Julianus, SS. (6)

[518] 6SS. Julianus, Basilissa et plur. Soc. MM. (9. Jan.) Schon dem alten Joh. Bollandus, dem Begründer des nach ihm genannten großen Bollandistischen Werkes, hat dieser hl. Julianus sammt seinen Gefährten viele Schwierigkeiten verursacht. Er bemerkt [518] zum 9. Jan. (I. 571. nr. 6 ff.), wie schon im Mart. Rom. 36 Heilige mit dem Namen Julianus sich finden, wie er selbst diesen noch mehrere beizufügen habe und wie bei der großen Menge der Heiligen des gleichen Namens leicht eine Verwirrung entstehen könn etc. So werde unser hl. Julianus von Einigen nach Antiochia in Syrien oder Aegypten etc., von Andern nach Alexandria in Aegypten, wieder von Andern nach Antinous (Antinoopolis) in Aegypten oder in der Thebais versetzt; auch werde Manches diesem hl. Julianus zugeschrieben, was einem Andern zugehöre, oder umgekehrt das ihm Zugehörige auf Andere übertragen. Eben so werde er in verschiedenen Heiligen-Kalendern an verschiedenen Tagen erwähnt, nämlich am 6. 7. 8. 9. 11. 13. Januar, am 13. Febr., am 20. 21. 22. Juni etc. Im Mart. Rom. steht er am 9. Jan. in folgender Weise: »Zu Antiochia unter den Kaisern Diocletian und Maximian der (himmlische) Geburtstag des hl. Martyrers Julianus und der hl. Jungfrau Basilissa, seiner Gemahlin, welche mit ihrem Manne die Jungfrauschaft bewahrte und im Frieden starb, während Julianus, nachdem eine große Menge von Priestern und andern Dienern der Kirche, die wegen der schrecklichen Verfolgung sich zu ihm geflüchtet hatten, in Feuer verbrannt worden war, von dem Präses Marcianus nach vielen ausgestandenen Martern zum Tode verurtheilt wurde. Mit ihm litten auch der Priester Antonius, dann Anastasius, welchen Julianus vom Tode erweckte und der Gnade Christi theilhaftig machte, so wie der Knabe Celsus sammt seiner Mutter Marcionilla und sieben Brüdern, und noch viele Andere.« Baronius hatte diese Notizen aus alten Handschriften genommen, und nach solchen, auch von Surius, dem Metaphrasten und Andern benützten alten Handschriften werden die angeblich von einem Augenzeugen verfaßten Acten auch von Bollandus (pag. 575–587) gegeben. Erst der Bollandist Daniel Papebroch, welcher 55 Jahre seines Lebens auf die Acta Sanctorum verwendete, hat herausgefunden, daß diese Acten unächt seien, was er auch zum 21. Juni (IV. 64), wo er diesen hl. Julianus unter den Prätermissen gibt, ausdrücklich erklärt.171 Da diese Acten auch von Andern benützt wurden, so wollen wir zuerst das Leben dieser Heiligen nach diesen unächten Acten in Kürze geben und sodann Papebroch's Meinung kurz beifügen. Der hl. Julianus war von edler Abkunft und der Letzte seines Stammes, weßhalb ihn seine Eltern zu einer Heirat nöthigten. Er verehelichte sich nun mit einer gottesfürchtigen Jungfrau, Namens Basilissa, welche ihm an Reichthum, Adel etc. ebenbürtig und ebenfalls das einzige Kind ihrer Eltern war. Am Tage der Hochzeit selbst aber machten sie das Gelübde, in beständiger Enthaltsamkeit zu leben. Als die Eltern dieser frommen Eheleute gestorben waren, sammelte Julianus viele172 treue Diener Christi um sich, und auch Basilissa sah bald eine große Zahl heilseifriger Jungfrauen unter ihre Oberleitung sich stellen, starb aber mit denselben während Diocletians Verfolgung im Frieden und wurde vom hl. Julianus begraben. Bald nachher kam der Landpfleger Marcianus von Rom nach Antiochia in Aegypten. Dieser ließ an vielen Stellen Götzenbilder aufstellen, und erlaubte Niemanden zu kaufen oder zu verkaufen, der ihnen nicht geopfert hatte. Auf Julian's Weigerung hin ließ er ihn gefangen nehmen und vor Allem sein Kloster mit den vielen Bewohnern desselben verbrennen; unsern hl. Julianus aber forderte er vor sein Tribunal, und da er ihn weder durch Schmeicheleien noch durch Drohungen zum Abfalle vom Glauben bewegen konnte, ließ er ihn schrecklich martern, wobei ein Henker, dem der Landpfleger sehr gewogen war, ein Auge verlor. Da derselbe durch den hl. Julianus wieder geheilt wurde, bekannte er auch den christlichen