[428] Luftballon. Der Wunsch, fliegen zu können, hat seit den fabelhaften Zeiten des Griechen Ikaros bis auf unser Jahrhundert die Menschen immerfort beschäftigt, bis es den Gebrüdern Montgolfier, Besitzern einer Papierfabrik, gelang, einen hohlen Papierballon durch erwärmte Luft steigen zu lassen. Ihre Versuche wurden ausgedehnt; sie ließen in ihrem Wohnorte zuletzt einen Ballon von Leinwand, der 35 Fuß im Durchmesser hatte und außer[428] seinem eigenen Gewicht noch 400 Pfd. trug, aufsteigen, und die Erfindung der nach ihnen benannten Montgolfiéren stand fest. Bald nachher aber machte der Professor der Physik, Charles, in Paris aus gefirnißtem Seidenzeug einen ähnlichen, viel kleinern Ballon, den er mit Wasserstoffgas füllte und der leichter und bequemer war, als jener große, doch durch die Art seiner Füllung einen weit größern Kostenaufwand verlangte. Beide Arten haben sich lange neben einander erhalten, bis man sie endlich beide beinahe gänzlich vergaß. Um die erstere Art steigen zu lassen, wird unter der Oeffnung ein leichtes, rasches Feuer von trockenem Papier oder trockenem Stroh gemacht, welches in wenig Minuten die Luft so erwärmt und ausdehnt, daß der Ballon zusehends schwillt und bald leichter wird als die ihn umgebende Luft. Durch Gewichte wird er nun an die Erde gehalten, bis er hinlängliche Tragkraft hat, dann steigt der Experimentator hinein und hängt in die Oeffnung eine große, flache Lampe mit vielen Dochten, welche mit Spiritus gefüllt, dadurch, daß man viel oder wenig derselben brennen läßt, den Aufsteigenden in Stand setzt, seinen Ballon durch Erwärmen höher zu treiben oder durch Erkalten der Luft sinken zu lassen. Die zweite Art von Luftballons ist im Wesentlichen der ersten gleich, nur wird der Ball aus Seidenzeug und viel kleiner gemacht. Auch ist die untere Oeffnung nur sehr klein und endet in einen vier bis sechs Zoll weiten Schlauch. Die Füllung unterscheidet ihn hauptsächlich von der vorigen, sie ist viel umständlicher und kostspieliger. Zehn bis zwölf Fässer werden zur Hälfte mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt. Röhren gehen aus jedem Fasse in einen mit Wasser gefüllten Bottig, in welchem ein zweiter kleinerer umgekehrt steht, so daß seine Oeffnung nach unten, sein Deckel nach oben geht. In diesem Deckel ist ein weites Rohr, über welches der Schlauch des Ballons gezogen wird, befestigt. Nunmehr schüttet man in die Fässer, welche Schwefelsäure enthalten, kleine Eisenstücke, am besten kleine Nägel. Alsbald beginnt[429] eine starke Gasentwickelung. Die Röhren leiten das Wasserstoffgas, welches völlig rein, vierzehn Mal so leicht ist, als die atmosphärische Luft, in den großen Bottig, das darin befindliche Wasser verschluckt die entkommende Säure und läßt das Gas ziemlich gereinigt in den Ballon. Je schneller man ihn füllt, desto vortheilhafter ist es. Geschieht es langsam, so braucht man viel mehr Gas, weil durch die Nähte und das Zeug selbst viel verloren geht. Nach vollendeter Füllung besteigt der Experimentator die Gondel und fährt ab. Hier hat er, um sich zu heben, nur ein Mittel, mitgenommenen Ballast, Sand oder Schrot auszuwerfen. Um sich zu senken, öffnet er eine Klappe, welche die leichte, dünne Luft heraus und atmosphärische Luft in den Ballon treten läßt. Auf solche Art sind Biot und Gay Lussac, berühmte französische Physiker, 27,000 Fuß hoch gestiegen. Die Luftfahrten Anderer waren in der Regel nur auf Gewinn berechnet und sind nicht so hoch gegangen. Dahin gehören die von Garnerin und seiner Tochter, Reichard und seiner Frau und Tochter, Blanchard u. A. Bemerkbar ist eine Reise des Blanchard mit Jefferies über den Canal von Calais. Etwas Genügendes haben die Luftballons nicht geleistet, wie viel sie auch versprechen, weil sie sich nicht lenken lassen. Die gefährliche Luftschiffkunst ist minder gefahrvoll durch Erfindung des Fallschirmes geworden, welcher geformt wie ein gewöhnlicher Schirm, nur viel größer, den Sturz des Fallenden in ein langsames, gleichmäßiges Herunterschweben verwandelt.
V.