[312] 227B. Johannes Columbinus Fund. Ord. Jesuat. (31. Juli). Das Leben des sel. Johannes Columbini, des Stifters des Ordens der Jesuaten, wird von den Bollandisten am 31. Juli (VII. 333–408) ausführlich behandelt und zwar unmittelbar vor dem Leben des hl. Ignatius6, des Stifters des Ordens der Jesuiten, welcher 200 Jahre später lebte und mit Jenem das gemein hatte, daß er auch durch eine zufällige Lesung von Lebensgeschichten der Heiligen zur Nachahmung derselben entflammt wurde und so den Grund zur eigenen Heiligkeit legte. Nach vorausgeschicktem Commentare (S. 333–354), in welchem mehrere Lebensbeschreiber (Christophorus Ganus, der sel. Johannes225 Taussinianus, Feus Belcarus, Paulus Morigia etc.) genannt werden, geben sie zuerst (S. 354–398) das Leben des Seligen von dem Jesuiten Joh. Bapt. Rossi, dann (S. 398–402) mehrere Wunder und endlich in einem Anhange (402–408) etwas über seine Schriften. – Nach jener Lebensbeschreibung stammte unser sel. Johannes aus einer der edelsten Familien von Siena, welche ursprünglich den unschönen Namen Strozzavacca (Kuhgurgel) führte, den einer seiner Vorältern 100 Jahre früher mit dem schöneren Namen Colombini (Columbinus) vertauschte, weßwegen er auch vier Tauben (columba) in sein Wappen aufnahm. Ueber die Zeit der Geburt unseres sel. Johannes weiß Rossi nichts Gewisses; doch nach einem andern Autor wurde er um das Jahr 1304 geboren. Sein Vater hieß Petrus, seine Mutter Angelina. Nachdem er eine gute Erziehung erhalten hatte, bestimmten ihn seine Eltern zum Kaufmann, in welcher Eigenschaft er durch ausgebreiteten Handel sein ohnehin schon bedeutendes Vermögen noch ansehnlich vergrößerte. So wurde er denn bald ein Mann von größerem Einflusse und Ansehen in seiner Vaterstadt, Senator und öfters Gonfaloniere87, d.i. Bannerherr oder Oberhaupt der Republik von Siena. Seine Ehe mit der edlen Blasia Cervetano war glücklich und mit zwei Kindern, Petrus und Angela, gesegnet. Er war in den Augen der Welt ein tadelloser Charakter, aber eben auch von ihrem Geiste beseelt und geleitet. Da trat im J. 1354 oder 1355 plötzlich eine Umwandlung seines ganzen Wesens ein. Ein ungewöhnliches Verlangen nach Speise fühlend, verließ er nämlich eines Tages früher als gewöhnlich sein Arbeitszimmer, begab sich zu seiner Frau und verlangte zu essen. Diese bedeutete ihm mit aller Sanftmuth, daß die Speisen noch nicht fertig seien, sie also für den Augenblick seinen Wünschen nicht entsprechen könne, aber so schnell als möglich für ihre Erfüllung sorgen wolle. Da ward Columbini sehr zornig und schalt über Frau und Dienerschaft. Blasia eilte zur Küche, reichte aber dem erzürnten Gemahl noch ehevor eine Heiligen-Legende, damit er sich einstweilen durch Lectüre unterhalte. Er nahm das Buch, warf es aber im heftigsten Unwillen auf den Boden; doch in wenigen Minuten schämte er sich dieser leidenschaftlichen Handlung, hob das Buch auf und fing an zu lesen. Er gerieth dabei auf die Lebensgeschichte der hl. Maria von Aegypten, welche bekanntlich zuerst eine verrufene Sünderin war, dann aber eine Heldin in Buße und Tugend wurde. Da fiel ein göttlicher Gnadenstrahl in des Johannes Herz, und er beschloß sodann, ebenfalls sich zu bessern, wie jene sich gebessert hatte. Als nun seine Frau zurück kam und ihm sagte, daß die Speisen setzt bereitet seien, ersuchte er sie freundlich, noch ein wenig zu warten, bis er die Geschichte zu Ende gelesen. Von diesem Zeitpunkte an war er wie umgewandelt; er empfing öfter die heil. Sacramente, und seine Frau bemerkte auch bald [312] an ihm eine ungewohnte Freigebigkeit und einen weit billigern Absatz aller Waaren, wodurch er von seiner frühern Habsucht, sich gründlich heilen und das etwa ungerecht Erworbene restituiren wollte. Man hielt das Anfangs für ein Zeichen von Geistesstörung. Indeß