[502] S. Mummolinus, Ep. Conf. (16. Oct. al. 27. April u. 18. Mai). Der hl. Bischof Mummolinus, welcher von Andern auch Mommolenus oder Mommolinus, Nommolinus und Nummolenus, endlich sogar Mommolanus und (Gall. chr.) Mammolinus genannt wird, der Nachfolger des hl. Eligius1 auf dem bischöflichen Stuhle von Noyon (Noviomum, Noviodunum) und Tournay (Tornacum), war zu Goldthal bei Münsterlingen, damals Bisthums Constanz, gegen das Ende des 6. Jahrh. geboren. Wer seine Eltern gewesen seien, hat der Heilige stets sorgfältig verschwiegen. Als Jüngling begab er sich mit seinem Freunde Bertram1 (s.d.), denen sich ein dritter Namens Bertin anschloß, ins Kloster Luxeuil, dem seit dem J. 610 der hl. Eustasius5 († 625) vorstand. Von hier soll er an den Hof des Königs Lothar (Chlotar) II., der seit dem J. 613 das ganze Frankenreich beherrschte, gekommen sein. Es gelang ihm, seine Gunst in so hohem Grade zu erwerben, daß er ihn zum Kanzler seines Reichs erhob. Der hl. Mummolinus benutzte seinen Einfluß auf den König in der uneigennützigsten Weise. In der Schule zu Luxeuil hatte er die Welt, ihre Freuden und Schätze verachten gelernt, darum lenkte er die Gnade des Königs unablässig nicht auf sich, sondern auf die Bedrängten und Armen. Sein Biograph gibt ihm das seltene Lob: »Er liebte Alle und wurde von Allen geliebt.« Unausgesetzt oblag er seinem Dienste, rühmte sich nie der Freundschaft des Königs, kam aber Kirchen, Wittwen und Waisen jederzeit nach Kräften zu Hilfe. Nicht das Hofleben zog ihn an, sondern das Gute, was er am Hofe stiften konnte. Er lebte im Palaste des Königs so einfach und zurückgezogen wie in der Zelle seines Klosters. Sein Fasten war hier, wie der Biograph sagt, ein verdoppeltes, denn er hatte die Speisen vor sich, ohne daß er sie genoß. Wie lang er hier geblieben sei, ob bis zum Tode Lothars II., welcher im J. 628 erfolgte, oder noch länger, ist ungewiß.258 Mittlerweile hatte sein Ordensgenosse der hl. Audomar bei den Morinern (den Namen leiten die Boll. von Moor d.J. Sumpfgegend her) das Evangelium zu predigen angefangen. Zu ihm begab sich, »weil, wenn ein Bruder dem andern hilft, beide getröstet werden«, der hl. Mummolinus mit den hhl. Bertinus und Bertramus (Ebertramnus) (s.d. d.), um dem Worte Gottes Bahn zu brechen. Wie der hl. Mummolinus diesen Beruf übte, erkennen wir hinreichend aus der Schilderung seines Biographen: »Nachdem er von Morgens bis Abends gepredigt hatte, stärkte er sich einzig mit in Aschenwasser getauchtem Gerstenbrode. Dann nahm er etwas Wasser zu trinken. Eine dünne Rohrdecke diente ihm zum Bett. Was er predigte, that er selbst, damit er, der Andern den Weg der ewigen Vergeltung lehrte, davon auch das nachahmungswerthe Beispiel seines Wandels gebe.« Darüber war der hl. Audomar hoch erfreut, und dankte Gott, der ihm so eifrige Mitarbeiter in der Predigt des Evangeliums zugeführt hatte. Um eine beständige Pflanzschule eifriger Glaubensboten zu gründen, gedachte er ein Kloster zu stiften. So entstand »das alte Kloster« (vetus monasterium) bei St. Omer, welches im J. 1497 verbrannt wurde. Es lag (Ghesquiere l. c. 398) eine Stunde von St. Omer und heißt dermalen St. Mommolin. Das Volk nannte es »Aldemunster« (Altomünster). Ein neubekehrter, reich begüterter Mann, Namens Adrowaldus (Adroaldus), vermehrte dessen Liegenschaften und Einkünfte (ungefähr [502] um d.J. 640). Einige Jahre später folgte die Gründung des Klosters Sithiu an der Aa (Monasterium Sithivense ad Agniona), das neue Kloster, dem der hl. Bertin als Abt vorgesetzt wurde, nachdem der hl. Mummolin zum Bischof von Noyon erhoben worden war. (Cf. Mabill. Annal. I. 