Gregorius, S. (35)

[514] 35S. Gregorius (Turonensis), Ep. (17. Nov.) Der hl. Bischof Gregorius von Tours (Turones), war aus einer der reichsten und angesehensten Familien in der Auvergne entsprossen und am 30. Nov. 539104 geboren. In der heil. Taufe erhielt er den Namen Georgius Florentius; den Namen Gregorius aber nahm er später an zu Ehren seines Urgroßvaters, des hl. Bischofs Gregorius2 von Langres, dessen Enkelin seine Mutter Armentaria war. Seine Großmutter Leokadia stammte von einem Martyrer von Lyon, Namens Vettius Epagatus, ab. Seine Erziehung wurde von seinem Oheim, dem hl. Bischof Gallus5 von Clermont, geleitet. Dieser war es, welcher ihm die Tonsur gab; sein Nachfolger, der hl. Avitus, weihte ihn zum Diakon. Von einer gefährlichen Krankheit genesen, machte er im J. 573 eine Wallfahrt nach Tours, um am Grabe des hl. Martinus, dessen Fürbitte er seine Wiederherstellung dankte, zu beten. Bei dieser Gelegenheit wurde er der Priesterschaft und dem Volke von Tours bekannt und zwar so vortheilhaft, daß sie ihn wegen seiner Frömmigkeit und seiner übrigen Tugenden kurze Zeit nach seiner Abreise einmüthig zum Bischofe wählten, anstatt des so eben verstorbenen hl. Bischofs Euphronius, welcher mit ihm nahe verwandt war. (S. S. Euphronius2). Die Abgeordneten, welche ihm diese Wahl meldeten, trafen ihn am Hofe des Königs Siegbert von Austrasien. In seiner Demuth hielt er sich nicht geeignet für diese hohe Würde und willigte daher nur sehr ungern ein, dieselbe zu übernehmen. Auf Zureden Siegberts und dessen Gemahlin Brunehild fügte er sich endlich dem einstimmigen Wunsch der Kirche von Tours und empfing dann am 22. Aug. 573 durch den Erzbischof Aegidius von Rheims die Consecration, als er kaum das 34ste Jahr erreicht hatte. Wie gut er sein Bisthum verwaltete, das beweisen, wie sein ältester Biograph Abt Odo von Clugny sagt, die Kirchen, die er theils neu erbaute, theils restaurirte, und die von ihm verfaßten Schriften, in welchen sein frommes Gemüth, seine an allen Hirtentugenden reiche Seele sich wundersam spiegelt. Sie sind vorzüglich zur Erbauung und Erweckung christlichen Sinnes geschrieben, ein Zweck, der selbst in seiner fränkischen Geschichte nicht selten durchschimmert. Wir verdanken ihm eine Art Legende (de Vitis Patrum), in welcher, wie auch in den beiden Büchern De gloria Confessorum und De gloria Martyrum, uns viele Züge aus dem Leben der Heiligen, von denen wir sonst nichts mehr wüßten, erhalten worden sind. Bald leuchtete der heil. Mann weit und breit durch seine Frömmigkeit und seinen Liebeseifer. Wie er die vom hl. Bischof Marnn gegründete Kathedrale wieder aufgebaut hatte, so vertheidigte er auch muthvoll die Vorrechte derselben, indem er sich weigerte, dem Könige Chilperich den Herzog Guntram auszuliefern, der sich in diese damals für unverletzlich gehaltene Zufluchtsstätte geflüchtet hatte. Auf dem zu Paris im J. 577 gehaltenen Concil nahm er den hl. Bischof Prätextatus von Rouen gegen die Königin Fredegundis und die ihr anhängenden, schmeichlerischen und weltlich gesinnten Bischöfe freimüthig in Schutz. Hiedurch zog auch er die Ungunit der Königin auf sich, die mehrere schwere Anklagen durch eine ihrer Creaturen, den Grafen Leudaft von Tours, gegen ihn erhob, hinsichtlich welcher er sich aber auf einer Versammlung von Bischöfen zu Braine (Brennacum) bei Compiegne, bei welcher der König den Vorsitz führte, vollkommen reinigte. Auch sonst wahrte er mit aller Entschiedenheit und ohne Furcht die Rechte und Freiheiten der Kirche. So versagte er z. B. dem neu ernannten Bischofe Burgundio von Nantes, zu dessen Gunsten sein Vorfahrer Felix abgedankt hatte, die Weihe, weil