Achilles [1]

[32] ACHILLES, is, Gr. Ἀχιλλεὺς, έως, ( Tab. X. et XXIIII.)

1 §. Namen Er hieß anfangs Ligyron, Apollodor. lib. III. c. 12. §. 6 Conf. Tzetz. ad Lycophr. 177. bekam aber hernach von dem Chiron den. Namen Achilles, entweder von dem α pri. vativo und χιλὸς, die Speise, wie sie die Erde giebt, weil er in seiner ersten Jugend ohne dergleichen erzogen wurde; Tertullian. apud Becmann. de Origin. L. L. in Achilles; oder von solchem α privativo und χεῖλος, die Lefze, weil ihm diese etwas verbrannte, als er von seiner Mutter ins Feuer geleget worden, und er die Ambrosia davon weggelecket hatte; Nat. Comes lib. VIIII. c. 22. oder auch, weil er solche niemals an seiner Mutter Brust gebracht. Apollodor. l. c. Hingegen setzen noch andere solchen Namen aus ἄχος, der Schmerz und Bekümmerniß, und λύω, ich löse auf, zusammen, weil er die Medicin sehr wohl verstanden, und daher andere an ihren Krankheiten zu curiren gewußt. Becmann l. c. Sonst hieß er anfangs auch Pyrisous, von πῦρ, das Feuer, und σόω, ich erhalte, oder errette, weil er aus solchem von seinem Vater errettet worden, als ihn seine Mutter dahinein geleget hatte. Ptol. Hephaest. lib. VI. p. m. 334.

2 §. Aeltern. Sein Vater war Peleus, Hygin. Fab. 96. daher er auch von den Poeten vielfältig Pelides genannt wird, Virgil. Aen. II. v. 548. V. v. 808. etc. die Mutter aber Thetis, des Nereus Tochter, und also eine Nymphe, zu der zwar Jupiter wegen ihrer Schönheit erst selbst ein Lüstchen hatte: weil ihm aber Prometheus geweißaget, daß ihr Sohn alsdann vortrefflicher, als sein Vater seyn, und selbst die Herrschaft über den Himmel erlangen würde, so machete er, daß sie einen sterblichen Mann nehmen[32] mußte. Apollodor. lib. III. c. 12. §. 5 et Hygin. Fab. 54. Weil sie nun, um dergleichen Zwang zu entgehen, sich bald in Wasser, bald in Feuer, bald in ein wildes Thier und so ferner verwandelte, so wies Chiron dem Peleus, wie er sich ihrer bemächtigen sollte; wie er denn darauf sein Beylager mit ihr auf dem Berge Pelion begieng, wobey sich zugleich alle Götter einfanden, und ihm ein jeder ein besonderes Hochzeitgeschenk brachte. Apollod. l. c. §. 6. Gleichwohl giebt es einige, welche ihn nicht zu einem Sohne der Nymphe Thetis, sondern der Tochter Chirons solches Namens machen; Dictys Cretens. lib. I. c. 14. et ad eum Anna Fabra l. c. wogegen noch andere seine Mutter lieber Chaloen nennen, die indessen doch auch eine Nymphe soll gewesen seyn. Daimachus Alexandrinus apud Nat. Com. l. c. p. 989.