401 ad a. 648.) Das »alte Kloster« glich eher einer Einsiedelei als einem Kloster, man lebte dort »gleichsam in der Einöde« (quasi in eremitorio). (Ueber die Zeit der Entstehung dieser Klöster stellen die Boll. weitläufige Untersuchungen an. Unter andern Urkunden citiren sie auch eine Bestätigungsurkunde Chlodwigs III. vom J. 691. in welcher es heißt: avus noster Chlotarius quondam rex omnes curticellas..... Mummolino... concessit. Zu dem Namen Chlotarius ist am Rande bemerkt: lege Chlodoveus. Wenn wir aber bei den Worten der Urkunde bleiben. – denn warum sollte Chlodwig III. nicht gewußt haben, wie seine Ahnherren hießen –, so fällt die Gründung des Klosters Aldomunster in die Zeit, in welcher der hl. Mummolinus, wie wir gesehen haben, sich der besondern Gunst Lothars II. erfreut und an seinem Hof gelebt haben soll. Dieses Hofleben, an sich schon unwahrscheinlich, wird hiedurch historisch unmöglich. Mit Recht spricht also Ghesquiere (l. c.) von dieser Erfindung unter der Bezeichnung: lacinia ista.) Auch im klösterlichen Leben war der hl. Mummolinus ein treffliches Vorbild aller Tugenden, so daß man ihn einen »Athleten Gottes« nannte. Für die Bedürfnisse der Armen oder der Fremdlinge außer dem Kloster sorgte er ängstlich (insudabat). Die von den Kirchengesetzen anbefohlene Gastfreundschaft übte er mit Freuden, auch die Kranken nahm er auf, machte Viele am Leib und an der Seele zugleich gesund, und richtete Bäder her für die verwundeten Körper der Aussätzigen, die er mitleidig pflegte (leprosorum saucia corpora balneis benigne refovebat). Um diese Zeit (im J. 657 oder 659259) starb der hl. Eligius1, Bischof von Noyon. Lothar III. (656–670) berief den hl. Mum molinus zu seinem Nachfolger. Nicht bloß empfahl diese Wahl der ausgezeichnete Ruf des Heiligen, sondern auch der Umstand, daß er der lateinischen (romanischen) und deutschen (flämmischen) Sprache gleich mächtig war. Er wollte aber sein Kloster nicht verlassen, nur die strenge Erwägung, daß der Gehorsam über alle andern Rücksichten hinausgehe, konnte ihn zur Annahme bestimmen. Er verließ das Kloster nicht, sondern er gab nur dem Zwang des Gehorsams nach, der ihn aus demselben herauszog. Sicher war der Heilige nicht ohne menschliche Gebrechen. So erzählt der hl. Audoenus in der Lebensgeschichte des hl. Eligius, daß dessen Nachfolger sich sein Leibpferd zugeeignet habe, das er erst nach Jahresfrist dem Abte, welchem der hl. Eligius es geschenkt hatte, zurückgab. (Das Pferd war krank und störrisch geworden, die sorgsamste Pflege konnte es nicht heilen; erst nachdem es dem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben worden war, nahm es seine frühere Sanftmuth wieder an und wurde frisch und kräftig.) Die Erhebung seines Vorfahrers, des hl. Eligius, in ein schönes Mausoleum, die Ernennung seines Freundes Ebertramnus zum Abte von St. Quintin und die Consecration der neuerbauten Kirche zu Elnon sind die vorzüglicheren äußern Thaten des Heiligen, die auf uns gekommen sind. (Ghesquiere, l. c. 407 und 408.) Auch in mehreren Bestätigungsurkunden findet sich sein Name. Im bischöflichen Amte lebte er genau nach dem Inhalt der Regel, von welcher er nie oder selten abwich (regiam institutionis viam incedens, raro aut nunquam ab ea deflectebat). Seine Berufspflicht erfüllte er unverdrossen und heiter; sanft mit den Sanftmüthigen versäumte er doch nicht, gegen Böse und Widerspenstige die Zuchtruthe anzuwenden. Ohne Unterlaß stand ihm der Tag der Vergeltung, des strengen Gerichtes Gottes vor Augen; unter dem Eindrucke dieser mächtigen Triebfeder zu allem Guten wollte er sich selbst und seine