Einleitung.

Von der Heiligsprechung (Canonizatio).

1. »Seid heilig, weil Ich heilig bin« (3. Mos. 11, 44; 19, 2). So sprach Gott der Herr schon im Alten Bunde zu Seinem Volke, und auf diese Forderung weist auch der hl. Apostelfürst Petrus hin, wenn er zu seinen Christen sagt, daß sie »heilig seyn sollen in ihrem ganzen Wandel, wie Der heilig ist, der sie berufen hat« (1. Petr. 1, 15. 16). Gott hat nämlich die Menschen nach Seinem Ebenbilde erschaffen, und Er will daher, daß Alle Ihm, dem Urbilde, so ähnlich als möglich zu werden sich bestreben, damit einst Alle mit Ihm in der ewigen Herrlichkeit vereiniget werden. Deßwegen sagt auch der göttliche Heiland: »Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist« (Matth. 5,48); deßwegen fordert Er Alle auf, Ihm als Seine Diener nachzufolgen, damit, wo Er ist, auch Seine Diener seien (Joh. 12, 26). Diese Aufforderung ergeht an alle Menschen, besonders aber an die, welche Jesus durch Sein kostbares Blut erkauft hat. Jeder Mensch kann diese Aufforderung auch vernehmen; denn in einem jeden Menschen ruft eine Stimme: »Meide das Böse und thue das Gute.« Und wer diese Gottesstimme hört und ihr treulich folgt, der kann heilig seyn auf Erden und selig werden im Himmel. Niemand ist davon ausgeschlossen, der sich nicht selbst ausschließt, indem er der Gnade Gottes widersteht und seinen eigenen bösen Lüsten folgt.

2. Doch ist ein großer Unterschied zwischen heilig seyn und als heilig verehrt werden, oder (nach Matta) zwischen der Heiligkeit in der triumphirenden und der in der streitenden Kirche. Die Heiligkeit in der triumphirenden Kirche ist nämlich der Besitz und Genuß der ewigen Herrlichkeit, welche nach den verschiedenen Graden der Liebe zu Gott gegeben wird; die Heiligkeit in der streitenden Kirche ist doppelt: die eine im Leben, die andere nach dem Tode. Im Leben kann man von Solchen, welche sich durch ein ganz besonders sittlich reines »heiligmäßiges« Leben auszeichnen, sagen, daß sie im Rufe der Heiligkeit stehen, wie auch die ersten Christen »Heilige« genannt wurden (Röm. 1,7; Eph. 1,1; Col. 1, 1 etc.), und nach dem Tode nennen wir unsere Mitbrüder und Mitschwestern auch manchmal »selig«, indem wir z. B. sagen: »Mein seliger Vater, meine selige Mutter« etc., weil wir nämlich wünschen und hoffen, daß sie bereits der ewigen Seligkeit theilhaftig geworden sind; ja es gibt auch Viele, von denen wir als sicher annehmen dürfen, daß sie in der ewigen Herrlichkeit sich befinden, wie z. B. die nach der heil. Taufe verstorbenen Kinder und wohl auch andere wahrhaft fromme Christen, welche in allen Tugendwerken bis zum Tode ausharrten; aber im kirchlichen Sinne können nur diejenigen »heilig« genannt und als solche verehrt werden, von welchen es vollkommen gewiß ist, daß sie bei Gott im Himmel sind und als Seine Freunde mit Ihm regieren, was sich besonders durch Zeichen und Wunder zeigt, welche auf ihre Fürbitte von Gott gewirkt werden.

Um also in der triumphirenden Kirche heilig zu seyn, genügt die treue, bis zum Tode ausharrende Beobachtung der Gebote Gottes (Matth. 24, 13; Offenb. 2, 10); um aber in der streitenden Kirche als heilig anerkannt zu werden, sind neben dem ausgezeichnet heiligen Leben eines wahrhaft frommen Dieners Gottes nach seinem Tode [1] auch noch Zeichen und Wunder erforderlich, welche Gott auf seine Fürbitte wirkt und wodurch Er Seinen Willen manifestirt, daß Er diesen Seinen Diener und Freund auch auf Erden als heilig anerkannt und verehrt wissen wolle.