3 §. Auferziehung. So bald er geboren war, tunkete ihn seine Mutter in den Fluß Styx, daher er denn an seinem ganzen Leibe so fest wurde, daß er mit keinen Waffen konnte verwundet werden, außer an der Ferse, weil ihn Thetis daselbst mit der Hand gefasset hatte, und also das Wasser des Styx solchen Theil nicht benetzen können. Banier Entret. XVII. ou P. II. p. 211. Hiernächst suchte sie ihn auch unsterblich zu machen, bestrich ihn daher des Tages mit Ambrosia, und legete ihn des Nachts in das Feuer, um das, was er von seinem Vater sterbliches an sich hatte, durch das Feuer wegzubringen. Als aber Peleus einsmals des Nachts ungefähr aufwachte, und ihn in dem Feuer zappeln sah, so sprang er eiligst aus dem Bette, ihm zu helfen, indem er nicht wußte, was es für Bewandniß mit ihm habe. Es ärgerte die Thetis heftigst, daß sie sich in ihrem Unternehmen so gestöret sah. Sie verließ daher Mann und Sohn, und machte sich wieder unter ihre Schwestern, die übrigen Nereiden. Peleus nahm hierauf seinen kleinen Sohn, und übergab ihn dem Centaur Chiron zur Auferziehung, der es denn auch auf das allersorgfältigste that, und [33] ihn daher nicht nur mit lauter Herzen der Löwen, und Marke von Bären und wilden Schweinen speisete; sondern auch in der Musik, Medicin und andern anständigen und damals üblichen Wissenschaften unterwies, Apollodor. lib. III. c. 12. §. 6 Conf. Orpheus Argon. v. 382. Stat Achil. L. II v. 384. wobey ihm denn seine Gemahlinn, Chariklo, und Mutter Philpra, als zwo Naiaden, mit allem Fleiße beystunden. Apollon. lib. IIII. v. 813. et ad eum Schol. l. c. item ib. v. 869. Jedoch soll er auch des Königes der Dolover in Epirus Sohn, Amyntor, zum Pflegevater und Lehrmeister gehabt haben. Homer. Iliad. IX. v. 481. sqq.

