Erysichthon [1]

[1045] ERYSICHTHON, ŏnis, des Triopas, Callimach. Hymn. in Cer. v. 24. Königs in Thessalien, oder auch Myrmidons Sohn. Aelian. H. V. lib. I. c. 27. Er hieb einen der Ceres geheiligten Hayn, und in demselben eine ungemein große und schöne Eiche um, unter welcher nicht nur die Dryaden ihres Tänze und andere Lustbarkeiten anstelleten, sondern in der auch selbst eine derselben ihren Sitz hatte. Ungeachtet nun solche Eiche nicht nur erzitterte, und alles Laub an ihr erblassete, als er mit der Axt in selbige zu hauen ausholete; sondern, da er auch den Hieb vollführete, das Blut häufig heraus drang: so blieb er dennoch bey seinem rasenden Unternehmen. Da auch einer der Knechte ihn davon abmahnen wollte, so hieb er ihm mit der Axt den Kopf selbst dafür herunter, und ließ sich es nicht hindern, da ihm die Nymphe, welche darinnen wohnete, sein Unglück dafür ankündigte. Die übrigen Dryaden klagten solches der Ceres, und bathen [1045] sie um Rache gegen denselben. Diese sendete also den Hunger ab, welcher ihn schlafend antraf, ihn mit seinen Flügeln umfassete, und sich also in ihn einflößete, worauf er denn sogleich im Schlafe noch an zu hungern, allein auch, als ob er äße, an zu kauen fieng. Da er aber vollends erwachte, so fraß er alles in sich, was er bekam; und ungeachtet sich ein ganzes Volk mit seiner Speise sättigen können, so klagete er dennoch immerzu über Hunger. Als er nun solcher Gestalt endlich alle sein Vermögen verzehret hatte, so mußte er auch noch seine Tochter, Mestra, zur Sklavinn verkaufen, die sich denn in allerhand Gestalten verwandelte, und auf solche Art ihren Käufern wieder entgieng. Immittelst erhielt sich doch Erysichthon für das, was er für sie bekam, eine Zeit lang. Allein, als es zuletzt nicht mehr zureichete, so fraß er sich selbst die Hände und andere Glieder ab, so weit er sie erreichen konnte, und kam solcher Gestalt elendiglich um. Ovid. Metam. VIII. v. 738. Lactant. Placid. Narrat. lib. VIII. Fab. 11. Nach einigen nahm er bis zwanzig Knechte zu sich, als er den erwähnten Wald umhieb. Ungeachtet ihn nun Ceres unter der Gestalt ihrer Priesterinn, Nicippa, abmahnete, sich auch endlich selbst zu erkennen gab, so blieb er den noch bey seiner Tollheit. Als er aber seinen noch lebenden Vater, seine Mutter und zwo Schwestern arm, und so gar Pferde und Katzen aufgefressen hatte, so setzete er sich auf die Straßen, und bettelte um Brod; und das, was andere unter den Tisch beym Essen zu werfen pflegten, verzehrete er alles vollends, ohne daß er sich den Hunger stillen konnte. Callimach. l. c. v. 32. Er bekam daher von solchem seinem brennenden Hunger den Beynamen Aethon, von αἴθω, ich brenne. Lycophr. v. 1396. & ad eum Tzetz. l. c. Cf. Spanh. ad Callim. l. c. Sonst melden einige das, was von ihm gesaget worden, von seinem Vater. Anna Fabra ad Callim. l. c. v. 24. Sieh Triopas. Man hält ihn nicht unwahrscheinlich für einen Menschen, der keinen Boden im Fressen und Saufen [1046] gehabt, bis er so fern das Seinige alles durchgebracht, daß ihn zuletzt seine schöne Tochter durch ihre öftere Verkaufung unterhalten müssen. Palæphat. de Incred. c. 24. & Tzetz. ad Lycophr. 1393. Sieb Mestra.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1045-1047.
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