ging Johannes von dem betretenen Wege nicht ab; ja um in der Selbstvervollkommnung weiter zu schreiten, enthielt er sich mit Bewilligung seiner Frau des ehelichen Umganges, besuchte häufig die Spitäler, bediente die Kranken und sorgte für Verpflegung vieler Armen. Bis dahin war Blasia mit dem Eifer ihres Mannes zufrieden; aber nun schlug er eine Richtung ein, die sie nimmermehr billigen zu können glaubte. Er legte nämlich die ärmlichste Kleidung an und führte sonst ein sehr abgetödtetes Leben. Als er einmal an einem Fieber krank lag, floh er, um der zu sorgsamen Pflege der Seinen zu entkommen, heimlich aus dem Hause und legte sich zu den Armen in den Krankensaal des Spitals, wo man ihn erst nach längerer Zeit erkannte. Wieder genesen, suchte er kränkliche Arme auf den Straßen auf, trug sie in sein Haus, verpflegte sie und küßte gar oft ihre Wunden. Alle Vorstellungen Blasia's halfen indessen nichts, und sie erkärte endlich ihrem Gemahle, er möge von nun an ganz seiner Neigung leben. Zu dieser Erklärung sollen besonders zwei wunderbare Erscheinungen sie bestimmt haben. Einmal soll sie ihren Gatten Johannes während der Nacht im Gebete von einem zarten Lichtglanz umflossen gesehen haben; ein andermal soll er einen Aussätzigen nach Hause gebracht haben, und als man später nach ihm sehen wollte, sei er verschwunden, und das Zimmer mit Wohlgeruch erfüllt gewesen. Später sei ihm dann geoffenbart worden, daß Christus selbst unter der Gestalt dieses Aussätzigen verborgen gewesen sei. – Nachdem inzwischen sein Sohn Petrus gestorben war, theilte er nun auf den Rath des sel. Karthäusers Petrus Petronus (29. Mai), dessen Lebensgeschichte er später beschrieb, sein Vermögen in drei Theile: den einen gab er dem großen Krankenhause in Siena, den andern dem nicht weit von Siena entfernten Benedictinerinnen-Kloster des hl. Abundius, gewöhnlich St. Bunda genannt, in welches seine Tochter Angela eingetreten war, und den dritten der nicht lange vorher in Siena gegründeten Genossenschaft der seligsten Jungfrau, den beiden Letzten mit der Auflage, seiner Frau Blasia eine angemessene jährliche Leibrente zu geben, womit diese auch ganz zufrieden war. Von nun an lebte er mit seinem Freunde Franciscus Vincentius Mini, den er schon früher als Gesinnungsgenossen genommen, und welcher in einigen Kirchenkalendern von Siena am 15. August als »selig« vorkommt, in apostolischer Armuth, erbettelte sich sein täglich Brod und fühlte sich besonders glücklich, wenn er in Spitälern und Privathäusern die niedrigsten Dienste verrichten durfte. Von den Privathäusern zog er diejenigen vor, in welchen er einst große Ehrenbezeugungen empfangen. Dabei scheute er keine Verspottung, die ihm reichlich zu Theil wurde; er benützte vielmehr solche Gelegenheiten, um den Spöttern als Lohn christliche Wahrheiten entgegen zu sagen und sie auf Gott hinzuweisen, welcher einst anders urtheilen werde als sie. Dabei rief er dann häufig: »Es lebe Jesus Christus allein in den Herzen aller Lebenden,« oder: »Gelobt sei Jesus Christus in Ewigkeit« etc., woher denn seine Genossenschaft später den Namen »Jesuaten«erhielt. Solche kürzere oder längere öffentliche Reden, sowie auch Privat-Ermahnungen blieben denn nicht ohne Erfolg, da sie von einer glühenden Liebe zu Jesus inspirirt waren. Sein Wort und Beispiel wirkte bald auch auf Andere, Einheimische und Fremde, die gleichfalls ihr Vermögen verschenkten und Columbini's und Mini's Lebensweise nachahmten. Unter den Einheimischen waren die ersten Drei Edelleute aus dem berühmten Geschlechte der Piccolomini, nämlich der Vater Bartholomäus und seine zwei Söhne Bindus und Alphonsus, welche in den Senensischen Fasten am 15. August vorkommen und in einigen Jesuatischen Documenten »selig« genannt werden. Diesen folgte der in den bezeichneten