3. Ob nun aber bei einem solchen Diener Gottes wirklich solche nach seinem Tode gewirkte Wunder und Zeichen vorhanden seien etc., dieses zu untersuchen und darüber zu entscheiden, ist Sache der Kirche, welche sich durch ihr Oberhaupt darüber ausspricht in dem Acte der Heiligsprechung (Canonizatio), durch welche ein Diener Gottes feierlich unter die Zahl der Heiligen aufgenommen und in das als allgemeine Richtschnur (κάνων (geltende Verzeichniß (Catalogus, Album, Fasti) derselben eingetragen wird. Die Heiligsprechung ist also, wie Bangen1 (S. 214 f.) sich ausdrückt, »kein Jurisdictionsact über das Jenseits, sondern eine Disposition für die streitende Kirche; keine promotio ad gloriam, sondern ad cultum. Die Canonisation ist eben nichts anders als die nach strenger Untersuchung über den eminenten Grad der christlichen Vollkommenheit, welche durch unangreifbare Wunder bestätigt seyn muß, vom Oberhaupte der Kirche erfolgende Einverleibung eines Dieners Christi in den Katalog der Heiligen, d. h. in das Verzeichniß Jener, die von den ältesten Zeiten der Kirche her allgemein und öffentlich als Heilige verehrt und angerufen wurden. Mit dieser Einverleibung geschieht also von selbst die Erhebung eines solchen Dieners Christi zum Vorbild und zum Gegenstande der Verehrung und Anrufung für die Gläubigen. Je nach den Graden des Processes, welcher dem Acte der Canonisation vorhergeht, unterscheidet man die betreffende Person als servus Dei, d. h. als einen im Rufe der Heiligkeit Verstorbenen,2 über welchen die Untersuchung in Angriff genommen werden soll oder bereits eingeleitet ist; als venerabilis (ehrwürdig), sobald das Decret über die bestätigten eminenten Tugendgrade vorliegt (vgl. Nr. 54); als beatus (selig), sobald nach hinzugekommener Untersuchung über die Wunder durch feierlichen Act das Decret über dieses Prädicat veröffentlicht ist; als sanctus (heilig) endlich, nachdem durch wieder aufgenommenen Proceß, welcher namentlich auf neue, nach jenem Acte gewirkte Wunder sich bezieht, das Schlußdecret der Canonisation promulgirt worden ist.«

4. Wir haben für angemessen erachtet, daß in dem »Heiligen-Lexikon« das Wesentlichste von der Heiligsprechung (Canonizatio) vorkomme, und wie wir im Werke selbst schon einige Male darauf verwiesen haben, so wollen wir nun unter Benützung der hierüber erschienenen klassischen Werke des gelehrten Papstes Benedict XIV.3, dann des Bischofs Karl Felix de Matta4 und [2] des oben schon erwähnten (inzwischen zum Geistlichen Rathe etc. ernannten) Dr. Joh. Heinrich Bangen hier das Versprochene geben und zwar so, daß in gedrängter Kürze dargestellt wird

I. eine Geschichte der Canonisation;

II. das dabei thätige Personal;

III. das Proceßverfahren sebst und zwar

1. der bischöfliche (ordentliche) Proceß (Processus ordinarius),

2. der päpstliche (apostolische) Proceß (Processus apostolicus);

IV. die Beatification mit ihren Wirkungen;

V. die Canonisation mit ihren Wirkungen.


I.

Geschichte der Canonisation.

(Nach Matta l. c. I. 3. nr. 1. seqq.)


5. Schon im Alten Testamente ist die Verehrung der Heiligen in mehreren Stellen angedeutet, namentlich aber in dem Buche Jesus Sirach (Eccli. cap. 44–50), wo die durch ihre Tugenden und die von Gott an ihnen und durch sie gewirkten Wunder berühmten Männer als alles Lobes würdig den Israeliten vor Augen gestellt werden. Solche Männer sind: Henoch, Noë, Abraham, Isaak, Jakob, Moyses, Aaron, Phinees, Josua, Samuel, David, Elias, Elisäus etc.

6. Die 2. Synode von Nicäa (das 7. allgemeine Concilium) leitet die Verehrung der Heiligen von einem apostolischen Befehle her mit den Worten: »Die apostolischen Ueberlieferungen der Kirche, durch welche wir belehrt werden, die Heiligen zu ehren (honorare), anzurufen (adorare)5 und zu begrüßen (salutare), nehmen wir an und halten an ihnen fest (amplectimur), indem wir sie verehren als Diener und Freunde und Söhne Gottes.«

7. Der hl. Papst Clemens I., der nicht mit Unrecht als Coadjutor des hl. Apostels Petrus gilt, ernannte sieben Notare für die Stadt Rom, um die Thaten und Leiden der Martyrer zu beschreiben. Wahrscheinlich geschah dieß in Folge eines Auftrags des Apostelfürsten Petrus.

8. Dasselbe thaten die hhl. Päpste Anterus und Fabianus, welch letzterer für die einzelnen Stadttheile je einen Diakon bestimmte, auch sieben Subdiakonen zur Vervollständigung der von den Notaren gesammelten Acten bestellte. Nach dem Beispiele dieser heil. Päpste, oder auch in Folge apostolischer Tradition übertrugen dasselbe Geschäft die Bischöfe der einzelnen Kirchen erprobten Männern, um es so möglich zu machen, das Andenken der Martyrer zu bewahren und ihr Gedächtniß zu feiern. Die vorzüglichsten dieser Martyrer wurden zu diesem Zwecke mit der seligsten Jungfrau Maria und den hhl. Aposteln in den Kanonderheit. Messe aufgenommen, wo wir sie noch immer haben, und von Benedict XIV. (l. c. I. 4. nr. 13) ist ein Brief des hl. Papstes Gregorius des Großen angeführt, nach welchem die Namen vieler heil. Martyrer bei der täglichen Feier der heil. Messe erwähnt oder vielmehr die heil. Messen zu ihrer Verehrung gefeiert wurden. Es heißt nämlich: ... quotidianis diebus in eorum veneratione Missarum solemnia agimus. Dabei sagt der hl. Gregorius, daß in dem betreffenden »Codex« nur der Name des Martyrers, sowie der Ort und der Tag seines Leidens enthalten war. Dieß war denn der Canon κάνων oder Catalogus Sanctorum, in welchen die Heiligen aufgenommen wurden, und von welchem das Wort canonizo κανονίζω und Canonizatio herstammt, das somit eigentlich »Aufnahme in den Kanon« bedeutet.