4 §. Thaten. Weil zu seiner Zeit der Helena Raub vorgieng, und die Griechen den Krieg wider die Trojaner vorhatten, so weissagete Calchas, daß sie die Stadt Troja ohne den Achilles nicht erobern würden. Pindar. Pyth. H. Stroph. γ. v. Ι. Conf. Pomey Part. VI. p. 261. Da aber dessen Mutter, Thetis, auch wußte, daß er in solchem Kriege umkommen würde, so suchte sie ihn demselben auf alle Art zu entziehen. Sie verkleidete ihn daher in seinem neunten Jahre als ein Frauenzimmer, und übergab ihn als ein Mägdchen, unter dem Namen Pyrrha, oder, wie andere wissen wollen, Cercysera, Ptol. Hephaest lib. I. p. 307. dem Könige Lycomedes, in der Insel Scyrus, der ihn also unwissend, wer oder was er eigentlich war, mit unter das Frauenzimmer seiner Tochter, der Deiodamia, that, und also vollends mit erziehen ließ. Hygin. Fab. 96. In diesem Zustande wurde Achilles mit der Dejodamia so bekannt, daß sie auch den Pyrrhus von ihm zurück behielt. Apollodor. lib. III. c. 12. §. 3. Die Griechen spüreten ihm auf alle Weise nach; und, als sie endlich erfuhren, daß er in des Lykomedes Frauenzimmer verborgen steckete, so ordneten sie den Ulysses und Diomedes ab, ihn da heraus zu holen. Da sie ihn aber unter dem übrigen Frauenvolke nicht zu erkennen vermochten, so ließ Ulysses, als von ungefähr, allerhand Sachen und unter [34] solchen auch einen Schild und Spieß auf den Saal bringen, wo sich das königliche Frauenzimmer befand, und indem dieses dieselben betrachtete, durch andere vor dem Schlosse einen Lermen machen, als ob Feinde vorhanden wären, da denn das wirkliche Frauenzimmer davon floh, Achilles aber, aus angeborner Großmüthigkeit, den Schild und Spieß ergriff, und sich damit zu wehren suchte. Hierbey aber wurde er auch erkannt: Hygin. Fab. 96. und mußte also in den bemeldeten Krieg mit fort, dahin er mit 50, Homer. Il. B. v. 685. oder, wie andere melden, mit 60 Schiffen seiner Leute gieng. Hygin. Fab. 97. Da nun Thetis solcher Gestalt diesen seinen Zug nicht hintertreiben konnte, so suchete sie sonst alles mögliche zu dessen Erhaltung beyzutragen, und ließ ihm daher von dem Vulcan ganz besondere Waffen, die aller Gewalt widerstehen konnten, verfertigen; Phylarchus apud Nat. Com. lib. VIIII. c. 12. p. m. 990. und als solche hernachmals Patroklus, des Achilles vertrautester Freund, anzog, und deren ungeachtet. dennoch von dem Hektor erleget, und derselben beraubet wurde, Homer. Il P. v. 190. so verschaffete sie ihm wieder andere, Id. ib. Σ. v. 383. die aber doch endlich den Tod von ihm nicht abhalten konnten. Indessen erwies er in solchem Kriege ungemeine Proben seiner Tapferkeit, erlegete zuförderst den König Cygnus, Neptuns und der Calyces Sohn, ungeachtet er sonst mit keinem Gewehre konnte verwundet werden; Dictys lib. II. c. 12. et ad eum Anna Fabra. ferner den Pylämenes, König der Paphlagonier, Id. lib. III. c. 5. die Penthe. silea, Königinn der Amazonen, Id. lib. HII. c. 5. und selbst den Hektor, als den tapfersten unter allen Trojanern, Homer. Il. X. v. 326. den Asteropäus, Astynomus, und Pylachantus, Hygin. Fab. 113. nebst noch etlichen sechzig andern vornehmen und tapfern Feinden mehr. Id. Fab. 116. Nicht minder eroberte er auch währender trojanischen Belagerung die Insel Lesbus und richtete deren König, den Phorbas [35] hin. So eroberte er auch die Städte Phyrus und Hierapolis in Phrygien, ferner Lyrnessus in Cilicien, deren König, Eetion, er auch niedermachte, und die Stadt Pedasus, deren König sich aus Verzweiflung selbst erhieng, und was dergleichen mehr war. Dictys lib. II. c. 16. Inzwischen ließ er auch große Schwachheiten mit unter blicken, und wußte insonderheit sich im Zorne so wenig zu mäßigen, daß er auch um der einigen Briseis willen, die ihm Agamemnon nahm, lieber das ganze Heer der Griechen leiden und in Noth und Gefahr kommen ließ, als daß er seinen Affecten nachgeben sollen. Jedoch als ihn alle Feldherren bathen, sich nicht ferner von ihnen abzusondern, und Agamemnon ihm nicht nur die Briseis wiedergab, sondern auch sonst alle Genugthuung versprach, Id. ibid. c. 52. vornehmlich aber Hektor seinen liebsten Freund, den Patroklus erlegete, Fabra ad l. c. so griff er endlich wieder mit zur Sache, erwies sich aber auch darinnen nicht allzu großmüthig, daß er nicht nur mit dem Körper des todten Hektors dermaßen grausam umgieng, daß er ihn mit den Beinen hinten an seinen Wagen band, und also dreymal um ganz Troja herum schleifete; Homer. l. c. v. 395. sondern ihn auch dem Priamus nicht anders, als gegen eine große Summe Geldes, wiedergab. Id. Il. Ω. v. 602. Nicht minder wußte er auch seine Liebesregungen schlecht zu zähmen, sondern verliebte sich dergestalt in die Polyxena, des Priamus Tochter, daß er nicht ungeneigt war, um ihrent willen selbst die Partey der Griechen zu verlassen, wenn sonst die Trojaner die Bedingungen nur nicht allzu hoch gespannet hätten. Dictys lib. III. c. 3. Seine Pferde hießen Xanthus und Balius, die ehemals ein Paar Riesen gewesen, Ptol. Hephæst. lib. V. p. m. 324. wie unter Xanthus steht.

