Myrte

[333] Myrte, ein zarter Baum von schöner Bildung und angenehmem Geruch, welcher im südlichen Europa, in Afrika und Asien wild wächst, 20 F. hoch wird, bei uns aber während des Winters im Freien nicht ausdauert. Er hat eine röthliche Rinde, dichtstehende schlanke Zweige und glatte, eirunde, immergrüne Blätter. Die Zwitterblüthe ist weiß, etwas in's Röthliche spielend, die darauf folgenden Beeren sind eiförmig, zur Zeit der Reise schwarz, von der Größe kleiner Erbsen, und enthalten in drei Fächern eben so viel nierenförmige Samenkörner. Bei uns werden sie selten vollkommen reif; im Süden aber bedient man sich ihrer statt des Gewürzes an mancherlei Speisen. Wie der Lorbeer den Helden und Dichter schmückt, die Cypresse und der Rosmarin unsere geliebten Todten im Sarge ziert, winden wir aus der Myrte einen Kranz zum Hauptschmuck für die jungfräuliche Braut, an ihrem Ehrentage vor dem Altare. Auch der Bräutigam bekommt an manchen Orten ein kleines Myrtenkränzchen in das Knopfloch. Schon bei den Römern hatte die Myrte eine sinnige Bedeutung, denn auf einem Schmuckkästchen, welches ausgegraben wurde, fand sich am Deckel Mann und Frau en Relief abgebildet und beide mit einer Guirlande von Myrtenzweigen, die Einigkeit des jungen Paares andeutend, umwunden. Einige Abarten der gemeinen Myrte unterscheiden sich durch die Form ihrer Blätter und heißen daher: buchsbaumblättrige, rosmarinblättrige, pomeranzenblättrige. Merkwürdig sind zwei besondere Gattungen, die Nelkenmyrte[333] (myrtus caryophyllata) und die Gewürzmyrte (myrtus pimenta). Erstere stammt aus Ost- und Westindien und liefert die unter dem Namen cassia caryophyllata in den Apotheken bekannte Rinde, gewöhnlich Nelkenzimmt genannt. Letztere ist besonders in Jamaica einheimisch. Rinde und Blätter haben einen starken, gewürzhaften Geruch und Geschmack; noch kräftiger sind die Beeren, welche deßhalb einen beträchtlichen Handelszweig ausmachen. Die Blumensprache drückt durch die gemeine Myrte ganze, ungetheilte Liebe aus.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 333-334.
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