9. Zur Zeit der Verfolgung der Kirche bestand also die Canonisation darin, daß der Name eines Martyrers mit Angabe des Martyriums, dann später wohl auch der dabei geschehenen Wunder etc., in Rom von den Notaren oder auswärts von den Bischöfen in die kirchlichen Verzeichnisse eingetragen wurde zu dem Zwecke, eine Gedächtnißfeier von ihnen halten zu können. Uebrigens wurden nicht blos die eigentlichen (vollendeten) Martyrer (Martyres consummati sive coronati), die nämlich wirklich ihr Leben für Jesus hingegeben in das Verzeichniß aufgenommen, [3] sondern auch diejenigen, welche zum Tode verurtheilt waren, ohne daß jedoch das Todesurtheil an ihnen vollzogen worden wäre (Martyres designati). Zu den Ersteren gehörten auch die Professores, d. h. nach Benedict XIV. (l. c. I. 2. nr. 5) solche, welche freiwillig vor dem Richter erschienen waren und sich zum Martyrtode angeboten hatten; zu den Letzteren die Confessores, d. h. diejenigen, welche ihren Glauben an Jesus vor dem Richter öffentlich bekannten und wohl auch viele Leiden erdulden mußten, aber doch nicht ihr Leben verloren. Wenn dann die kirchliche Anerkennung ihres Martyriums und die Autorisation zu ihrer Verehrung erfolgt war, hießen sie Martyres vindicati, sonst aber Martyres non vindicati. (Vgl. Nr. 56.)

10. Als die Zeiten der Verfolgung vorüber waren, erweckte der Herr Jesus doch fort und fort Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen etc., die durch die Heiligkeit ihres Wandels, durch tiefe, heilige Wissenschaft oder durch große Selbstverläugnung etc. (Luc. 9, 23) vor allen Andern glänzten, und nicht selten von Gott mit der Gabe der Wunder und Prophetie begnadigt wurden. Schon zu ihren Lebzeiten standen sie im größten Ansehen und genossen die Verehrung der Gläubigen; nach ihrem Tode aber wallten diese sehr zahlreich zu ihren Grabstätten, brachten Weihegeschenke, zündeten daselbst Lichter an und riefen die Heiligen als mächtige Fürbitter bei Gott in ihren Nöthen an. Auch wurden ihnen zu Ehren Altäre errichtet und Tempel gebaut. Solche fromme Männer, welche ihren Glauben an Christus zwar nicht durch den Martyrtod, aber doch durch ein ausgezeichnet tugendhaftes Leben etc. bekannten (Confessores oder »Bekenner« im gegenwärtigen Sinne des Wortes), waren im Oriente der hl. Hilarion, der hl. Ephräm etc., im Occidente aber der hl. Bischof Martinus von Tours, der im Jahr 402 starb und der erste war, welcher, ohne Martyrer zu seyn, gleich nach seinem Tode als heil. Bekenner verehrt wurde. Er hat deßwegen auch ein eigenes Officium, in welchem nicht undeutlich auf sein unblutiges Martyrium hingewiesen ist. Vgl. Bened. XIV. (l. c. I. 5. nr. 4. 5.)

11. Wenn nun diese Verehrung eines Verstorbenen durch das Volk vom Bischof gebilligt wurde dadurch, daß er dessen Namen, seine Tugenden, Wunder etc. in das Verzeichniß der Heiligen seiner Kirche eintrug, auch einen Gedächtnißtag für ihn bestimmte, so hatte dieses die Bedeutung der Canonisation.6 Wurde aber diese Verehrung blos geduldet, so entsprach dieses dem Begriffe der Beatification.

12. Aus den Heiligen-Verzeichnissen der einzelnen Kirchen entstand das für die ganze Kirche gültige Verzeichniß, d. i. das Martyrologium.7 Bei Veranstaltung des römischen Martyrologiums wurden aber nicht die Namen aller Heiligen, welche in einer Diöcese verehrt wurden, aufgenommen, sondern nur jene, über deren Heiligkeit die vollgültigsten Beweise (legitima documenta) vorhanden waren. Daher kommt es, daß in vielen Diöcesen viele Heilige und Selige verehrt werden, deren Namen das römische Martyrologium nicht enthält.

