Brevier

[83] Brevier, breviarium, d.h. wahrscheinlich eine kurz zusammengedrängte und in liturgischen Abkürzungen geordnete Sammlung von Gebeten, heisst die Sammlung der Gebete und Lesungen, die der Geistliche oder der Klosterchor täglich zu verrichten hat; andere Namen sind officium ecclesiasticum, cursus divinus, horae canonicae, synaxis und psalmodia. Dem Brevier liegt die Idee zu Grunde, das Gebot des Apostels »Betet ohne Unterlass!« in äusserer Weise zu verwirklichen. Das ganze Leben des Christen sollte dadurch als ein ununterbrochenes,[83] gewissermassen ewiges Gebet erscheinen. Hiefür knüpfte man an das Herkommen der jüdischen Synagoge an, sowohl bezüglich der Morgen- und Abendstunden als auch sonstiger Gebetszeiten, wofür man eine direkte Aufforderung in der Psalmstelle 119, 164: »Ich lobe dich des Tages siebenmal«, und v. 62: »Zu Mitternacht stehe ich auf, dir zu danken« zu erblicken glaubte. Zunächst waren es die drei Stunden (dritte, sechste und neunte) 9 Uhr, 12 Uhr Mittags und 3 Uhr Nachmittags; dazu kam noch Mitternacht nach Act. 16, 25, sowie das Gebet bei Anbruch des Tages und der Nacht. Während die Beobachtung der drei älteren Gebetszeiten schon früh allgemeiner in der Kirche bestand, nahm man die übrigen Stunden ordentlich und pflichtgemäss zuerst in den Klöstern an; aus den Klöstern gingen sodann diese Gebetsstunden als ein Teil der vita canonica, daher kanonische Horen genannt, auf die Dom- und Kollegialstifter über. Benedikt fügte noch das completorium hinzu. Vom 6. Jahrh. an war demgemäss die Ordnung und Zahl der Stunden wie sie heute noch zu Recht besteht. Die sieben Gebetsstunden teilen sich in: horae diurnae: prima (6 Uhr), tertia (9 Uhr), sexta (12 Uhr), nona (3 Uhr), vespera (6 Uhr) und in die horae nocturnae: completorium vor dem Schlafengehen, matutina (Mette) od. laudes (3 Uhr Morgens). Die für die einzelnen Horen zu gebrauchenden Gebete nahm man anfangs meist aus den Psalmen.

Das Brevier besteht aus 4 Teilen für die vier Jahreszeiten, von denen jeder vier Abteilungen hat: 1) Psalterium mit den Hymnen für die kanonischen Stunden der 7 Wochentage. 2) Proprium de tempore, das sich genau an das Kirchenjahr anschliesst und für jeden Tag des Jahres Lektionen aus den Büchern der heil. Schrift und den Werken der heil. Väter enthält. 3) Proprium sanctorum, das für jeden Heiligen-Festtag, soviele deren im Kalender stehen, eigene Lektionen (meist aus dem Leben des Betreffenden), Antiphonen, Hymnen und Gebete bietet. Was aber da fehlt, wird aus dem 4. Teil, dem Commune sanctorum entnommen, ohne besondere Gebetstunden. Anhänge sind officium B. Mariae, defunctorum, psalmi graduales, psalmi poenitentiales, ordo commendationis animae, benedictio mensae et itinerarium clericorum.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 83-84.
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