ihm das erforderliche [514] kanonische Alter fehlte, indem er erst 20 Jahre alt war und noch nicht einmal die Tonsur erhalten hatte. Gründlich vertheidigte er die Gottheit Jesu gegen die Juden, sowie auch gegen die Arianer und andere Häretiker, widerlegte ihre Einwendungen und bekehrte mehrere zum wahren Glauben. Ein treuer Ausspender der göttlichen Geheimnisse, die zum Troste der Gerechten und zum Heile der Sünder eingesetzt sind, ließ er die zum Tode verurtheilten Verbrecher, trotz aller weltlichen Einsprache, zu den heil. Sacramenten, wenn sie sich bekehrten. Nicht selten bat er, der Praxis der ältesten Kirche ergeben, für die Verurtheilten um Gnade und erhielt sie auch. Der König Chilperich, der auch Theologie nicht, wie dieß zu jener Zeit von den Machthabern oft geschah, ward von ihm auf sein Gebiet zurückgewiesen, indem Gregor die Irrthümer, in welche er sich verstrickt hatte, aufdeckte und widerlegte. Dieser apostolische Freimuth schadete ihm nicht, sondern erhöhte die allgemeine Achtung. König Chilperich erhörte gerne seine Bitten, wenn er um die Begnadigung von Verurtheilten bat. Ebenso gaben ihm auch die Könige Childebert und Guntram unzweideutige Beweise ihres Vertrauens, wodurch er den Frieden zwischen Beiden erhielt. Ebenso genoß er das Vertrauen der hl. Abtissin Radegunde vom hl. Kreuz in Poitiers und schichtete die nach ihrem Tode (587) im Kloster entstandenen Streitigkeiten, wie er auch bei Ingoberga, der Wittwe des Königs Charibert von Paris, in so hohem Ansehen stand, daß sie un bei ihrem im J. 589 erfolgten Tode zum Vollstrecker ihres Testaments ernannte. Im J. 549 soll er nach Rom gereist und vom hl. Papst Pregor d. Gr. ehrenvoll empfangen worden seyn. Schon bei seinen Lebzeiten ward der heil. Atann durch Wunder verherrlicht, die er dann in seiner Demuth der Fürbitte des hl. Martinus und anderer Heiligen, deren Reliquien er bei sich zu tragen pflegte, zuschrieb. Er verfaßte über die Wunder dieses berühmten Patrons der Kirche von Tours ein eigenes Werk (de miraculis S. Martini). Sein vorzüglichstes Werk ist aber die schon oben erwähnte »Geschichte der Franken«, auch Gesta Fracorum und Chronicon Francorum genannt, welche im ersten Buche die Begebenheiten von Adam bis zum hl. Bischof Martin von Tours und in den übrigen Büchern die Geschichte der Franken in Gallien bis zum Jahr 591 enthält. Ist auch seine Schreibart rauh, und fehlt ihm die gefällige Anordnung, sowie das erwünschliche Maß von Kritik, so sind doch seine Berichte über das, was er als Zeitgenosse erzählt, von sehr großem Werthe für jene quellenarme Periode. Jedenfalls ist er der älteste der französischen Historiker und wird daher auch der »Vater der Geschichte von Frankreich« genannt. Die beste Ausgabe seiner Werke ist von D. Ruinart (Paris 1696 in fol.) Der hl. Gregor starb am 17. Nov. 595, nachdem er über 20 Jahre dem bischöflichen Amte vorgestanden war. Seinem Willen gemäß ward er auf dem Platze vor der Kirchenthüre begraben; er hatte dieses verlangt, damit sein Grab von allen Eingehenden mit Füßen getreten und so bald vergessen werden möchte. Doch errichtete ihm seine Geistlichkeit ein bleibendes Denkmal an der linken Seite der Grabstätte des hl. Martinus. Abgebildet sieht man diesen hl. Gregor in stehender Stellung, Bücher in der Hand oder neben sich festhaltend. Manchmal hat er zu seinen Füßen einen großen Fisch, welcher nach Migne (Dict. icon.) an die wunderbare Heilung seines blinden Vaters erinnern soll. – Im Mart. Rom. findet sich sein Name am 17. Nov. (But. XVII. 66., Mg.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 514-515.
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