[482] Isabelle von Castilien, die Besiegerin der Mauren, die Beschützerin des Columbus, geb. 1451, war die Tochter Johann's II. und die Gemahlin Ferdinand's V. von Aragonien, dem sie[482] 1469 vermählt wurde. Nach dem Tode ihres Vaters und Bruders erhoben sie die ihr längst geneigten Stände des Reichs mit Uebergehung ihrer altern geistlosen Schwester auf den Thron ihres Vaterlandes, und als die tapfern Kriegsscharen Ferdinand's die Wenigen, welche dem Beschlusse widerstrebten, in der Schlacht bei Toro geschlagen hatten, fand die Vereinigung der Kronen Aragoniens und Castiliens ohne Hinderniß Statt. Die beiden Gatten nahmen jetzt den königlichen Titel von Spanien an, und Isabelle, die Zügel der Regierung mit fester Hand ergreifend, entwickelte nun alle die männlichen Geistesgaben, die ihre von der höchsten Staatsklugheit dictirten Handlungen so einflußreich für Spanien werden ließen. Gesetzgeberin gleich der nordischen Katharina, weise und siegreich wie Englands mächtige Elisabeth, fromm und fest wie Maria Theresia, verdiente sie gewiß nicht minder den Beinamen der Großen, womit die Geschichte gegen Frauen so karg ist; denn, obwohl nicht alleinige Regentin, wie jene, wohnte sie doch stets mit entscheidender Autorität dem Staatsrathe neben ihrem Gemahle bei, der seine Meinung gern ihrer höhern Einsicht unterwarf, und ihr Name wurde unter allen öffentlichen Edikten dem Ferdinand's beigefügt. Beiden Gatten, doch vorzüglich Isabellen, stand der greise Kardinal Ximenes als kluger Minister rathend zur Seite, und nachdem Columbus an andern Höfen vergeblich um Unterstützung für seine großen Entdeckungsplane gebeten hatte, war es Spaniens weise Königin, die ihm die Mittel verlieh, einen Welttheil aufzusuchen, dessen ungeheuere Reichthümer ihre Schatz-kammern füllen sollten. Das durch die Auffindung Amerika's so merkwürdig gewordene Jahr 1492 krönte Isabellens Ruhm auch noch durch die Eroberung von Granada, der sie in Person beiwohnte. Aber auch die Einführung der Inquisition, 1480, verdankt Spanien dieser Fürstin, und die Geschichte unterläßt nicht, neben vielen preiswürdigen Eigenschaften, ihr Härte des Charakters, Stolz und ungemessenen Ehrgeiz vorzuwerfen, fügt jedoch[483] zur Entschuldigung hinzu, daß ihre entarteten Unterthanen gerade einer solchen Fürstin bedurften, um zu gehorchen. Sie führte am Hofe das strenge Ceremoniell ein, das unter der Bezeichnung spanische Etiquette in der Folge so bekannt wurde, und bezweckte dadurch, die tugendlosen Großen von der Person des Königs fern zu halten und ihn ihren schädlichen Einflüsterungen zu entziehen. Schwach in mancher Weise, gab ohnedieß Ferdinand seiner Gemahlin oft Ursache zur Unzufriedenheit und Eifersucht, was ihr um so schmerzlicher sein mußte, da sie ihn innig liebte. Es war der als Königin so glücklichen Frau beschieden, im Innern ihrer Familie Leiden zu erfahren, von denen alle Hoheit und Macht sie nicht befreien konnte, denn zu dem eignen Kummer gesellte sich in Isabellens Herzen noch der ähnliche ihrer einzigen Tochter Johanna (s. d.), die mit Philipp dem Schönen von Oestreich vermählt, diesem eine mit bitterm Undank vergoltene Zärtlichkeit widmete und dadurch in Tiefsinn versank. Gewiß trugen solche schwere Sorgen viel dazu bei, den Sinn der großen Monarchin immer härter zu machen und sie in grausame Maßregeln, wie die Vertreibung der Juden und Mauren, die zahllosen Scheiterhaufen der Hermandad, willigen zu lassen. Von der andern Seite schützte hinwiederum ihre kräftige Regierung das Leben und Eigenthum der übrigen Unterthanen gegen Gewaltthat der Großen und Mächtigen, indem sie das Faustrecht durch schnelle Justizpflege und einen allgemeinen Landfrieden zu nichte machte. Vor ihrem Tode, der im Jahr 1504 erfolgte, ließ Isabelle ihren Gemahl schwören, keine zweite Ehe einzugehen, und bestimmte den Sohn ihrer unglücklichen Tochter zum Thronfolger in Castilien, doch ward auch dieses ihr letztes Gebot nicht erfüllt, da sein Vater Philipp sich die Regierung für den Unmündigen, nachmals Kaiser Karl V., anmaßte und auch bis an seinen Tod behauptete. F.