5 §. Tod und Begräbniß. Wie er nach seinem Schicksale allerdings vor Troja sterben sollte: so mußte nur bemeldete Polyxena die Gelegenheit darzu geben. Denn, als er sich, die [36] Heurath mit ihr vollends auszumachen, bey einem Waffenstillstande, in dem Tempel des thymbräischen Apollo einfand, so hatte sich Paris, Priams Sohn und Räuber der Helena, hinter das Bildniß besagten Gottes verstecket, und schoß den Achilles mit einem Pfeile in die Ferse, woselbst er allein konnte verwundet und getödtetwerden. Er starb; auch von solcher Wunde; und damit sein Tod ein desto mehreres Ansehen haben möchte, so gab man vor, Apollo habe ihn selbst erschossen, oder doch wenigstens dem Paris die Hand und den Bogen gerichtet. Serv. ad Virg. Aen. VI. v. 57. et Lactant. Narr. lib. XII. Fab. 6. Doch wollen auch andere, Apollo habe des Paris Gestalt angenommen, und ihn erleget, als er vor den trojanischen Mauren herum geschwärmet, und sich gerühmet, daß er Troja allein erobert, indem er dessen tapfersten Verfechter, den Hektor, ohne welchen Troja nicht konnte erobert werden, erleget habe. Hygin. Fab. 107. Noch andere melden, als er, um die Polyxena zu handeln, mit dem Paris und dem Deiphobus in des thymbräischen Apollo Tempel, der in einem Hayne vor Troja lag, zusammen gekommen, so habe ihn Deiphobus, gleichsam als vor Freuden umfasset, Paris aber, da ihn jener also gehalten, ihm das Schwert durch den Leib gestoßen; und, als sich jener hinwegbegeben, habe ihn Ajax Telamonius und Ulysses noch etwas lebend angetroffen, denen er selbst erzählet, wie es ihm ergangen sey. Weil er aber damit auch zugleich verschieden, so habe ihn Ajax auf den Rücken genommen, und also wieder zu den übrigen Griechen gebracht. Dictys Cret. lib. IV. c. 2. Noch andere geben vor, er sey von obgedachter Penthesilea erleget worden, habe aber durch seiner Mutter Vorbitte erhalten, daß er wieder aus der Hölle empor kommen, und sich an der Penthesilea rächen können, die er dann auch hingerichtet. Ptol. Hephæst. lib. VI. p. 330. Einige geben vor, als ihn Thetis oben gemeldeter maßen in das Feuer geleget, zu versuchen, ob er sterblich sey oder nicht, habe [37] ihn zwar sein Vater Peleus noch gerettet, doch sey die eine Ferse bereits verbrannt gewesen, an dessen Stelle ihm hernachmals Chiron die Ferse des ehemaligen Riesen Damysus, der unter allen seines gleichen der geschwindeste zu Fuße gewesen, dafür angesetzet: allein, da er vor dem Apollo fliehen müssen, so habe er solche Ferse verloren, sey daher gefallen, und also hingerichtet worden. Id. ib. Noch andere melden, als ihn Paris ermordet, so habe er auch gewollt, man solle ihn den Vögeln vorwerfen: endlich aber habe man den Griechen zwar den Körper abfolgen lassen; Dares Phrygius c. 34. jedoch nicht eher, als bis sie eben so viel für denselben entrichtet, als Priamus vorher für Hektors Körper geben müssen. Nat. Comes lib. VIII. c. 12. p. m. 990. Ob ihn nun wohl die gesammten Musen und Nymphen zum heftigsten beweinet haben sollen, Lycophron v. 273. & ad eum Tzetz. l. c. so bedauren doch die Griechen seinen Verlust wenig, weil sie ihn im Verdachte hatten, daß er sich mit den Trojanern zu ihrem Verderben in Unterhandlung eingelassen. Dictys. Cret. lib. IV. c. 3. Doch stelleten sie ihm endlich noch feyerliche Leichenspiele an, Homer. Odyss. Ω. v. 57. seqq und begruben ihn auf dem sigäischen Vorgebirge, wo sie seine und des Patroklus Asche, als zweener so sonderbarer Freunde auch im Tode zusammen setzten. Dictys l. c. Es entstund ein großer Streit, wer seine Waffen erben sollte, wobey es bald zum Blutvergießen gekommen wäre: doch wurden sie endlich dem Ulysses zugesprochen. Ovid. Metam. lib. XIII. Nachher, da die Griechen Troja erobert hatten, und nun wieder nach Hause gehen wollten, ließ sich eine Stimme aus solchem Grabe hören, die einen Theil der Beute für den Achilles forderte. Es wurde also beschlossen, man wollte ihm die gefangene Polyxena, um deren willen er sein Leben eingebüßet hatte, auf demselben opfern; welches denn mit großen Feyerlichkeiten durch seines Sohnes Pyrrhus eigene Hände geschah. Hygin. Fab. 110. & Servius ad Virgil. Aen. III. v. 322. Jedoch [38] melden auch andere, daß er auf einer Insel in dem Borysthenes, Nat. Comes l. c. p. 991. oder auch Pontus Euxinus, Pausan. Lacon. c. 19. & Plin. H. N. lib. IV. c. 15. den man von ihm Achillea genannt, begraben worden, und daß er sich in den elysischen Feldern, nach einigen, mit der Medea, Apollon. lib. IV. v. 814. & Ibicus apud Schol. ad Apollon. l. c. nach andern, mit der Helena, Pausan. l. c. und, nach den dritten, mit der Iphigenia wiederum vermählet habe. Banier Entret. XVII ou P. II p. 215.