Fasten am 4. September gerühmte Spinellus Boninsegnius, welcher der zweite Jesuaten-General wurde; dann kamen auch drei edle Florentiner, die sich damals in Siena aufhielten, nämlich Antonius Mingellus, aus der Familie der Ubaldiner, Petrus Belfredellus und Romulus de Nobilibus, welche von Einigen ebenfalls »selig« genannt werden, obwohl die Bollandisten von einer kirchlichen Verehrung nirgends etwas finden konnten. Da auch noch viele Andere sich anschlossen und nach denstrengsten [313] Prüfungen muthig ausharrten, glaubte der Senat von Siena, diesen Vorgängen Einhalt thun zu müssen, und sprach daher über sie die Verbannung aus. Sie verließen auch wirklich, 27 an der Zahl, die Stadt Siena. Bald wurde jedoch diese mit einer pestartigen Krankheit heimgesucht; das Volk sah hierin eine Strafe des Himmels für die Verbannung seiner frommen Mitbürger und verlangte ihre Zurückberufung. Diese hatten indessen in Arezzo, Citta di Castello, Pisa und an mehreren anderen Orten zahlreiche Bekehrungen gemacht und für das Reich Gottes an Laien und Ordensleuten, von denen besonders der sel. Johannes mehrere zu größerer Strenge zurückführte, mit vielem Segen gewirkt. Endlich aber begaben sie sich auf die dringende Einladung des Senats wieder nach Siena zurück, wo unser sel. Johannes durch mehrere Wunder sich auszeichnete und namentlich einen Sterbenden durch sein Gebet gesund machte etc. – Noch hatte übrigens diese Genossenschaft keine förmliche Approbation erhalten. Als daher der sel. Johannes im J. 1367 hörte, daß Papst Urban V. von Avignon nach Italien sich begab, beschloß er unter dem Beirathe seiner Genossen, diese kirchliche Bestätigung bei demselben nachzusuchen. Zu diesem Zwecke begab er sich mit mehreren Genossen unter dem auf der Reise oft wiederholten Rufe: »Es lebe Jesus! Gelobt sei Jesus Christus!« von Siena nach Viterbo, und beim Eintritte in diese Stadt geschah es, daß unter der ihnen entgegenkommenden Menschenmenge kleine Einder laut riefen: »Seht da die Jesuaten!« Von dieser Zeit trugen sie nun den Namen »Jesuaten,« nachdem man sie früher »Apostolische Kleriker,« oder wegen ihrer Liebe zur Einsamkeit und Buße »Brüder des hl. Hieronymus« genannt hatte. Von Viterbo reisten sie nach Corneto zum feierlichen Empfange des Papstes, welchen sie dann nach Viterbo begleiteten. Auf dem Wege dahin ließ der Papst den Franz Mini zu sich kommen und erkundigte sich um ihre Lebensweise, welche er denn auch billigte. Nur bezüglich ihrer auffallend geringen Kleidung verlangte er, daß sie sie in eine bessere verwandeln sollten, was sie auch thaten, wobei der Papst sie mit Geld unterstützte. Doch diese ihnen zu Theil gewordenen Auszeichnungen hatten ihnen den Neid Anderer zugezogen, welche sie nun anklagten, als wenn sie der erst vor Kurzem verworfenen Häresie der Fraticellen heimlich anhingen. Aber eine genaue Untersuchung ergab bald ihre Unschuld, und so wurde denn ihre Genossenschaft vom Papste bestätiget. Nach seiner Anordnung trugen sie von nun an einen weißen Talar, ledernen Gürtel und braunen Mantel etc. Sie befolgten anfänglich die Regel des hl. Benedictus mit gewissen Modificationen, später die des hl. Augustinus. Sie durften aber nach Weisung des Papstes nicht mehr in größerer Anzahl das Land durchziehen, sondern mußten feste Niederlassungen begründen, ohne indessen einen eigentlichen Orden zu bilden, weßhalb sie auch keine feierlichen Gelübde ablegten. – Nachdem der sel. Johannes auf solche Weise zu Viterbo seinen Zweck erreicht hatte, wollte er nach Siena zurückkehren. Aber er kam nicht mehr dahin; denn am 22. Juli wurde er am Lago di Bolsena (lacus Vulsinius) von einem Fieber ergriffen. Man brachte ihn sodann nach Aquapendente, wo jedoch das Fieber zunahm, so daß er am 26. Juli sein Testament machte, in welchem er das katholische Glaubensbekenntniß ablegte und seine Genossen zum treuen Halten an die römische Kirche ermahnte etc. Am 27. Juli wurde er nach dem benachbarten Orte Badia (S. Salvatoris Abbatia) gebracht, wo er Anordnungen bezüglich seines Begräbnisses machte, seinen Genossen gute Ermahnungen gab, sie namentlich zum Gehorsame gegen seinen Nachfolger Franciscus Mini aufforderte, dann die heil. Sacramente andächtig empfing und endlich am 31. Juli 1367 selig im Herrn verschied unter den Worten: »In deine Hände empfehle ich meinen Geist.« Nach seinem Tode verbreitete sein Leichnam einen angenehmen Wohlgeruch, und wurde sein Angesicht ganz freundlich lächelnd, so daß durch diese und andere wunderbare Ereignisse, welche seine Heiligkeit bezeugten, seinen Genossen ein großer Trost über den Verlust ihres geistlichen Vaters zukam. Sie brachten dann seine sterblichen Ueberreste seinem Wunsche gemäß in das Kloster des hl. Abundius bei Siena, wo sie von den Klosterfrauen und auch von seiner noch lebenden Frau Blasia mit großem Schmerze aufgenommen und in der dortigen Kirche ehrenvoll begraben wurden. Die Bollandisten zählen viele Wunder auf, welche nach seinem Tode auf seine Fürbitte geschahen. Diese gaben Veranlassung, [314] daß später sein Leib erhoben und in einer kostbaren Lade aufbewahrt wurde, welche seine Frau Blasia auf ihre Kosten hatte machen lassen. Später wurden aber diese Reliquien zerstreut, und im J. 1554 kam ein Theil seines Hauptes und seiner Gebeine in die Kirche des hl. Laurentius zu Gatteo in der Diöcese Rimini. Ein Theil seines Kleides soll zu Rom im Kloster der hl. Martha sich befinden. Im J. 1593 wurde in einer Kirche von Porto, der Vorstadt von Mantua, ihm zu Ehren ein Altar erbaut. – Seine Schriften enthalten vor Allem das schon oben erwähnte Leben des sel. Petrus Petronus, dann viele Briefe, in welchen er seine hohe Verehrung für die römisch-katholische Kirche bezeugt und über verschiedene christliche Wahrheiten sich ausspricht. – Seine Genossenschaft hat sich bald durch ganz Italien verbreitet. Im J. 1425 wurde auch zu Toulouse in Frankreich ein Haus gegründet. Vom J. 1606 an durften auf päpstliche Erlaubniß hin auch Priester derselben sich anschließen. Uebungen strenger Askese, Krankenpflege, sowie Bereitung von Arzneien und Liqueuren war ihre besondere Beschäftigung. Doch Papst Clemens IX. hob im J. 1668 die Genossenschaft wieder auf, wohl nur, weil sie von ihrem ursprünglichen Geiste abgekommen war. Eine weibliche Genossenschaft, anfänglich von Columbinus' Base Katharina geleitet, für ähnliche Zwecke thätig, hat unter dem Titel »Jesuatinnen« länger bestanden. Nach den Bollandisten (VII. 386) war diese Katharina die Tochter seines Vetters (patruelis) Thomas, und der sel. Johannes hatte sie durch sein Beispiel auch zu einer strengeren Lebensweise bewogen. Bald sammelten sich mehrere fromme Frauen um sie, deren geistliche Uebungen sie leitete, bis sie am 20. October 1387 starb. In den Fasten von Siena wird sie »selig« genannt. Nach diesem Vorgange entstand später auch in Lucca eine Congregation von Jesuatinnen. – Nach Feus Belcarus war der sel. Johannes klein von Gestalt und von zartem Körperbaue. Bei den Bollandisten (VII. 346) ist er dargestellt in der oben bezeichneten Kleidung mit Holzsandalen an den Füßen und einem Tuche auf dem Kopfe, das später in eine Capuze verändert wurde. Vor sich hat er den mit Lichtglanz umgebenen Namen Jesus (IHS)., auf den er mit Andacht hinblickt. – Eine deutsche Lebensgeschichte desselben hat Dr. Friedrich Pösl im J. 1846 in Regensburg herausgegeben. Im Mart. Rom. steht der Name des sel. Johannes Co lumbini ebenfalls am 31. Juli. (VII. 333–408.)
Heiligenlexikon-1858: Columbinus, S. (2) · Columbinus, S. (1) · Columbinus (3)
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