Eine andere Art der Canonisation war die, welche durch allgemeine Uebereinstimmung der ganzen Kirche geschah. Sie fand ihre Anwendung bei den Kirchenlehrern und andern heil. Vätern sowohl der griechischen als lateinischen Kirche, welchen unmittelbar nach ihrem Tode von allen Bischöfen, dem ganzen Klerus und dem Volke die Ehren der Heiligen erwiesen wurden, ohne daß ein ausdrücklicher Beschluß eines Bischofs oder des apostolischen Stuhles darüber gefaßt worden wäre, weil nämlich der Ruf ihrer Heiligkeit, Tugenden und Wunder schon über die ganze christliche Welt sich verbreitet hatte. (Vgl. unten Nr. 62.)

Uebrigens ward fast immer mit der Canonisation auch die Erhebung und Uebertragung des Leibes eines Heiligen oder seiner Reliquien verbunden, oder vielmehr es wurde hiedurch die öffentliche Verehrung desselben angezeigt undderen Genehmigung ausgesprochen. Matta (l. c. I. 3. nr. 11) führt mehrere Beispiele davon an, z. B. die Erhebung des hl. Gregorius des Großen, der hl. Gertrude, des hl. Bischofs Disibodus etc.

13. Als aber im Laufe der Zeit einige Bischöfe es mit der Aufnahme in das Verzeichniß der Heiligen etwas zu leicht nahmen und auch das Volk durch seine Wallfahrten Einige als Heilige verehrte, die ohne jegliches Merkmal der Heiligkeit verstorben waren, [4] da fing man an, Canonisationen nur mehr auf allgemeinen Concilien vorzunehmen. So bezeugen die Päpste Eugen III. und Alexander III. in den Canonisations-Bullen des hl. Kaisers Heinrich und des hl. Königs Eduard von England.

14. In der Folge wandten sich die Fürsten und das Volk an den apostolischen Stuhl, um die Canonisation eines Dieners Gottes zu erlangen; und im Jahr 1170 geschah es endlich, daß Papst Alexander III. die Canonisation und nach übereinstimmender Erklärung aller Canonisten auch die Beatification als ein päpstliches Reservat erklärte. Dieses geschah durch das so berühmt gewordene Kapitel Audivimus (Gregorii IX. Decr. lib. III. tit. 45. cap. 1). Dasselbe lautet also: Audivimus, quod quidam inter vos diabolica fraude decepti, hominem quendam in potatione et ebrietate occisum, quasi Sancti (more infidelium) venerantur. Cum vix pro talibus, in ebrietatibus peremtis, Ecclesia permittat orare. Dicit enim Apostolus: Ebriosi regnum Dei non possidebunt. Illum ergo non praesumatis ae cetero colere; cum, etiam si per eum miracula fierent, non liceret vobis ipsum pro Sancto absque auctoritate Romanae Ecclesiae venerari.

Damit wurden nun die Canonisationen durch den Diöcesanbischof förmlich aufgehoben. Uebrigens war es damals noch nicht verboten, der Verehrung gegen einen im Rufe der Heiligkeit Verstorbenen durch Anzünden von Lichtern bei seinem Grabe, durch Votivtafeln, Bilder u. s. w. Ausdruck zu geben. (Vgl. unten Nr. 38.)

15. Lange Zeit hielt man für die erste feierliche, vom apostolischen Stuhle selbst vorgenommene Canonisation die des hl. Bischofs Suitbertus von Werden (Verda) unter dem hl. Papst Leo III. (795–816), welche in einem Briefe des hl. Bischofs Ludgerus von Münster erwähnt wird. Indeß beweist Benedict XIV. die Unächtheit dieses Briefes sehr treffend, und zeigt dagegen (l. c. I. 8. nr. 2), daß die früheste derartige Canonisation die des hl. Bischofs Ulrich (Udalricus) von Augsburg im J. 993 unter Papst Johann XV. gewesen.8 Uebrigens war es damals nicht üblich, die Heiligkeit des Verstorbenen durch einen förmlichen Proceß zu erweisen, sondern es genügten die Versicherungen des Bischofs, in dessen Diöcese der Verstorbene gelebt hatte. Es waren nur informationes extrajudiciales nöthig. Auf dieselbe Weise wurde canonisirt: der hl. Bischof Petrus von Anagni durch Paschalis II.; der hl. Kaiser Heinrich I. (II.) durch Eugen III.; die hhl. Bernardus von Clairvaux und Thomas von Canterbury durch Alexander III. und der hl. Bischof Ubaldus von Gubio (Eugubium) durch Cölestin III. (1191–1198).

16. Unter Papst Innocentius III. (1198 bis 1216) wurden zur Canonisation schon Zeugen erfordert, welche beeidigt waren; so bei der Canonisation des hl. Homobonus von Cremona. Papst Honorius III. (1216 bis 1227) erließ nähere Bestimmungen über die Einvernahme von Zeugen und die Prüfung derselben. Nach dieser Art verfuhr man bei der Canonisation des hl. Erzbischofs Laurentius von Dublin, dann der großen Heiligen Franz von Assisi, Antonius von Padua, Dominicus, Elisabetha von Thüringen, ferner der hl. Martyrers Petrus aus dem Orden der Dominicaner, des hl. Bischofs Stanislaus von Krakau, der hl. Clara, des hl. Bischofs Richardus von Chichester (Cicestria) in England etc.

