelm, ein zu Ende des 18. Jahrhunderts allgemein beliebter Dichter, wurde zu Gotha 1746 geboren. Er widmete sich der Rechtswissenschaft, wurde Legationssecretair, beschäftigte sich aber in seinen Mußestunden Viel mit der Poesie und dem deutschen Theater, welches damals unter Eckhof seine glänzende Aera begann In Gemeinschaft mit Boie gründete er zu Göttingen den ersten deutschen Musenalmanach. Die von ihm dazu gelieferten Gedichte begründeten seinen dichterischen Ruf. Besonders interessirte er sich für die franz. Bühne, aber seine Hinneigung zu derselben war einseitig und befangen, so daß seine individuelle Schöpferkraft darunter litt. Er bildete daher alle seine dramatischen Werke franz. Mustern nach und vermied es sorgfältig, den eigenen, deutschen Genius walten zu lassen. Sein bestes Werk ist wohl die Medea, zu gleich berühmt durch Benda's Musik; sie gab Veranlassung zu der Unzahl darauf folgender Melodramen. Von seinen Lustspielen haben sich der »argwöhnische Ehemann« und die »Erbschleicher« lange auf dem Repertoir erhalten. Seine Episteln zeichnen sich durch Eleganz des Stils, seine Lieder durch Witz aus; doch fehlt ihnen, wie allen seinen poetischen Produkten, die höhere Weihe, der zündende Strahl des Genies, mit Einem Worte: die wahre Poesie, die Begeisterung. Er starb 1797 in seiner Vaterstadt.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 477.
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