[248] Siesta, spanisch, eigentlich die Mittagszeit, dann der in den südlichen Ländern gebräuchliche Mittagsschlaf. Nach Tische ruhen nämlich die Südländer, vorzüglich die Spanier, täglich 23 Stunden; denn von der Tageshitze ganz ermattet, können sie sich nur durch einen ruhigen Schlummer erholen. Diese Sitte ist besonders im Sommer so allgemein, daß man von 25 Uhr oft auf den Straßen herumgehen kann, fast ohne Jemand anzutreffen; alle Buden und Häuser sind verschlossen, selbst die Bedienten schlafen. Vorzüglich verstehen es die höheren Stände auf ihren Villa's den lieblichen Genius mit dem Kranze von Mohn durch träumerische Schatten an das weiche Lager zu fesseln. Dunkelbelaubte Kastanien umschließen den Vorplatz, in dessen Mitte ein Springbrunnen mit seinem Staubregen rings umher Kühlung verbreitet; die Vorhalle wird durch eine Art von Stores (künstlicher Grotten) vor der Gluth der Sonnenstrahlen geschützt; Gardinen und Jalousien verschließen die Fenster, und unter der Aegide des prächtigen Blumenflors auf dem Balkon entschlummert die reizende Donna und träumt von ihrem Cortejo. Die S. ist auch Ursache, daß die Mittagsmahlzeiten nicht wie im Norden durch Gespräch in den Nachmittag hinein verlängert werden: kaum hat man abgespeist, so trennt man sich, und jeder verfügt sich nach Hause oder in sein Zimmer.