Myrte

[610] Myrte, 1) die Pflanzengattung Myrtus; 2) bes. Myrtus communis; der Myrtenbaum, im wärmeren Europa u. Asien heimisch, kommt in mehren Spielarten vor, welche sich bes. durch die Blätter unterscheiden. Einige dieser Sorten tragen gefüllte Blumen; bei mehren sind die Blätter mit gelben od. weißen Flecken geziert. Bei uns werden sie bes. ihres zierlichen u. stets frischen Ansehens, bes. die kleinblätterigen, auch ihrer weißen Blüthen wegen gezogen; doch müssen sie im Glashaus, od. in gegen Frost verwahrten Behältern überwintert werden; die Cultur ist leicht, ihre Vermehrung geschieht gewöhnlich durch Stecklinge od. Wurzelsprossen. Sie lieben eine fette, mit etwas Sand vermischte Erde u. im Sommer viel Feuchtigkeit. Jedes Frühjahr ersetzt man einen Theil der alten Erde durch frische, hat aber der Baum zu viel Wurzeln, so gibt man ihm einen größeren Topf. An dem Überwinterungsort gibt man ihnen oft Luft, begießt sie mäßig u. bringt sie im Mai an eine schattige Stelle im Freien. Die erbsengroßen, schwarzblauen, mit Wein infundirten Beeren (Myrtenbeeren) wurden sonst als gutes magenstärkendes Mittel u. von den Alten als Gewürz benutzt, u. die frisch gerieben, sehr angenehm gewürzhaft riechenden Myrtenblätter (Baccae et folia myrti) werden noch jetzt gegen langwierige Durchfälle, Leucorrhöe, Mundfäule, mit Erfolg angewendet u. zur Bereitung mehrer Präparate benutzt. Bei den Griechen war die M. der Venus heilig u. der Schmuck der tellurischen Gottheiten, bes. der Demeter u. des Triptolemos; Blätter u. Zweige wurden zu Kränzen geflochten, mit welchen bes. Siegern in den Wettkämpfen u. die Brautleute bekränzt wurden, wie auch jetzt noch der Brautkranz aus M. geflochten wird (s.u. Braut). Da der M. eine reinigende Kraft zugeschrieben wurde, so wurden Myrtenkränze auch bei feierlichen Lustrationen gebraucht u. die Priester der Eleusinien damit bekränzt. Bei den esoterischen Dionysien trat die M. an die Stelle des Epheues, bei den exoterischen war sie Hauptpflanze. Aus M. bereitete man auch eine Salbe u. aus den Beeren wurde ein Öl gepreßt. In Frankreich destillirt man aus der M. ein Schönheitswasser unter dem Namen Eau d'ange.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 610.
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