Tibaldi-Biagi, Constanze

[131] Tibaldi-Biagi, Constanze: An den freundlichen Gestaden der Elbe im deutschen Florenz (1806) geboren, trug doch diese Sängerin unverleugbar ihre italienische Abkunft zur Schau, in ihrer hohen, bewegten Gestalt, in dem markirten Ausdrucke ihres südlichen Antlitzes, in dem sonoren, kräftig aus den Tiefen der hohen Brust hervortönenden Contraalt. Ihr Vater war der gute Tenorist T. an der italienischen Oper zu Dresden, ihr Lehrer Benelli. Nachdem sie mehrere Jahre das dresdener Publikum mit theatralischen Leistungen (als Tancred, Tebaldo etc.) vergnügt, kam sie an die Stelle der Sonntag zum königstädter Theater nach Berlin, wo sie in ihrer gefährlichen Stellung als Nachfolgerin des reizenden Sonntagskindes keineswegs als eine Alltagspriesterin Thalia's erschien. Später trat sie mit Beifall in London auf; in Paris dagegen, – war es nun Cabale oder böses Verhängniß, wurde sie als »Tancred« förmlich ausgezischt, so daß sie nicht als der heldenmüthige Tancred, sondern als die zum Tode getroffene Clorinde von der Bühne abtrat. Ein wohlhabender Privatmann in Bologna, Namens Biagi, wurde jedoch ihr rettender Arzt, indem er mildernd und versöhnend um die tiefverletzte Sängerin das Band der Ehe schlang. Seitdem frei aller theatralischen Fesseln, entfesselt und begeistert sie nur noch in freundschaftlichen Gesangzirkeln die Gemüther durch ihren seelenvollen Gesang.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 131.
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