[303] Vehmgerichte. Die Entstehung dieser heimlichen oder Stillgerichte fällt aller Wahrscheinlichkeit nach in das Jahr 1182, wo nach Heinrich's des Löwen Sturze Westphalen an Köln fiel. Der Sage nach war Engelbert, Erzbischof zu Köln (121625), der erste Freigraf. Diese V. wurden, bis auf wenige Ausnahmen, alle in Westphalen gehalten (gehegt), besonders zu Dortmund und Arnsberg. Die gewöhnlichen Mitglieder hießen die Wissenden; aus diesen wurden zum Richteramt die Freischöppen gewählt; der Vorsitzende hieß der Freigraf, das Gericht desselben Freiding, der Ort, wo es gehalten, Freistuhl und der Sprengel der Gerichtsbarkeit Freigrafschaft. Ueber mehreren Freigrafen stand der Stuhlherr, gewöhnlich der Landesherr des Gerichtsgebietes; und über allen als oberster Stuhlherr der Kaiser oder im Falle dieser nicht zu den Wissenden gehörte, der Erzbischof von Köln, als Herzog von Westphalen. Die Gerichte waren theils öffentlich (offene Freigerichte), theils heimlich.[303] Letzteres, oder das eigentliche heimliche Gericht, die heimliche Acht, wurde des Nachts an abgelegenen Orten gehalten und urtheilte über Todverbrechen. Düstere Majestät lag dann ausgebreitet über die Gerichtsbänke (Gerichtsspannen), und todtenstill saßen die Richter tief in schwarze Mäntel vermummt und harrten des Vorgeladenen und seiner Eidschwüre. Die Vorladungsschrift wurde an die Thür des Beklagten angeheftet; an diese that der Ueberbringer drei Schläge und hieb von ihr, zum Zeichen, daß er da gewesen, drei Späne ab. In bestimmten Nächten warteten Wissende auf bestimmten Kreuzwegen der Geladenen und führten sie vor Gericht, wo sie freigesprochen oder verurtheilt (verfehmt) wurden. Im letzteren Falle wurden sie 'an einen Baum geknüpft oder ermordet, und das eigens bezeichnete Mordwerkzeug daneben gelegt, damit Jedermann wisse, daß die Vehme das Urtheil vollzogen. Das letzte V. wurde 1568 bei Zelle gehalten.
B.