Vitalienbrüder

[1041] Vitalienbrüder heissen Seeräuberbanden, welche vom letzten Viertel des 14. Jahrhunderts an fünf Jahrzehnte hindurch die nordischen Meere und Küsten beunruhigten. Hervorgegangen aus dem älteren Seeräubertum dieser Gegenden, nahmen die Vitalienbrüder dadurch ihren Anfang, dass nach der Besiegung und Gefangennahme des[1041] Königs Albrecht von Schweden durch die Königin Margarete von Dänemark die Verwandten des Schwedenkönigs, nämlich die Herzoge von Mecklenburg im Verein mit den Städten Rostock und Wismar, Freibeuter gegen die drei nordischen Reiche aufriefen, die namentlich auch den Auftrag hatten, das dem Könige treu gebliebene Stockholm mit Viktualien, überhaupt mit Zufuhr zu versorgen; daher der Name Vitalienbrüder, den sie sich selber beilegten, um unter diesem ehrenhaften Namen ihr übriges unehrenhaftes Gewerbe zu verdecken. Auch Liekendeler, d.h. Gleichteiler, Gleichbeuter hiessen sie, weil sie den gemachten Raub oder den daraus gelösten Gewinn stets zu gleichen Teilen unter die Genossen einer Rotte oder Horde zu verteilen pflegten. Über die Disziplin oder innere Verfassung dieser Raubgenossenschaften ist wenig bekannt. Nachdem sie einige glückliche Erfolge gegen die Schweden und Dänen gehabt und 1394 die Insel Gotland erobert, rafften sich endlich der deutsche Orden, die Königin von Dänemark, Hamburg und Lübeck gemeinsam gegen sie auf. Ein Teil der Vitalienbrüder kehrte nach der Heimat zurück, die grössere Zahl fand bei den friesischen Häuptlingen Unterkunft, von wo aus sie neuerdings viel Unheil anrichteten. Die Hamburger schlugen sie endlich 1402 entscheidend bei Helgoland und brachten die Anführer Klaus Störtebeker und Wigman vom Leben zum Tode. Im Jahre 1439 brannten die Vitalienbrüder Bergen nieder; doch verschwindet seitdem ihr Name. J. Voigt in Raumers historischem Taschenbuch. 1841.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1041-1042.
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