Glauben, wodurch der Landpfleger so erzürnt wurde, daß er ihn mit seinem eigenen Schwerte tödtete, den hl. Julianus aber, mit schweren Ketten belastet, durch die Straßen der Stadt führen ließ. Bei dieser Gelegenheit sah der Knabe Celsus, ein Sohn des Landpflegers, den [519] hl. Julianus von einer Schaar weiß gekleideter Jünglinge umgeben, welche ihm Muth zusprachen und ihm eine kostbare Krone auf das Haupt setzten. Durch dieses Gesicht wurde er so sehr für den christlichen Glauben gewonnen, daß er dem hl. Julianus unzertrennlich anhing und weder durch die Schmeicheleien noch durch die Drohungen seines Vaters von seinem Glauben sich abwendig machen ließ. Beide wurden nun in einen finstern übelriechenden Kerker geworfen; die Finsterniß aber verwandelte sich bald in helles Licht, und der üble Geruch in süßen Duft, was dio Bekehrung von zwanzig Soldaten veranlaßte. In der Gegend waren sieben Brüder von hoher Abstammung, die einen priesterlichen Lehrer, Namens Antonius, hatten. Mit diesem kamen sie des Nachts in's Gefängniß, und der Priester taufte dort den Knaben Celsus und die 20 Soldaten. Als die Gemahlin des Landpflegers, Namens Marcionilla, den Versuch machte, ihren Sohn vom Christenthume abzubringen, wurde sie selbst dafür gewonnen. Die sieben Brüder und die 20 Soldaten wurden enthauptet. Der hl. Julianus aber, der Priester Antonius, der Knabe Celsus und seine Mutter Marcionilla wurden noch weitern Peinen aufbehalten, die sie mit wunderbarer Standhaftigkeit und ohne Verletzung ertrugen, wobei ihnen die hl. Basilissa mit ihren Jungfrauen erschien. Endlich wurden sie mit Anastasius, den der hl. Julianus vom Tode erweckt hatte, enthauptet, während der Präses Marsianus mit seinen Anhängern elend zu Grunde ging. Die Leiber der heil. Martyrer wurden von den Christen ehrenvoll bestattet, und es geschahen viele Wunder auf ihre Fürbitten. – So weit gehen die von Bollandus aufgenommenen Acten, welche sich übrigens über die Zeit dieses Martyriums nicht genau aussprechen, während einige Hagiologen das J. 303 unter Diocletian, Andere aber das J. 313 unter Maximian annehmen. Was nun Papebroch's Meinung in dieser Sache betrifft, so ist sie kurz diese: Die hhl. Julianus und Basilissa seien wahre Martyrer gewesen und zwar höchst wahrscheinlich zu Antiochia in Syrien; aber es sei nicht gewiß, unter welchem Kaiser sie gelitten, ob sie wirklich verehelicht gewesen etc. Dagegen gehöre der hl. Celsus und ein anderer hl. Julianus nach Indien, und von Beiden verschieden sei der hl. Julianus58, welcher am 21. Juni zu Antiochia in Syrien gelitten hat mit dem hl. Galgalus (Gamgalus) und andern 879 Gefährten. Alles dieses habe nun der Verfasser in Eine Leidensgeschichte zusammengetragen, den Celsus zu einem Sohne des Präses Marcian gemacht, diesem seine Mutter Marcionilla beigegeben und noch 10 bis 12 Tausend Mönche etc. beigefügt. – Was die Reliquien betrifft, so soll nach Butler (I. 192) die Hirnschale des hl. Julianus zur Zeit Gregors des Großen aus dem Morgenlande nach Paris gebracht worden seyn. Die Königin Brunehild habe sie den Frauen geschenkt, denen sie bei Etampes ein Kloster baute. Ein Theil der Hirnschale sei in das Kloster Morigny bei Etampes, ein anderer nach Paris in die Kirche der regulirten Stiftsdamen von Sainte Basilisse gekommen. Bei Butler, wo im ganzen Werke nur 11 Julianus vorkommen, wird unser hl. Julianus als »Gastfreund« bezeichnet, was aber wahrscheinlich nur eine Verwechslung ist mit S. Julianus. Auch heißt es dort, daß man allenthalben Kirchen und Spitäler unter Anrufung des hl. Julianus und der hl. Basilissa erbaut habe. Nach Ruinart waren in Constantinopel drei Basiliken unter dem Namen des hl. Julianus, von welchen einer unsern hl. Julianus sammt der hl. Basilissa zu Patronen hatte. Daß dieselben auch im Mart. Rom. am 9. Jan. vorkommen, ist schon oben bemerkt worden. (I. 570–588).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 518-520.
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