[360] Hüte, Kopfbedeckung der Damen, gewissermaßen den Hauben (s. d.) entgegengesetzt; sie gehören mehr der großen Toilette an, während diese in der Regel im Hause, im Theater und in Conzerten getragen werden. Form und Stoff wechseln nach der Jahreszeit und Mode; diese bedingen ihren Umfang bald von größerer, bald von kleinerer Dimension und Höhe; die kleinsten derselben, die Bidihüte, waren erst kürzlich an der Tagesordnung. Nach ihnen richtet sich auch ihre Ausschmückung mit Federn, künstlichen Blumen, Blonden, Schleifen, Krepp, Pelzwerk, Borden, Garnituren etc. Der Gebrauch der Hüte ist sehr alt; namentlich jene der Herrenhüte, doch tragt schon auf mehrern etruskischen Vasen die Victoria einen Hut, der wie die unsrigen gestaltet ist. Herrenhüte traten im Mittelalter, wenn die Männer nicht im Kriege waren, an die Stelle der Helme. Frauenhüte sind eine spätere Erfindung; sie kommen erst im 16. Jahrhundert vor, ausgenommen die Filzhüte, deren sich die Damen bei Jagd- und Reitanzügen bedienten und die den männlichen fast ganz glichen. Vor Anfang des 18. Jahrhunderts, wo Damenhüte aus andern Stoffen schon gebräuchlich waren, erlitten sie vielfache Veränderungen. Im October 1784 trugen die Damen in Paris Hüte à la caisse d'escompte (Discontokassenhüte), welche keinen Boden hatten, wie man satirisch damals von dieser Kasse behauptete. Nach der kecken Laune, dem seinen oder barocken Geschmacke vornehmer Damen, berühmter Schönheiten, phantasiereicher Putzmacherinnen erhielten die Hüte von da abwechselnd Gestalt und Namen. Die Erfinderin eines neuen geschmackvollen, eleganten Hutschnittes konnte in der Modenwelt auf gleiche Celebrität, ja auf eine gewisse Unsterblichkeit rechnen (in so fern mit weiblichen Portraits auch ihre Costüme verewigt wurden), wie gefeierte Dichter und Componisten. Und so ist es noch bis auf den heutigen Tag geblieben. Was man im Frühling schön fand, findet man im Herbste häßlich, was während einer Badesaison geglänzt, erscheint[360] in der nächsten lächerlich! Gegen Nichts sind die Damen so grausam und undankbar, wie gegen einen Hut. Kaum hat er eine kurze Zeit ihr Haupt geschmückt und verschönt, so wird er unter mancherlei Plunder geworfen und nicht einmal gedenkt ein anerkennender Blick seiner frühern Pracht, seiner Ruhmeszeit, seiner treu geleisteten Dienste. Er spielt immer die Rolle eines ephemeren Günstlings. Die Mode ist ein Saturn, der seine eigenen Kinder verzehrt; sie lebt nur in der Gegenwart, sucht ihr aber mit rasender Eile zu entfliehen und greift mit verlangenden Armen in die Zukunft. Tausend Mal schwört sie auf ihre Glaubensartikel und widerruft sie eben so oft; was heute als unfehlbar galt, ist morgen trügerisch, was heute als Götze auf dem Altare verehrt wurde, wird morgen vom Gestelle gestürzt! Sie ist nichts als eine große Lüge; ein ewiges Thermometer, dessen Säule Laune und Bizarrerie, Geschmack und Phantastik nach Willkür, Muthwillen und Uebermuth bald sinken, bald steigen lassen.
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