[15] 12S. Quirinus Ep. M. (4. Juni al. 30. Apr.). Das Martyrium dieses hl. Bischofes ist durch die ältesten und glaubwürdigsten Zeugnisse bestätiget. Geschichtschreiber, Martyrologen und kirchliche Dichter vereinigen sich, es zu verherrlichen. Die »Acten«, die wir im Wesentlichen wortgetreu wiedergeben, sind uralt und tragen das Gepräge der Aechtheit in sich selbst. Eine gänzlich unbegründete spätere Sage aber macht ihn (W. W. K.-L. VIII. 903) zu einem kaiserl. Prinzen, Sohn des Philippus, und verwechselt ihn sofort mit S. Quirinus3, von welchem die Legende das Nämliche berichtet. Auch sein Episcopat zu Lorch (vgl. S. Quirinus9) ist fabelhaft. In der Christenverfolgung des Diocletian, welche unter Galerius noch fortdauerte, wurden die treuen Bekenner Christi auf die schrecklichste Weise gemartert. Man verlangte von ihnen, daß sie in den Tempeln der Teufel opfern sollten. Ihre Kirchen wurden geschlossen. Die Priester und Diener Christi, hieß es, sollen den öffentlichen Gesetzen gehorsam sein und den »Göttern« Weihrauch anzünden. Wenn sie sich weigerten, sollten sie auf verschiedene Weise gepeiniget und getödtet werden. Ueber Pannonien, das heutige Ungarn, war damals der Statthalter Maximus (Maximinus) gesetzt. Dieser hatte befohlen, auch den hl. Quirinus, Bischof von Siscia, welche Stadt unter der Metropole von Sirmium stand, und jetzt nur mehr ein Dorf Namens Sissek ist, während der bischöfliche Sitz nach Zagrab verlegt ist, gefänglich einzuziehen. Er wurde auf der Flucht ergriffen und vor den Statthalter geführt. Dieser fragte ihn, warum er habe fliehen wollen. Quirinus antwortete: »Ich wollte den Befehl meines Herrn erfüllen: Wenn sie euch in einer Stadt verfolgen, so fliehet in eine andere.« Der Statthalter fragte ihn: Wer hat dies befohlen: »Christus, welcher wahrer Gott ist.« Maximus erwiderte: Weißt du nicht, daß die Befehle der Kaiser dich überall finden konnten? Jener, den du den wahren Gott nennst, wird dir, dem Gefangenen, nicht zu helfen vermögen. Beweis dessen ist, daß du soeben auf der Flucht ergriffen und hieher geführt worden bist. Hierauf sprach der hl. Bischof: »Ueberall, wo wir nur sein mögen, ist Er mit uns. Der Herr, den wir verehren, kann uns überall helfen. Auch bei meiner Gefangennehmung war Er mit mir, und auch hier ist Er mit mir und stärkt mich. Er selbst wird durch meinen Mund dir antworten.« Du prahlest sehr, entgegnete darauf der Statthalter, und verachtest[15] durch deine Prahlereien die Verordnungen der großen Kaiser. Lies also ihre göttlichen Befehle und vollziehe sie. Quirinus antwortete: »Dem Befehl deiner Kaiser gehorche ich nicht, denn er ist lästerlich. Er befiehlt den Dienern Christi, wider Gottes Gebote euren Götzen zu opfern. Diesen diene ich nicht; denn sie sind Nichts. Mein Gott aber, dem ich diene, ist im Himmel und auf Erden und im Meere. Er ist an jedem Orte, Er ist erhaben über Alles, weil er in sich Alles enthält, denn durch Ihn ist Alles gemacht worden, und in Ihm hat Alles sein Bestehen.« Darauf sprach Maximus: Du hast zu lang gelebt und deßhalb allerlei Fabeln gelernt. Man gibt dir Weihrauch. Erkenne jetzt diejenigen als Götter, die du bisher nicht gekannt hast. Eine große Auszeichnung wird dein Lohn dafür sein. Willst du dich aber nicht fügen, so wirst du mit Schimpf und Schmach überhäuft werden und dein Leben auf schauerliche Weise enden müssen. Darauf antwortete Quirinus: »Die Beschimpfungen, mit welchen du mir drohest, halte ich für Ruhm, und der mir verheißene Tod, wenn ich dessen würdig bin, wird mir ewiges Leben geben. Darum will ich ein treuer Anbeter meines Gottes, nicht aber deiner Kaiser sein. Ich halte jene nicht für Götter, die es in Wahrheit nicht sind; auf die Altäre der bösen Geister lege ich keinen Weihrauch. Nur den Altar meines Gottes kenne ich. Auf diesem zünde ich die Ihm ziemenden Opfer an, die ein Wohlgeruch sind vor seinem Angesicht.« Ich sehe, dein Wahnsinn bringt dich zum Tode. So opfere doch den Göttern! drang Maximus weiter in den greisen Bischof. Dieser aber erwiderte: »Ich opfere nicht den bösen Geistern. Es steht ja geschrieben: Alle Götter der Heiden sind Teufel, und die den Götzen opfern, werden ausgerottet werden.