[759] 1S. Walburgis. V. Abbat. (25. al. 4. Febr., 27. Apr., 1. Mai, 4. Aug., 12. Oct.). Diese hl. Abtissin und berühmte Wunderthäterin hat viele Lebensbeschreiber gefunden. Schon der hl. Wilibald, ihr Bruder, wurde zu denselben gezählt, aber bis jetzt ist nichts gefunden worden, was diese Angabe bestätigen könnte. Aber in den über ihn und den hl. Wunibald vorhandenen Lebensbeschreibungen ist sie öfter erwähnt. Die erste Biographie ist von dem Benedictiner Wolfhard von Hafenried, welche eine Widmung an Bischof Erchanbald von Eichstädt (vom Jahr 884–809) an der Spitze trägt. Sie steht bei den Boll. an vierter Stelle; doch handeln nur die ersten fünf Capitel von ihrem Leben und Hinscheiden. Ihm folgte Bischof Adelbold von Utrecht, um das J. 1008. Ein sonst unbekannter Medibardus (Medingaudus) schrieb ihr Leben in Versen (Prosam Wolfhardus, rhythmum fecit Medibardus). Auch der Verf. der bei den Boll. an zweiter Stelle abgedruckten Lebensbeschreibung ist [759] unbekannt. Die Klosterfrauen von St. Walburg in Eichstädt haben gleichsam Nachlese gehalten, und wie schon Wolfhard eine Sammlung der am Grabe der hl. Abtissin geschehenen Wunder beifügen. lassen (gedruckt im J. 1594). Aeltere Denkmäler, welche bereits dem 9. Jahrh. angehören, und ihre Verehrung bestätigen, sind die schon zu jener Zeit ihr geweihten Kirchen und Altäre. Von spätern Bearbeitungen nennen wir: Crammer, heil. und gottsel. Eichstädt, S. 67–72, Eichstädt u. München 1780; Reichmayer, J. E., Lebensbeschreibung der heil. Aebtissin Walburgis, Eichstedt 1792; Hauber, die hl. Walburga und ihre gottselige Verwandtschaft, Augsburg, 1840; A. Schmid, S. J. Leben der hl. Walburga und ihrer heil. Brüder Willibald und Wunibald, Eichstätt 1850 und 1867. Zu nachfolgender Darstellung wurden auch die Bemerkungen Mabillons, der Commentar von Henschen, und andere Hilfsmittel, wie z. B. Rettbergs K.-G. Deutschlands, beigezogen. Die hl. Abtissin von Heidenheim welche auch Walburga, Gualburgis, Walpurga, Wallpurgis, selbst Wairurgis genannt wird, war (nach Angabe der zweiten Biographie des hl. Willibald) eine Tochter des hl. Fürsten Richard von England und (wahrscheinlich Stief-) Schwester der hhl. Willibald und Wunibald, und etwa um das J. 710 in England geboren. Als ihr Vater und ihre Brüder eine Wallfahrt zu den Gräbern der Apostelfürsten unternahmen, nahm sie wahrscheinlich den Schleier im Kloster Winburn (Winbrunn) in der Grafschaft Dorset. Andere fromme Schriftsteller geben an (Mabillon, l. c. IV. 347), daß sie diese Reise mitgemacht, und selbst die hl. Stätten in Palästina besucht habe. Gewiß ist, daß die hl. Walburgis auf Berufung des heil. Bonifacius in Gesellschaft der heil. Lioba und anderer Ordensschwestern um das Jahr 748 nach Deutschland kam, und zwei Jahre im Kloster Bischofsheim an der Tauber lebte. Indessen hatten ihre heiligen Brüder zu Heidenheim, am Hahnenkamm, außer einem Kloster für Männer, welchem der hl. Wunibald vorstand, auch ein solches für Frauen errichtet. Der hl. Willibald setzte dort seine Schwester als Abtissin um das J. 754 ein. Tag und Nacht, sagt ihre älteste Lebensgeschichte, verharrte sie im Gebete, immer oblag sie dem Wachen und Fasten, ihren Leib hielt sie von frühester Jugend in keuscher Zucht, das beständige Vorbild ihres Wandels, ihre einzige Zuflucht war und blieb ihr göttlicher Bräutigam, den sie unablässig anrief, daß Er, der sie im Glauben stark gemacht hatte, sie auch am Leibe rein erhalte. Sie war aber nicht Klosterfrau mit strenger Clausur, welche der weiblichen Missionsthätigkeit, der sie obliegen mußte, auch gar nicht entsprochen hätte, wie zwei wunderbare Vorfälle in ihrem Leben beweisen. Einst kehrte sie in finsterer Nacht aus der Kirche des Männerklosters, wo sie der Vesper beigewohnt und länger verweilt hatte, zu ihrem Kloster zurück. Der Custos dieser Kirche, Namens Goumeradus, hatte ihr keine Laterne gegeben, und sie war genöthigt, in der dunkeln Nacht ohne Licht das Kloster aufzusuchen. Die Ordensschwestern hatten bei ihrer Ankunft schon gespeist, und Walburgis ging ungespeist zu Bette. Als man aber um Mitternacht das Zeichen zur Mette gab, entstand plötzlich eine wunderbare Helle, welche alle Schlafgemächer und selbst den Boden durchdrang. Die hl. Abtissin pries den Herrn und dankte ihm mit lauten Worten, daß er sich würdigte, durch die milden Strahlen seiner Barmherzigkeit die Finsternisse des Schreckens zu verscheuchen. Als ihr Bruder Wunibaldim J. 761 mit Tod abgegangen, und sie über seinen Heimgang noch sehr im Herzen betrübt war, ging sie Nachts zu dem Hause eines reichen Gutsherrn zu Hohentruhendingen, dessen Tochter, wie sie wußte, am Sterben lag. Als dieser sie vor der Thüre seines Hauses stehen sah, ohne sie zu erkennen, forderte er sie auf, schnell einzutreten, damit sie nicht von seinen Hunden angefallen werde. Sie aber sprach: »Der mich unversehrt und ohne dein Wissen hieher geführt, wird mich auch unversehrt hinwegführen, ja Er wird auch, wenn du mit allen deinen Kräften an Ihn, als den Arzt der Aerzte glaubst, in dein Haus die Gabe der Gesundheit bringen.« Die Heilige ließ sich ins Gemach der Sterbenden führen, um welche die betrübten Eltern bitterlich weinten, und brachte die Nacht unter inständigem Gebete im Krankenzimmer zu. Als aber der Morgen graute, stand das [760] Mädchen gesund aus dem Bette auf. Die hocherfreuten Eltern empfahlen sich ihren frommen Gebeten, und wollten die hl. Walburgis mit Geschenken belohnen; sie aber nahm nichts an und kehrte, Gott dankend, zu den Ihrigen zurück. Daß sie auch den Mönchen als Abtissin vorgestanden sei, wie viele Neuere sagen, ist aus Wolfhards Lebensbeschreibung nicht ersichtlich2. Im J. 761 wohnte sie der feierlichen Beerdigung des hl. Wunibald in Heidenheim bei, worauf sie nach einigen Autoren am 25. Febr. 779, nach Andern im J. 780 oder später, im Herrn entschlief. Ihr heil. Leib wurde in dem Kloster Heidenheim beerdigt, um die Mitte des 9. Jahrh. aber durch den Bischof Otgar (Otker, Otkar, Ottokar), reg. vom J. 858–881, feierlich erhoben, und nach Eichstädt in die Kirche zum hl. Kreuze, die nachher ihren Namen erhielt, übertragen. Eine zweite Untersuchung und Erhebung der Reliquien veranstaltete im J. 893 Bischof Erchanbald, welcher einige Partikeln nach Monheim abgab. Da dieselben in der großen Sturm- und Drangzeit der fg. Reformation von den Lutheranern beseitiget wurden, so ließ der Bischof Johann Martin von Eyb im J. 1700 diesen Schaden durch eine neue Partikel ersetzen. Sonstige Theilchen derselben wurden in sehr vielen Kirchen (ad diversas per totum Francorum regnum provincias, heißt es bei Wolfhard) versendet. Ein Arm der Heiligen ist im Dome zu Eichstädt beigesetzt. In spätern Zeiten fanden noch mehrere Erhebungen statt; als Tage derselben sind genannt: 1. Mai, 25. Febr., 12. Oct., 21. Sept. Für das Bisthum Eichstädt wurde durch den Bischof Johannes Antonius II. von Freyberg-Hopferau (vom J. 1736–1757) eine viermalige Feier angeordnet: 25. Febr., 1. Mai, 4. Aug. und 4. Oct.; der 4. Aug. wird als Tag ihrer Ankunft (adventus S. Walburgis) begangen. In England, Belgien, Holland, im Elsaß und in Lothringen, sowie in ganz Deutschland (eine größere Reliquie befindet sich in der St. Peterskirche zu München) wurde ihre Verehrung und Anrufung, besonders in Augenleiden, sehr volksthümlich. In einem zu London im J. 1526 gedruckten Martyrol. von Salisbury fanden die Boll. ihren Namen zum 4. Febr. verzeichnet. Im Maimonate des J. 1871 wurde zu Eichstädt ihre Jubiläumsfeier großartig begangen. Der Tag ihrer Heiligsprechung ist (nach der Vita der Eichstädter Klosterfrauen) der 1. Mai; dieselbe wurde durch den Bischof Crehanbald (vom J. 884 bis 916) erwirkt. Andere schreiben dieselbe dem schon genannten Bischofe Otgar zu. Eben dieser Bischof ist der erste Stifter des noch bestehenden St. Walburgisklosters, das anfänglich von Canonissinnen bewohnt war, aber von dem Bischofe Heribert (vom J. 1022–1042) den Benedictinerinnen übergeben wurde. Die gegenwärtige Kirche ist von dem Bischofe Johann Christoph von Westerstetten im J. 1631 erbaut worden. In Heidenheim, welches zuletzt dem vormaligen Fürstenthum Bayreuth angehörte, ist die Verehrung der hl. Walburgis seit der gewaltsamen Einführung der lutherischen Religionsübung im Jahre 1528 erloschen; die schöne Klosterkirche ist noch vorhanden. Von dem sogenannten Oele, – die wasserähnliche Feuchtigkeit führt diesen Namen seit unvordenklichen Zeiten – welches aus ihrem Brustbeine fließt, eine Wundererscheinung, die nicht erst im J. 1040 eintrat, sondern schon im 9. Jahrh. durch den Bericht des ersten und ältesten Biographen bezeugt wird, erzählt Bischof Philipp von Rathsamhausen (vom J. 1306–1322), daß er seine heilsame Kraft selbst erfahren habe (quam gratiam curationis ipsi experti sumus), indem er durch den Gebrauch desselben von einer tödtlichen Krankheit (ad excidium vitae devenimus) befreit wurde3. Joh. Gretser S. J. hat zu Ingolstadt im Jahr 1610 eine eigene Abhandlung darüber herausgegeben. Die Feuchtigkeit fließt jetzt noch durch eine viereckige Oeffnung aus [761] dem darüber liegenden Steine, auf welchem die heil. Reliquien ruhen, durch silberne, dachrinnenartige Röhrchen in einen größern silbernen Behälter, und wird von hier aus in die Nähe und Ferne versendet. Sie wird als Abtissin, ein Oelfläschchen in der Hand, abgebildet. (III. 54–572.)