Schäflein antreiben, die Gnade des himmlischen Lohnes sich anzueignen. So kam es, daß Viele, die an ihren Götze: hingen, dieselben verließen und sich aufrichtig bekehrten. Mit besonderer Liebe begünstigte er die Klöster, umfaßte er Arme und Hilfsbedürftige, nahm er Pilger und Fremdlinge in sein Haus auf. Allen Guten, die nach Wahrheit und Gerechtigkeit dürsteten, erschien er ein tröstender Engel, nur den Bösen und Lasterhaften war er furchtbar. Nachdem er 26 oder 27 Jahre lang gewirkt hatte, sah er sein Ende kommen, und übergab in feierlichen, [503] zum Herzen dringenden Worten seine Seele dem Erlöser, dem zu Ehren er gelebt hatte. Ihm empfahl er sterbend auch sein Theuerstes, die Schaar der Gläubigen, welcher er so lange Vater und Tröster gewesen war. Dann nahm er als Wegzehrung den Leib und das Blut unsers Herrn, traf einige Anordnungen für sein Begräbniß, das so einfach als möglich sein sollte (extra moenia ante portam castri praeparate vasculum corpusculo meo, quo condatur non superfluo studio sed necessario usu) und schloß für diese Erde seine Augen im J. 683 (nach Andern 685).260 Seine Ruhestätte erhielt er bei oder in der Apostelkirche außerhalb der Stadt (nicht im gewöhnlichen Gottesacker, wie ein frz. Proprium irrthümlich angibt).261 Später wurde dieses Gotteshaus der hl. Godeberta geweiht. Am 27. April 1167 wurden seine heiligen Ueberreste zugleich mit denen anderer Heiligen feierlich erhoben und in die Kathedralkirche von Noyon übersetzt. Ein Theil seines Hauptes kam ins Kloster Sithiu. Zur Zeit der Revolution (im J. 1793) wurden die Reliquien des hl. Mummolinus ihres werthvollen Schmuckes beraubt, sie selbst aber durch den Sacristan, welcher sie mit den Reliquien anderer Heiligen (nämlich der hhl. Eligius, Medardus und Godeberta) im Kreuzgang vergrub, wo sie zwei Jahre später unter großen Feierlichkeiten wieder erhoben wurden, gerettet. Die Verehrung des Heiligen reicht, obwohl die ältern Martyrologien seinen Namen nicht kennen, mindestens bis ins zehnte Jahrhundert zurück, denn um diese Zeit bestand bereits eine Basilica, die seinen Namen trug. Der Heilige wird gegen das Stottern oder Schwersprechen angerufen und die Boll. bemerken, daß das flämmische Wort mommelen (deutsch: mummeln) daher komme. (Auct. in T. V. Oct. fol. 25.) Zu St. Omer kommt sein Name in der Litanei zwischen denen der hhl. Eligius und Erkenbod vor, als Patron der Sterbenden. Die Diözesan-Proprien von Ypern, Tournay und Noyon feiern sein Fest. Am 27. April wurde ehedem zu Noyon seine Erhebung gefeiert; andere, namentlich die Benedictiner-Martyrologien, nennen ihn zum 28. Mai. Sein Bildniß (Mabill. Annal. B. I. 529 und Ghesquiere l. c. 412) zeigt ihn im bischöflichen Gewande, in der rechten Hand trägt er den Hirtenstab, mit der linken hält er ein dem Beschauer zugewendetes offenes Buch. Sein Haupt umgibt der Heiligenschein. Die Tonsur scheint darauf hinzuweisen, daß er nicht die Regel des hl. Benedict, sondern die des hl. Columban befolgt habe. Die Chronologie seines Lebens ist wahrscheinlich folgende: Geburtsjahr: 600, Eintritt ins Kloster: 615, Reise zum hl. Audomar: 640 (Cointius nennt 639). Wahrscheinlich hatte ihn, nach Stilting (Sept. II. 558), der hl. Audomar zur Evangelisirung des pagus Morinensis gerufen, wohl also bald nach dem Antritte des Bisthums, zu welchem er etwa im J. 637, vielleicht schon etwas früher, erhoben wurde. Gründung des alten Klosters 640, des neuen Klosters 648, Bekanntschaft mit Lothar III. 658, Bischof: 659, Tod: 685. (VII. 953–985 u. Acta S. S. Belgii IV. 393–413.)
Buchempfehlung
Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro