Sorites

[411] Sorites (sôritês, sôros, Haufen): 1) Name eines Trugschlusses der Megariker. Ein Korn macht keinen Weizenhaufen aus, auch nicht zwei, nicht drei u.s.w., wann kommt ein solcher zustande? Sagt man etwa: bei fünfhundert, so wird bemerkt: also macht doch ein Korn mehr (das fünfhundertste) einen Haufen aus (vgl. Aristot., De soph. elench. 24, 179 a 35. Diog. L. VII, 82. Cicer., Acad. II, 49). 2) gehäufter oder Kettenschluß (syllogismos synthetos, coacervatio. soriticus syllogismus zuerst bei MARIUS VICTORINUS, vgl. Prantl, G. d. L. I, 663. epiballontes sind bei den Stoikern verkürzte Schlüsse, vgl. Zeller, Philos. d. Griech. III, 13., 113), ist eine abgekürzte Schlußkette (s. d.), entsteht durch Auslassung, Verschweigung der Ober- oder Unter- und Schlußsätze von Schlüssen. Der Sorites ist »eine solche Verknüpfung von Sätzen, daß der erste einen Begriff mit einem. andern, der folgende den zweiten Begriff mit einem dritten, der folgende den dritten Begriff mit einen vierten u.s.w. verbindet, um sodann im Schlußsatze den ersten Begriff mit dem letzten in Verbindung zu setzen« (GUTBERLET, Log. u. Erk. S. 84 f.). Es gibt zwei Arten des Sorites. Der Aristotelische Sorites läßt den Schlußsatz fort, der im folgenden Schlusse Untersatz ist. er ist regressiv (s. d.):

S ist M[1]

M[2] ist M[3]

M[3] ist M[4]

M[n-1] ist M[n]

M[n] ist P

–, -------------

S ist P.

Der Goclenische Sorites (Isag. in Organ. Aristot. 1621, II, C. 4) läßt den Schlußsatz auf, der im folgenden Schlusse Obersatz ist. er ist progressiv (s. d.):

M[n] ist P

M[n-1] ist M[n]

M[2] ist M[3]

M[1] ist M[2]

S ist M[1]

–, -------------

S ist P.

Vgl. CHR. WOLF, Philos. rational. § 467. KRUG, Denklehre, S. 514. FRIES, Syst. d. Log. S. 254 ff.. LOTZE, Gr. d. Log. S. 46. KIRCHNER, Kat. d. Log. S. 203. GUTBERLET, Log. u. Erk. S. 84 ff.. B. ERDMANN, Log. I, 523 ff.. SIGWART, Log. I2.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 411.
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