« Nun befahl der Landpfleger, den hl. Bischof mit Knitteln zu schlagen. Hierauf sprach er zu ihm: Komm' doch zur Einsicht und erkenne, daß es mächtige Götter sind, denen das Römerreich dient. Gibst du dieß zu, so sollst du ein Priester des großen Jupiter sein. Wenn nicht, so sollst du vor den Richterstuhl des Amantius, des Statthalters von Oberpannonien, geführt werden, und von ihm das Todesurtheil empfangen. Kehre also zurück von deiner Thorheit und füge dich. Der Bischof Quirinus antwortete darauf: »Dann erst verwalte ich das Priesterthum in Wahrheit, und bin ich ein rechter Priester geworden, wenn ich mich selbst dem wahren Gott zum Opfer darbringe. Daß mein Leib geschlagen wurde, darüber freue ich mich, und fühle keinen Schmerz. Gerne opfere ich mich zu noch größern Qualen, damit auch diejenigen, über die ich gesetzt war, mir folgen mögen zu jenem ewigen Leben, zu welchem man auf diesem Wege am leichtesten gelangt.« Jetzt gab Maximus den Befehl, der Bischof solle in das Gefängniß und in schwerere Fesseln gelegt werden, bis er nüchtern werde. Der heil. Bischof sprach darauf: »Ich fürchte mich nicht stark vor dem Gefängnisse, denn ich glaube fest, daß auch im Gefängnisse mein Gott mit mir ist; denn Er ist immerdar mit seinen Verehrern.« – Gefesselt ins Gefängniß geworfen, fing der hl. Bischof also zu beten an: »Ich danke dir, o Herr! daß mir diese Beschimpfungen um Deinetwillen zugefügt worden sind. Ich bitte dich, laß es Alle, die in diesem Gefängnisse eingesperrt sind, erkennen, daß ich ein Verehrer des wahren Gottes bin, denn es ist kein anderer Gott außer Dir allein.« Um Mitternacht erleuchtete ein außerordentlicher Glanz das Gefängniß. Als der Gesängnißwärter Marcellus diesen Glanz wahrnahm, eröffnete er das Gefängniß, warf steh dem hl. Bischof zu Füßen und sprach unter Thränen: »Bitte den Herrn für mich, denn ich glaube, daß es keinen andern Gott gibt, als denjenigen, den du verehrst.« Der hl. Bischof bekräftigte ihn in seinem Glauben und bezeichnete ihn Namen unsers Herrn Jesu Christi. Drei Tage darauf befahl Maximus, der demnach nicht über Leben und Tod zu erkennen hatte8, man solle den Bischof Quirinus nach Oberpannonien an den Statthalter Amantius überliefern, damit er dort für die Widerspenstigkeit, die er gegen die Gesetze der Kaiser an den Tag gelegt hätte, sein Endurtheil empfange. So wurde denn Quirinus [16] gefesselt ins erste Pannonien geführt und dem Präses Amantius, welcher damals die Provinz bereiste, da er eben von der Stadt Scarabete (Scarabantia, Oedenburg) kam, am Donauufer zum ersten Mal vorgestellt. Er befahl, ihn nach Sabaria (Stein am Anger) zu bringen. Auf dem ganzen Wege war der hl. Bischof mit Ketten beladen. Christliche Frauen kamen zu ihm und brachten ihm Speise und Trank. Da er ihren Glauben sah, segnete sie der Heilige für die Speisen, die sie ihm darboten. Während des Segens fielen ihm die Ketten von Händen und Füßen. Nachdem er die Speisen genossen hatte und die Frauen zurückgekehrt waren, führten ihn seine Wächter nach Sabaria. Der Statthalter Amantius ließ den Heiligen ins Theater führen, um dort seines Amtes zu walten. – Da er vor ihm stand, sprach Amantius: Ich frage dich, ob das, was aus deiner Verhandlung vor dem Richter Maximus urkundlich vorliegt, wahr sei? Darauf antwortete Quirinus: »In Siscia habe ich den wahren Gott bekannt. Ihn habe ich immer verehrt, Ihn trage ich in meinem Herzen. Kein Mensch wird mich von Ihm, der der Eine und wahre Gott ist, jemals scheiden können.« Amantius sprach hierauf: Es fällt uns schwer, dein Alter mit der Schmach der Schläge zu entehren. Wir wünschen deinen Sinn durch Zureden und das Versprechen der Erhaltung deines Lebens zurechtzubringen. Diene also während der noch übrigen Zeit deines Greisenalters den Göttern, wie es die kaiserlichen Gesetze verordnen. Quirinus erwiederte: »Was kümmert dich mein Alter? Dieses kann der unbefleckte Glaube weit kräftiger weinen, als die Macht aller Todespeinen ist. Mein Bekenntniß können die Marterpeinen nicht brechen, und die Freuden des gegenwärtigen Lebens nicht ändern. Selbst durch die Furcht vor dem Tode, wie bitter er auch sein mag, wird die feste Ruhe meines Geistes nicht gestört.« Auf diese Erklärung fragte ihn Amantius: Warum dringst du so sehr auf deinen Tod? Wie magst du den Göttern und dem Römervolke dich selbst als Gottloser darstellen und gegen alle Gewohnheit der Menschen dir selbst das Todesurtheil sprechen, da doch sonst die Verbrecher dem Tode zu entgehen trachten, indem sie dei Läugnung ihrer Unthaten sogar die Folter aushalten? Du aber nennst die Annehmlichkeit des Lebens eine entbehrliche Sache, eilst dem Tode ungestümm entgegen und widersprichst den Kaisern. Wir fordern dich darum nochmals auf: Schone deines Lebens! Rette dein Leben und erweise dich als einen Verehrer der Gesetze Roms! – Quirinus sprach: »Solche Reden könnten vielleicht alternde Seelen bewegen, die noch seufzen nach einer längern Lebensfrist. Ich aber habe von meinem Gott die Lehre empfangen, daß ich nach jenem Leben trachten müsse, das auch nach dem Tode noch fortdauert und nicht mit dem Tode endet. Darum gehe ich dem zeitlichen Ende dieses Lebens gläubig entgegen. Ich habe keine Aehnlichkeit mit den Schuldbeladenen, von denen deine Herrlichkeit spricht: Diese sterben wahrhaftig, weil sie Gottesleugner sind, indem sie zu leben verlangen. Ich aber bekenne Ihn und gelange durch dieses Bekenntniß zum ewigen Leben. Euren Gesetzen gehorche ich nicht; an den Gesetzen Christi meines Gottes, die ich den Gläubigen verkündet habe, halte ich fest.« Lange, sprach der Statthalter, wollte ich dich zum Gehorsam gegen die Gesetze bringen, weil sich aber dein harter Sinn nicht beugen läßt, so sollst du ein abschreckendes Beispiel für alle Christen werden. Alle, die noch zu leben wünschen, sollen durch deine Todesart abgeschreckt werden. – Nun wurden verschiedene Peinen wider ihn angewendet, zuletzt wurde er mit einem Mühlsteine um den Hals in den Fluß (die Güns) über die Brücke hinabgestürzt. Lange schwamm er mit dem Mühlsteine auf der Oberfläche des Wassers, und redete den Zuschauern, welche ihn (Greg. Tur hist. Fr. I. 33.) herausziehen wollten, zu, daß sie durch diese seine Todesmarter sich nicht schrecken lassen möchten. Dann betete er zu Gott, Er möchte ihn sinken lassen. Sein Martertod fällt in das Jahr 309 oder 310, nach Hansizius aber schon ins J. 304. Sein Todestag ist der 4. Junius. Der Leichnam des Heiligen wurde von den Gläubigen aufgesucht und nahe bei der Stelle, wo er in den Fluß hineingestürzt worden war, aufgefunden. In der Basilica zu Sabaria erhielt er seine Begräbnißstätte. In den Stürmen der Völkerwanderung, nach Tillemont etwa i. J. 378 oder 488, verließen viele Christen ihre Heimath Pannonien und zogen [17] nach Italien. Diese nahmen auch den hl. Leib ihres Bischofs und Patrons mit sich und brachten ihn nach Rom. Hier blieb er in der Kirche des hl. Sebastian bei den Katakomben aufbewahrt, bis ihn P. Innocenz II. i. J. 1140 in der Kirche der heil. Maria über der Tiber beisetzen ließ. Später wurden einige seiner Reliquien in andere Kirchen Roms, Aguitejas und Mailands (unter dem Bischof Angilbertus), und besonders auch nach Fulda, durch einen Römer Namens Sabbatinus unter dem hl. Rhabanus Maurus i. J. 838, wo sie in der St. Johanneskirche beigesetzt wurden, gebracht. Doch verehrt man zu Rom bei St. Maria in Campo Marzo sein Haupt und andere Reliquien bei St. Lorenzo in Lucina. Allenthalben geschahen mittelst derselben viele Wunder und in der ganzen Kirche wird Gott in diesem seinen treuen Zeugen gepriesen. Bei Molanus u. A. ist er mit dem hl. Quirinus3 verwechselt. Seine Uebertragung ist bei den Boll. zum 30. April angemerkt. Auffallend ist, daß im Proprium für das Königreich Ungarn und auch in dem der Mainzerkirche sein Name nicht vorkommt. Er ist Vatron gegen Gicht und Fußleiden. Das älteste von ihm vorhandene Bildniß ist wohl jenes in der Krypta der hl. Cäcilia zu Rom, wo er sich neben den hhl. Polycarpus und Sebastianus befindet. Sein Attribut ist ein Mühlstein, der ihm entweder (s. o.) auf den Leib gelegt ist, wobei er im Flusse schwimmt, oder im Wasser schwimmt, während der Heilige auf ihm kniet. Auf der Brücke sieht man den Statthalter u. andere Zuschauer. (I. 381–383.)
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