6 §. Verehrung. Man hat ihn nicht allein in besagter Insel, als einen Halbgott verehret, und gar viel von seinen Wundern zu reden gewußt; Pausan. Lacon. c. 20. sondern auch selbst in Griechenland: wie er denn bey den Lacedämoniern seinen besondern Tempel hatte, der zwar niemals geöffnet wurde, jedoch mußten dem Achilles alle junge Leute opfern, welche sich in dem so genannten πλατανιστᾷ in Kriegsexercitien üben wollten. Id. ib. c. 20. Dergleichen hatte er auch zu Brasiä, woselbst ihm jährlich ein Fest gefeyret wurde. Id. ib. c. 24. Und ob er wohl zu Eli nur ein bloßes Gedächtnißmaal hatte, so erwiesen ihm doch die Frauen daselbst zu Anfange der olympischen Spiele seine besondere Ehre darbey, Id. El. poster. c. 23. und als Alexander der Große auf seinem Zuge nach Persien, zu seinem Grabe auf dem sigäischen Vorgebirge kam, so hielt er mit seinen vornehmsten Heerführern einen besondern Umgang um dasselbe, begoß es mit Oele und setzete ihm eine Krone auf, pries ihn auch darum zugleich glücklich, daß er bey Lebzeiten an dem Patroklus einen treuen Freund, und nach dem Tode an dem Homerus einen gefunden, der seine Thaten geziemend beschrieben. Plutarch. in Alexandro c. 12.

7 §. Bildung. Er war von langer Statur, breiter Brust, angenehmem Munde, schönem Gesichte, starken und fleischichten Gliedern, ziemlich krausen Haaren, und in Waffen strenge, sonst aber freundlich und gütig. Dares Phryg. c. 12.

[39] 8 §. Familie. Er hat in seinem Leben keine eigentliche Gemahlinn gehabt, indessen aber zeugete er doch, obgedach ter maßen, mit der Deidamia, des Lykomedes Tochter, den Pyrrhus, oder Neoptolemus, welcher nach seinem Tode endlich den trojanischen Krieg zu Ende bringen half, und darauf in Epirus ein besonderes Königreich aufrichtete, so daß auch Alexander der Große selbst sein Geschlecht mütterlicher Seite von ihm herleitete. Pausan. Att. c. 9. Plutarch. in Alexandro c. 1. Außer sollchem Pyrrhus soll er auch mit besagter Prinzessinn den Oneirus gezeuget haben, den aber Orestes unversehens ums Leben brachte, ehe er noch etwas Merkwürdiges verrichtete. Ptol. Hephæst. lib. III. p. m. 315.