17. In der Folge, um diese Sachen mit möglichster Vorsicht zu behandeln, ordnete man eine zweifache Untersuchung an, und zwar sowohl über die Heiligkeit des Lebens, als auch über die geschehenen Wunder. Eine solche fand statt bei der Canonisation der hl. Hedwig durch Papst Clemens IV., des hl. Thomas von Aquin durch Papst Johann XXII. etc. Manchmal aber scheint doch auch nur eine einzige Untersuchung stattgefunden zu haben, z. B. bei der Canonisation des hl. Ivo durch Clemens VI. und der hl. Wittwe Brigitta durch Bonifaz VIII.

[5] 18. Mit welcher Strenge und Genauigkeit der hl. Stuhl fortan in Sachen der Canonisation verfuhr, davon haben wir Beispiele in den Verhandlungen über die Heiligsprechung des hl. Nikolaus von Tolentino, des hl. Bernardinus von Siena, des hl. Vincentius Ferrerius und der hl. Catharina von Siena. In dem Processe des hl. Nikolaus unter Papst Eugen IV. (1431 bis 1447) wurden 371 Zeugen vernommen, welche Alle über die geschehenen Wunder deponirten. Ihre Aussagen wurden in einem öffentlichen Consistorium geprüft, und dann noch drei Cardinäle vom Papste bestimmt, welche über die Fortdauer der Wunder Untersuchung anzustellen hatten. – Der Canonisation des hl. Bernardinus von Siena unter Papst Nikolaus V. (1447 bis 1455) ging eine vierfache Untersuchung voran, welche durch Cardinäle und Bischöfe geführt wurde. Nach Vollendung derselben wurde in einem geheimen Consistorium Bericht darüber erstattet, in einem zweiten gaben die Cardinäle ihre Vota, und in einem dritten auch die übrigen in Rom anwesenden Prälaten. Erst in einem vierten (allgemeinen) Consistorium wurde die Canonisation beschlossen. In Sachen des hl. Vincentius Ferrerius wurden vom Papst Nikolaus V. drei Cardinäle mit der Untersuchung beauftragt. Die in Rom lebenden Zeugen wurden von diesen selbst vernommen, die auswärts lebenden durch hiezu delegirte Bischöfe. Nach Schluß der Zeugeneinvernehmung wurde in zwei geheimen Consistorien darüber discutirt, dann nachmal in zwei allgemeinen, und erst in einem öffentlichen feierlichen Consistorium, wobei auch die übrigen Prälaten zugegen waren, die Heiligsprechung zum Beschlusse erhoben unter Papst Kalixtus III. (1455 bis 1458). Aehnlich verhielt es sich bei der Canonisation der hl. Catharina von Siena unter Papst Pius II. im Jahre 1461.

19. Aus all dem erhellt nun, daß es bis zu den Zeiten des Papstes Pius II. (1458 bis 1464) eine feststehende Norm für die Canonisation nicht gab, daß aber doch immer als wesentlich erfordert wurde vor Allem das dringende Gesuch eines Fürsten oder sonstiger Vornehmen um Canonisation eines Dieners Gottes, dann die Untersuchung über die Heiligkeit des Lebens und die Wahrheit der Wunder, ferner die Verhandlungen in einem oder mehreren Consistorien, und endlich die Zustimmung der Cardinäle und der übrigen in Rom anwesenden Bischöfe.

