Agnes de Monte Politiano, S. (2)

[79] 2S. Agnes de Monte Politiano, V. Abbat. (20. Apr.) Die hl. Agnes wurde zu Monte Pulciano im Toscanischen von sehr wohlhabenden Eltern geboren und in einem Alter von 9 Jahren von ihnen den Klosterfrauen zur Erziehung übergeben, die Sacchini genannt wurden wegen ihrer Kleidung oder ihres Scapulirs, welches aus grobem Tuche bestand, das man gewöhnlich für Säcke (ital. sacco) verwendete. Die junge Agnes, welche schon von Kindheit an große Verachtung gegen alles Irdische zeigte und keinen andern Wunsch besaß, als Gott dem Herrn allein zu dienen, übernahm mit Freuden alle klösterlichen Uebungen und wurde bald ein Muster aller Tugenden. Sie zählte erst 15 Jahre, als sie in's Kloster der Dominicanerinnen gebracht ward, das eben zu Proceno in der Grafschaft Orvieto gestiftet worden war, wo sie nach einiger Zeit vom Papst Nicolaus IV. zur Abtissin ernannt wurde. Dieses Amt verminderte jedoch nicht im geringsten ihren Eifer, sondern steigerte ihn [79] vielmehr; sie schlief auf bloßer Erde, hatte stets einen Stein zum Kopfkissen und fastete 15 Jahre bei Wasser und Brod, so daß zuletzt ein ausdrücklicher Befehl ihres Gewissensrathes nöthig wurde, sich in ihren Abtödtungen zu mäßigen. Bei den verschiedenen Erscheinungen, deren sie sich von Seite der Himmlischen erfreute, wurde sie einst von einem Engel mit einem Stück Erde, worin das Blut Christi war, und mit einigen Reliquien des hl. Petrus und Paulus beschenkt; ein anderes Mal zeigte ihr die seligste Jungfrau das Kind Jesu in leiblicher Gestalt und gab ihr dasselbe in die Arme; auch wurde ihr das heiligste Sakrament manchmal von Engeln gereicht. Außerdem besaß sie den prophetischen Geist und gerieth öfters während des Gebetes in Verzückung. Ihre Landsleute setzten, durch den Glanz ihrer Tugenden gerührt, Alles in Bewegung, um sie für Monte-Pulciano wieder zu gewinnen, und stellten ihr ein Kloster in Aussicht, das sie an einem Orte hatten erbauen lassen, wo vorhin ein Haus der Unzucht gewesen war – ein Umstand, der die Heilige auch bewog, in ihre Vaterstadt zurückzukehren. Sie nahm daselbst das bezeichnete Kloster in Besitz und führte dahin die Nonnen des Dominicaner-Ordens ein. Einen neuen Glanz erhielt ihre Heiligkeit durch die Gabe der Wunder, womit sie der Herr beschenkte, und der unbeschreiblichen Geduld, womit sie ihre anhaltende Kränklichkeit ertrug, bis sie zu Monte-Pulciano im J. 1317 in ihrem. 40sten Lebensjahre starb. Im J. 1435 ward ihr hl. Leib zu den Dominicanern nach Orvieto gebracht, wo er sich noch befindet. Clemens VIII. genehmigte die Tagzeiten zu ihrer Ehre, welche zum Gebrauche des Dominicaner-Ordens verfaßt worden waren, und Benedict XIII. sprach sie im J. 1726 »heilig«. Ihr Name findet sich an diesem Tage sowohl in dem allgemeinen römischen Martyrologium, als in dem, das für die Dominicaner und für die Vallombrosianer bestimmt ist.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 79-80.
Lizenz:
Faksimiles:
79 | 80
Kategorien: