[245] Sieden oder Kochen, das eigenthümliche Wallen, die säuselnde, wellenförmige Bewegung der kleinen Dampfbläschen, in die sich die Flüssigkeit verwandelt, wenn sie mit dem Wärmestoff verbunden wird, und welche immer dichter in der Flüssigkeit aufsteigen, je heißer jene wird. Anfangs von dem Drucke der äußern Luft am Aufsteigen und Ausbreiten gehindert, erhalten die Dämpfe später die Leichtigkeit und Elasticität, um aus den Bläschen aufsteigen zu können, und nehmen alle freie Wärme hinweg. Aus diesem letzteren Grunde kann auch eine schon siedende Flüssigkeit, wenn sie unbedeckt ist, nicht mehr heißer werden; ist sie aber bedeckt, so wird sie auch immer heißer. Der Wärmegrad, bei welchem die verschiedenen Flüssigkeiten in's Sieden übergehen der Siedepunkt , ist sehr verschieden, da es hierbei auf den jeweiligen Luftdruck, welcher auf die Flüssigkeit wirkt, ankommt; denn je geringer die Einwirkung der äußeren Luft, desto leichter das S. So sieden die Flüssigkeiten[245] weit leichter im luftverdünnten Raume, als in freier Luft, und im luftleeren Raume siedet z. B. Wasser schon bei dem Grade der gewöhnlichen Temperatur. In der Kochkunst heißt bekanntlich S.: einen Gegenstand durch im Wallen erhaltenes Wasser eßbar machen oder doch seine Eßbarkeit erhöhen, wodurch zugleich mit den Dünsten (s. d.) erst die animalischen Stoffe mit nahrhaften und gewürzreichen Erzeugnissen des Pflanzenreichs wahrhaft innig verbunden und zu einem organischen Ganzen umgebildet werden können. Es ist der Triumph einer kunstsinnigen Köchin, durch ruhiges, verständig bemeistertes S. das doppelt erfreuliche Resultat, gute, durch die verschiedensten Produkte angenehm variirte und würzige Brühe sowohl, als auch saftreich gesottenes Fleisch hervorzubringen.
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