20. Unter Leo X. (1513–1521) erschien das römische Cäremoniale, in welchem die Art und Weise, wie in Canonisationssachen zu verfahren sei, genauer bestimmt wurde.9 Obwohl nun auch diese Bestimmungen durch die Decrete der nachfolgenden Päpste, besonders Urbans VIII., großentheils modificirt oder gänzlich beseitigt wurden, so glauben wir doch, sie kurz andeuten zu müssen. Diesen Bestimmungen zufolge soll auf das dringende Gesuch um die Canonisation eines im Rufe der Heiligkeit Verstorbenen, das von Seite eines Königs, Fürsten oder eines ganzen Volkes bei dem apostolischen Stuhle eingereicht wird, der Papst einige Bischöfe oder Prälaten jener Gegenden, wo der Verstorbene gelebt hat und begraben ist, mit einer allgemeinen Untersuchung über den Ruf der Heiligkeit, über die vom Volke dem verstorbenen Diener Gottes erwiesene Verehrung u. s. w. beauftragen. Diese Untersuchung hatte ohne gerichtliche Einvernahme von Zeugen zu geschehen, und war ihr Resultat an den apostolischen Stuhl zu berichten. Nachdem der Papst dasselbe dem heil. Collegium mitgetheilt hatte, wurde Berathung darüber gepflogen, ob die Sache wichtig genug scheine, daß sie weiter in Angriff genommen werde. Im bejahenden Falle wurden nun dieselben oder auch andere Prälaten zur Vornahme einer weitern Untersuchung bevollmächtigt. Diese mußte nach mitgeschickten Artikeln und Fragestücken, die sich auf das Verhör der Zeugen bezogen, vorgenommen werden. Sie hatte vorzüglich zum Zwecke, den heil. Stuhl über die ausgezeichnete Heiligkeit des verstorbenen Dieners Gottes, über die Reinheit seines Glaubens und über die Wunder, die auf seine Fürbitte geschahen, aufs Genaueste zu unterrichten. Die nach Rom übersandten Acten wurden nun einigen Auditoren des heil. Palastes übergeben, welche sie zu ordnen und dann über die richtige Vornahme des Processes zu berichten hatten. War das Resultat ihrer Untersuchung ein günstiges, so wurden die Acten vom Papste drei Cardinälen, nämlich einem Cardinal-Bischofe, -Priester und -Diakon zur weitern Prüfung und Begutachtung zugestellt. Nach einiger Zeit erstattete [6] diese Cardinäle in einem geheimen Consistorium Bericht und zwar zuerst über die Heiligkeit des Lebens und die Reinheit des Glaubens, sodann, wenn der erste Bericht günstig war, über die geschehenen Wunder. Dieser Berichterstattung folgte die Berathung, ob nach den gewonnenen Resultaten mit Recht zur Heiligsprechung geschritten werden könne. Die Entscheidung gab, nachdem die Meinung der Cardinäle gehört war, der Papst. War nun so die Canonisation beschlossen, so folgte nach einiger Zeit ein öffentliches Consistorium, in welchem der für diese Sache bestellte Anwalt in langer Rede für die Canonisation zu sprechen und am Schlusse um Vornahme derselben seine inständigen Bitten zu den Füßen des Papstes niederzulegen hatte. Dieser antwortete sodann im Allgemeinen und schloß mit der Aufforderung an die Cardinäle, sie möchten diese Sache wohl überlegen und auch ihre Gebete um Erleuchtung zu Gott emporschicken, auf daß die Kirche in einer so wichtigen Angelegenheit nicht irre.

Nach Verlauf von einiger Zeit wurde dann noch einmal ein geheimes Consistorium abgehalten, in welchem, nach Vortrag des Papstes, nicht nur die Cardinäle, sondern auch die an der Curie anwesenden Bischöfe und stimmberechtigten Aebte ihr Votum abgaben. Der Papst sprach ihnen sodann seinen Danl für ihren guten Rath aus, und bestimmte gewöhnlich bald darauf den Tag, an welchem die Feierlichkeit der Canonisation vorgenommen werden sollte.

Im Verlaufe der weitern Darstellung des processualischen Verfahrens in Beatifications- und Canonisationssachen wird man ersehen, daß diese im Cäremoniale des Papstes Leo X. enthaltenen Bestimmungen die Grundlagen bilden, auf denen später durch Erlaß neuer Decrete fortgebaut wurde.

21. Als Papst Sixtus V. durch die Bulle Immensa aeterni Dei ... vom 22. Jan. 1587 in der Stadt fünfzehn Congregationen errichtete, bestimmte er die Congregation der heil. Riten zur Vornahme des Processes, welcher der Beatification und Canonisation voranzugehen hat. Seine Worte lauten: ... diligentem quoque curam adhiheant circa Canonisationem Sanctorum festorumque dierum celebritatem. Er selbst jedoch nahm nach Benedict XIV. (l. c. I. 16. nr. 1. 2) am 2. Juli 1588 noch eine Canonisation, nämlich die des hl. Didacus, nach dem alten Gebrauche vor, ohne daß die Ritus-Congregation hiebei fungirt hätte; jedoch waren zur Prüfung der Acten nicht blos drei, sondern acht Cardinäle deputirt. Von nun aber trat dieser Fall nicht mehr ein, sondern der ganze Proceß wurde später durch die besagte Ritus-Congregation bethätigt.

22. Die wichtigsten Decrete in Bezug auf die Selig-und Heiligsprechung erließ Papst Urban VIII. (1623–1644). Sie bilden noch heutzutage die Norm, nach welcher der Proceß eingeleitet, fortgesetzt und auch zu Ende geführt wird. Eine Vervollständigung dieser Decrete erfolgte durch einige der nachfolgenden Päpste. Da aber im Verlaufe der Darstellung des Verfahrens bei Beatifications- und Canonisationssachen das in diesen Decreten Enthaltene ohnehin weiter auseinander gesetzt wird (Nr. 38 ff.), so können wir hier darüber hinweggehen.

23. Uebrigens können wir es am Schlusse dieser kurzen Geschichte der Canonisation nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, mit welcher großen Sorgfalt und Umsicht der apostolische Stuhl von jeher in dieser so hochwichtigen Angelegenheit zu verfahren pflegte. Gerade um jede Uebereilung und Beeinflussung von den Zeitgenossen des verstorbenen Dieners Gottes unmöglich zu machen, ist durch positive Gesetze bestimmt worden, daß erst 50 Jahre nach dem Tode des zu Beatificirenden die Verhandlungen zu diesem Zwecke beginnen können, obwohl die Einleitung hiezu, sowie das Zeugenverhör früher geschehen kann und auch in der Regel geschieht. Auch erklärt es sich aus der Wichtigkeit der Sache, warum die Päpste die Beatification ebenso wie die Canonisation als persönliches Reservat des apostolischen Stuhles erklärt haben, so daß bei dessen Erledigung weder das Collegium der Cardinäle, noch ein Legat, noch ein allgemeines oder Provincial-Concilium zur Vornahme einer Selig- oder Heiligsprechung berechtigt sind.10 Man hat gegnerischerseits oftmals eine gewisse Sorglosigkeit und Leichtgläubigkeit in Sachen der Heiligsprechung der römischen Kirche zum Vorwurfe gemacht. Mit welchem Rechte dieses geschehen konnte, möge man aus dem Angeführten und der folgenden Darstellung des Verfahrens in dieser Sache ersehen.