9 §. Wahre Historie. Für dergleichen kann fast alles angenommen werden, was von ihm gesaget wird; nur will man, wenn Thetis ihn ins Feuer geleget haben soll, solches auf eine gewisse Reinigung deuten, die seine Mutter mit ihm vorgenommen hat. Daß er hiernächst durch das Wasser des Styx soll fest geworden seyn, deutet man auf dessen gute und undurchdringliche Waffen. Banier Entret. XVII. ou P. II. p. 211. Sein Verstecken unter des Lykomedes Frauenzimmer leget man so aus, daß er dessen Tochter wirklich geheurathet, und ihren Umgang so angenehm gefunden, daß er fast nie aus ihrem Zimmer gekommen; Nat. Com. lib. VIIII. c. 12. und man machet es wahrscheinlich, daß die ganze Erdichtung daher entstanden, weil Achilles, als ein damals Neuvermählter, verlanget habe, von dem Kriegeszuge befreyet zu seyn. Burman. ad Ovid. Metam. lib. XIII. v. 362. Was von ihm nach seinem Tode gemeldet wird, hält man für Zeitungen, die dessen Priester ausgesprenget haben, seine Verehrung desto größer zu machen. Banier l. c.

10 §. Anderweitige Deutungen. Er wurde dem Chiron, der halb ein Mensch, halb aber ein Pferd war, zur Auferziehung übergeben, weil Fürsten und Herren sowohl einen guten Verstand, als Stärke des Leibes besitzen sollen. Er [40] soll von den Musen und Nymphen beweinet worden seyn; weil man bey seinem Begräbnisse eine Trauermusik gemachet, und zu selbiger Zeit auch das Meer sehr getobet, hat man dessen Geräusch für ein Weinen der Nymphen gehalten. Als er die Polyxena zu erhalten gedachte, wurde er von dem weibischen Paris erschossen, welches erweist, daß tapfere Leute sich vor nichts mehr, als der Wollust, zu fürchten haben. Nat. Com. lib. VIII. c. 13. Er hatte einen Schild, worauf der Himmel, die Erde, das Meer, die Sterne und dergleichen gebildet waren, um zu bemerken, daß Fürsten und Kriegeshelden auch in der galanten Gelehrsamkeit nicht unerfahren seyn, oder sie im Kriege eben so wenig, als ihren Schild, beyseite setzen sollen. Omeis Mythol. in Achilles s. p. 21. An ihm war allein die Ferse nicht fest, daher er auch in derselben von dem Paris tödtlich verwundet wurde, welches bemerket, daß große Helden doch einen Affect haben, durch welchen sie gefället werden können. Fulgent. apud Masen. Spec. Ver. occ. c. XXIII. n. 27. Der römische Poet, Statius, besingt die Geschichte seiner Kindheit und Jugend bis auf den trojanischen Krieg in einem eigenen Gedichte von 2 Büchern, unter dem Namen Achilleis. Besondere Tragödien von ihm haben ehemals Livius Andronicus, Ennius, L. Attius, u.a. verfertiget, die aber insgesammt, bis auf einige wenige Ueberbleibsel, verloren gegangen sind. Fabr. Biblioth. Lat. lib. IV. c. 4. §. 4.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 32-41.
Lizenz:
Faksimiles:
32 | 33 | 34 | 35 | 36 | 37 | 38 | 39 | 40 | 41

Buchempfehlung

Paoli, Betty

Gedichte

Gedichte

Diese Ausgabe fasst die vier lyrischen Sammelausgaben zu Lebzeiten, »Gedichte« (1841), »Neue Gedichte« (1850), »Lyrisches und Episches« (1855) und »Neueste Gedichte« (1870) zusammen. »Letzte Gedichte« (1895) aus dem Nachlaß vervollständigen diese Sammlung.

278 Seiten, 13.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon