[466] 29B. Josephus Oriol, (22. al. 31. März.), ein spanischer Weltpriester, wurde am 23. Nov. 1650 geboren zu Barcelona, wo sein Vater Seidenfabrikant war. Nach dessen Tode verehelichte sich die Mutter neuerdings, und Joseph erhielt einen sehr gottesfürchtigen rechtschaffenen Mann zum Stiefvater, den Dominicus Pujolar, der sich um das Kind sehr annahm. Als Joseph die höheren Studien anzufangen hatte, besuchte er die Universität seiner Vaterstadt und oblag jenen mit allem Fleiße. Schon als Knabe war Joseph unter die Kleriker an der Pfarrkirche »Unserer lieben Frau am Meere« aufgenommen worden, und als er im 12. Jahre seines frommen Stiefvaters beraubt wurde, übernahmen die dortigen Priester seine Erziehung ganz und gar. Im 23. Jahre erlangte er an der Universität die Doctorwürde. Bald hernach bekam er die höheren Weihen, und um Subsistenz zu haben, damit er Priester werden könne, verlieh ihm der Bischof von Gerona eine Pfründe. Da aber dieses Einkommen unzulänglich war, um den Zweck zu erreichen, ergänzte ein Bürger von Barcelona das Fehlende. Im J. 1676 wurde ihm endlich die Priesterweihe zu Theil. Von da an befand sich Oxiol 9 Jahre als Hofmeister bei einem angesehenen höhern Militär, Namens Gasneri, wo seine Sorgfalt und Tugend sehr werthgeschätzt wurde. Wie einst seinen Landsmann und Namensbruder, den hl. Josephus20 Calasanctius, zog es auch ihn nach dem Mittelpunkt des christlichen Glaubens und Lebens, nach Rom, und so unternahm denn auch er eine Pilgerfahrt dorthin. Während des kurzen [466] Aufenthaltes in Rom bekam der Selige von Papst Innocenz XI. eine Pfründe an der Kapelle des hl. Leopardus in der Kirche »U. L. Fr. von der Fichte« in seiner Vaterstadt Barcelona. Jetzt fing Joseph sein geistliches Leben in einer vollkommeneren Weise zu üben an. Die geistlichen Uebungen des hl. Ordensstifters Ignatius6 und die Werke der erleuchteten hl. Theresia waren es, nach denen er seine Andacht vorzugsweise regelte, wie dieß auch der Bollandist Joseph von der Moere im Leben der hl. Theresia am 15. Oct. (VII. 470. nr. 1615), mit Hinweisung auf das Butler'sche Leben, in Erinnerung gebracht hat. Die hl. Messe las der Selige nie ohne vorausgehende innige Sammlung und dann nachfolgende Danksagung, welch letzterer er gegen eine halbe Stunde zu widmen pflegte. Nicht nur suchte er sich durch beständiges Gebet und durch Hinblick auf das allsehende Auge Gottes unsträflich zu bewahren, sondern er trachtete auch durch schwere Bußübungen seine Fehltritte zu sühnen und seine Vollkommenheit zu befestigen. So lebte er 26 Jahre lang blos von Brod und Wasser, an Festtagen fügte er einige rohe Pflanzen hinzu, die er zuweilen auch abkochte, doch ohne irgend welche sonstige Zubereitung. Ueber 4 Stunden verlängerte er nie den Schlaf. Für das Heil der Nächsten war der fromme Priester, welcher über seine eigene Seele so wachsam war, nicht minder besorgt und thätig. Schon aber wollte er im J. 1693, einem längst gehegten Vorsatze nachgebend, jetzt wieder nach Rom und zwar nun in der Absicht, um sich den Segen und die Erlaubniß zum Werke eines Missionärs in Japan zu erbitten, als er auf dem Wege in Marseille erkrankte und bald von einem solchen Vorhaben abstand, indem ihm Gott zu erkennen gab, daß er ihn zu andern Dingen bestimmt habe. Nicht lange darauf begnadigte Gott seinen frommen treuen Diener mit Wundern und Entzückungen, auch verschiedenen Heilungen kranker Personen. Etwas vorher waren ihm wider wärtige Erfahrungen geworden, die aber seiner Tugend keine Minderung zufügten, sondern sie nur bewährten. Auf öffentlicher Straße mußte er Hohn leiden und zwar nicht blos vom Volke, sondern auch von Geistlichen selber. Da er bei seinem Bischofe verklagt worden, als ob er seinen Beichtkindern zu harte Dinge für ihre tägliche Lebensweise vorschreibe, wurde ihm die Vollmacht des Beichthörens entzogen, und er erhielt dieselbe erst wieder von dem bischöflichen Nachfolger. Diese ihm schmerzliche Kränkung nahm der Selige lautlos mit unterwürfiger Ergebung von seinem Bischofe an. Gottes- und Nächstenliebe blieb unter allen Umständen sein die man in sein Grab legte. Als er von einer heftigen Krankheit befallen wurde, die er für tödtlich hielt, begab er sich, um seine Buße den Augen der Menschen zu entziehen, in das Haus einiger Handwerker, die er als tugendhaft kannte, und ließ sich dort ein Bett geben. Als er fühlte, daß er nicht mehr ferne von seinem Heimgange sei, bat er, man möchte ihm das Stabat Mater an seinem Sterbelager singen. Dieses sangen 4 Chorknaben unter Begleitung der Harfe in rührendster Weise. Aufmerksam hörte der Kranke zu, zuweilen die bewegendsten Worte in jenem schönen Liede nachsprechend. Dann heftete er die Augen unverwandt auf das Kreuz, das er in den Händen hielt, bis er unter Ausrufung des süßen Namens Jesus den Geist aufgab. Es war am 22. März 1702 in seinem 52. Lebensjahre. Das Volk, von dem schon der Lebende hoch verehrt worden war, erwies dem Verblichenen in noch höherem Maaße seine Verehrung. Man mußte die in dichter Reihe sich hinzudrängende Menschenmenge absperren, damit nicht der ganze Leichnam ausgeplündert werde, da Alles sich eine Reliquie mitnehmen wollte. Dieß Verlangen wurde denn durch Austheilen seiner Kleider befriedigt, deren Stückchen sorgfältig als heiliges Angedenken allenthalben aufbewahrt wurden. Die an seinem Grabe vorgehenden Wunder gaben Veranlassung, zu seiner Seligsprechung Anstalt zu machen. Sie erfolgte am 5. Sept. 1806 durch Papst Pius VII. Im Jahre 1821 haben während des spanischen Aufstandes Revolutionsmänner sein Grab entweiht, seine Reliquien zerstreut etc. Bei Migne (II. 164) ist zu diesem Seligen der 31. März bemerkt. Auch im Elenchus der Bollandisten steht der sel. Joseph Oriol, aber mit dem 22. März, seinem Sterbetage. Bei. Butler dagegen steht er am 5. Sept. (But. XII. 385.)
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