[7] Wir wollen nun einige Erklärungen geben über die Stellung und das Amt der Personen, die bei den Verhandlungen von Beatifications- und Canonisationssachen thätig sind.


II.

Das bei der Canonisation thätige Personal.

24. Wie schon oben (Nr. 21) angegeben worden, errichtete Papst Sixtus V. für die Behandlung wichtiger kirchlicher Gegenstände fünfzehn Congregationen. Die fünfte derselben ist die Congregation der heiligen Riten (S. R. C.) Nach der Institutionsbulle des genannten Papstes gehören die Beatifications- und Canonisationssachen zu den Geschäften dieser Ritus-Congregation. Bangen (S. 208) definirt die Congregation der heil. Riten als diejenige, »welche im Namen und Auftrag des Papstes nicht allein die äußere Ordnung beim öffentlichen Gottesdienste überwacht, sondern auch für die Reinerhaltung des Cultus in seiner ganzen Ausdehnung auf Grundlage der kirchlichen Tradition und positiver Gesetze, wie für die Hebung desselben durch Hinzufügung neuer Objecte der Verehrung sorgt.«

Die Cultus-Angelegenheiten theilen sich in ordentliche und außerordentliche; und demgemäß unterscheidet man auch eine Congregatio ordinaria und extraordinaria. Unter den außerordentlichen Cultus-Angelegenheiten versteht man die Canonisationssachen. Sie werden aber »außerordentliche« Cultus-Angelegenheiten genannt, weil zu ihrer Behandlung ein specielles päpstliches Mandat erfordert wird, und dieselbe in besondern, sowohl in Hinsicht auf die Zeit als auch auf das Personal von den ordentlichen verschiedenen, Sitzungen (Congregationes extraordinariae) geschieht.

25. Die Mitglieder der Ritus-Congregation, wenn sie Canonisationssachen zu behandeln hat, sind außer den Cardinälen, von denen einer nach der Bestimmung des Papstes die Präfectur bekleidet, noch der Secretär, der Monsignor Sacrista, der Protonotarius Apostolicus, der Promotor Fidei, der Magister Cäremonarium; ferner die drei ältesten Auditoren der Rota, der Auditor des Papstes, der Assessor der Inquisition, der Magister Sacri Palatii. Nach einer Bestimmung Pius' VII. gehört dazu noch der Assessor der Congregation, der zugleich Subpromotor fidei ist. Diese Prälaten nennt man Consultores nati S. Rit. Congregationis. »Consultoren« werden sie wohl deßhalb genannt, weil sie in den verschiedenen Stadien des Canonisations-Processes eine berathende Stimme haben; »geborne« (nati) Consultoren aber heißen sie im Gegensatze zu den einfachen Consultoren, welche in beliebiger Anzahl aus den bewährtesten Theologen und Canonisten jedesmal eigens ernannt werden. Diese Consultoren gehören größtentheils dem Säcularklerus an; mehrere Orden haben aber das Privilegium, daß immer ein Mitglied aus ihnen Consultor der Congregation der heil. Riten ist. So die Dominicanet, Observanten, Jesuiten, Conventualen, Barnabiten und Serviten; die drei erstgenannten seit den Zeiten Benedicts XIII. Es ist aber zu demerken, daß wenn über die Beatification oder Canonisation eines Dieners Gottes, der einem Orden angehörte, verhandelt wird, der diesem Orden angehörige Consultor in dieser Sache sein Amt nicht üben kann. Ausgenommen hievon sind nur solche, die in bischöflicher Würde stehen und der Magister des heil. Palastes.11

