Hymerius, S. (2)

[816] 2S. Hymerius, (12. Nov. al. 28. Juli), ein Bekenner, den wir oben nach dem Elenchus als Himerius3 bezeichnet haben. Burgener's jüngst unter dem Titel »Helvetia sancta« erschienenes Werk, wo er »Apostel des nördlichen Juragebirges« genannt ist, gibt Veranlassung, hier die Lebensgeschichte des Genannten nachzutragen. Als Geburtsort des hl. Hymerius wird dort das Dorf Lugué unweit der Stadt Puntrut bezeichnet; seine Eltern waren adelich und erzogen ihren Sohn christlich und verständig. Schon früher entsagte derselbe der Welt, gab sein Vermögen den Armen und begab sich mit einem Diener Albert Elbertus) in das Sufingerthal (jetzt St. Immerthal, frz. St-Imier, mit einem gleichnamigen Dorfe). Dort baute er ein kleines Feld mit Korn und führte mit seinem Begleiter ein heiliges Leben. Einige Jahre waren verflossen, als ihn der Drang ankam, nach dem heil. Lande zu pilgern. Er vollführte mit Albert glücklich den frommen Entschluß und hielt sich längere Zeit in Jerusalem auf, durch Beten und Fasten sein Heil wirkend. Der dortige Patriarch übertrug ihm die Bekehrung einer nahen Insel. Ein gräßliches Unthier hauste dort, ein Greifgeier, der an den Saaten und anderwärts große Verwüstungen anrichtete. Der heil. Apostel versprach den bedrängten Inselbewohnern Hilfe, wofern sie dem Götzendienst entsagten und an Christus glaubten. Als eines Tages das Volk um ihn versammelt war und auch der Unheilsvogel herbeigeflogen kam, bedeutete ihm der Mann Gottes, er solle sich auf immer von dort entfernen und ihm eine Klaue zurücklassen. Der Greif riß sich selbst eine Klaue ab und entflog; Niemand sah ihn wieder. Nachdem der hl. Hymerius das Volk bekehrt hatte, ging er wieder nach Jerusalem zurück, wo der Patriarch ihn mit kostbaren Reliquien, namentlich einem Arme des hl. Simeon, beschenkte, welchen der hl. Hymerius nebst der Greifsklaue nach der Schweiz brachte. Denn alsbald war er von Jerusalem heimgewandert. In der Schweiz angekommen, wollte er sich bei Chaveillat (Cyriliacum) eine Klause bauen. Aber weder Aufenthalt noch den Bau einer Hütte verstatteten ihm die Leute, welche auf den Fremden mißtrauisch waren. Während er in der Nacht betete, sein Diener aber schlief, hörte er in der Ferne wunderbare Glockentöne. (Vgl. Menzel's Symbolik I. 342). Er weckte den Diener und fragte ihn, ob auch er sie höre. Dieser aber hörte nichts. Der Klang erscholl zum zweiten und zum dritten Male. Mit Tagesanbruch machte er sich nun auf und ging gerade in jener Richtung fort, woher die Töne erklungen waren. Und er kam auf diesem Wege wieder nach Susingen zu seiner früheren Wohnung. Nun schnitt er einen Baumzweig ab und steckte ihn in die Erde, aus der sogleich eine Quelle entsprang, die noch heute sprudelt und aus welcher Kranke trinken. Man nennt sie »St. Hymersbrunnen«. Dort nun blieb der Heilige und erbaute in der Folge am Fuße des Berges Chasseron dem hl. Bischof Martinus von Tours eine Kirche. Er führte in seiner Zelle ein strenges Leben und bald gesellten sich zu ihm und seinem Gefährten noch mehrere Brüder. Seine Lagerstätte war ein Steinhaufen; als Nahrung nahm er alle drei Tage ein mit Asche bestreutes Stück Gerstenbrod. Nachdem er neun Jahre in dieser strengen Weise gelebt, fühlte er seine Sterbestunde nahen. Altersschwach und krank, ließ er sich in die von ihm erbaute Martinskirche tragen, wo er im Kreise seiner Brüder am 12. Nov. um das J. 610 oder 612 seine Seele zum Herrn aushauchte. Im Bisthum Basel wird seit undenklichen Zeiten am ebengenannten Tage sein Andenken begangen; auch die Bisthümer Lausanne und Besançon feiern sein Fest, ersteres am 14. Nov., letzteres am 28. Juli. Sein Kloster wurde später in ein[816] Chorherrnstift verwandelt. Zur Zeit der Religionsunruhen wurden im J. 1533 die Chorherrn von den Calvinisten vertrieben und gingen zuerst nach Solothurn, dann nach Delsberg (Delémont). In der Sacristei letztgenannter Stadt war eine Tafel mit Abbildung der »Geschichte des Greiss.« Noch jetzt befinden sich daselbst die Reliquien, die der Heilige von Jerusalem brachte; die Kralle des Greifs ist ganz wie das Horn eines ungarischen Ochsen gestaltet. (Burg. I. 328.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 816-817.
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