26. Die Anzahl der Cardinäle, welche als die wesentlichen Mitglieder der Congregation gelten, ist verschieden; bald größer, bald kleiner nach dem Ermessen des Papstes, von welchem auch die Ernennung derselben für dieses Amt geschieht. Sie haben die Pflicht, in den festgesetzten Sitzungen zu erscheinen und hier ihre Stimme nach ihrem Gewissen und ihrer Ueberzeugung abzugeben. Sind sie gehindert in der Sitzung zu erscheinen, so können sie auch schriftlich ihr Votum abgeben.12 Damit sie aber dieses mit Sicherheit thun können, sind sie gehalten, die ihnen überschickten Acten genau zu lesen, und auch die mündlichen Informationen, die zu ihrer Aufklärung angestellt werden, mit Aufmerksamkeit anzuhören. Durch Decret Urbans VIII. sind sie, sowie alle Consultoren der Ritus-Congregation, durch Eid zum strengsten Stillschweigen verpflichtet, und zwar unter der Strafe der Excommunicatio latae sententiae, welche dem Papste reservirt ist. Jedoch können sie mit den übrigen Mitgliedern [8] der Ritus-Congregation über die schwebenden; Canonisationssachen sich besprechen. Durch eben denselben Eid und unter der gleichen Strafe sind sie auch verpflichtet, etwaige Bittschriften, Empfehlungsbriefe oder mündliche Bitten, die auf Canonisation Bezug haben, dem Secretär der Congregation zu übergeben, damit sie so zur Kenntniß des Papstes gelangen. Auch ist es ihnen verboten, auf solche Briefe zu antworten, außer im Auftrage der Congregation.13 Wegen der vielen Geschäfte, welche den Cardinälen obliegen, ist es ihnen gestattet, zwei Vertraute (familiares) zur Aushilfe zu gebrauchen. Dieselben sind aber selbstverständlich zu ebendemselben strengen Stillschweigen verpflichtet und haben denselben Eid zu leisten.14

27. Einer der Cardinäle bekleidet das Amt der Präfectur. Seine Ernennung geht unmittelbar vom Papste aus. Seine Wirksamkeit erhellet am besten aus der Darstellung des Canonisationsprocesses selbst, Ebenfalls aus der Reihe der Cardinäle wird der Referent (Relator oder Ponens) genommen. Ehemals hatte die Congregation das Recht, denselben zu bestimmen; doch seit der Zeit des Papstes Alexander VII. wird auch er vom Papste ernannt. Es scheint aber Sitte geworden zu seyn, daß jener Cardinal, welcher das Referat über den vom Bischof eingeleiteten Proceß hatte, auch in dem apostolischen Processe als Referent ernannt werde (Bened. I. 16.) Er hat in den sogenannten ordentlichen und General-Versammlungen (Sitzungen) über den Stand der Sache und über die einzelnen Punkte zu referiren, und kann zu seiner Information die Consultoren zu einer Conferenz in seiner Wohnung versammeln. (Bangen, S. 233.)

28. In Canonisationssachen wurde ehedem der Secretär aus der Zahl der apostolischen Protonotare genommen, was jetzt nicht mehr der Fall ist. Dagegen ist es üblich, daß der Secretär der Congregation Bischof in partibus infidel. ist. Er hat die Aufgabe, den Cardinälen und Consultoren die Zeit und den Ort einer abzuhaltenden Versammlung mittelst eines versiegelten Billetes, welches auch den Namen des Referenten und die zu behandelnde Sache enthält, kund zu machen. Ferner hat er die Beschlüsse der Congregation zu bemerken, dem Papste Bericht zu erstatten, die Formeln der zu erlassenden Decrete zu entwerfen, sowie die Reinschrift gemeinsam mit dem Cardinalpräfecten zu unterzeichnen. Wenn irgend ein Decret der Bestätigung des Papstes bedarf, so erholt diese der Secretär in einer Audienz, welche ihm regelmäßig alle 14 Tage gewährt ist. Seine Ernennung geschieht durch den Papst. Zur Unterscheidung von dem Protonotar, der ehemals die Stelle des Secretärs bekleidete, wird er oftmals Prosecretär genannt.15

[9] 29. Wie oben angedeutet worden, war in früherer Zeit immer ein Mitglied des Collegiums der participirenden Protonotare Secretär der Ritus-Congregation. Seine Ernennung war ein Recht der Congregation, die in seiner Abwesenheit auch einen andern als Stellvertreter bestimmen konnte. Im Laufe der Zeit nun wurde ein eigener Secretär aus der Zahl der an der Curie anwesenden Prälaten aufgestellt; es verblieb aber doch dem Collegium der participirenden Protonotare das Privilegium, daß stets ein Mitglied aus demselben als Consultor natus der Ritus-Congregation von dem Papste ernannt wird, welchem eine besondere ausgezeichnete Stellung zukommt. Nach Decret des Papstes Urban VIII. muß er, so oft ein Canonisationsproceß in Rom selbst eingeleitet wird, dabei gegenwärtig seyn und dem Zeugenverhöre anwohnen. Der hiebei fungirende Notar ist ihm untergeordnet, und das Zeugenverhör muß bei Strafe der Nullität von dem Protonotar unterzeichnet seyn. Er hat auch, wenn das betreffende Decret der Congregation ausgefertigt ist, in Gegenwart des Präfecten und des Promotor fidei von den Acten die Siegel abzunehmen. In Abwesenheit des Secretärs vertritt er mit Zustimmung des Papstes dessen Stelle. Auch befindet sich in seinen Händen der Schlüssel zu dem Archive, in welchem die Acten der Canonisationssachen hinterlegt sind.16

30. Eine besonders wichtige Person bei den Verhandlungen der Canonisations-Angelegenheiten ist der Promotor fidei. Derselbe wird vom Papste aus dem Collegium der Consistorial-Advokaten genommen, und ist nicht blos geborner Consultor der Congregation, sondern hat auch noch einen weitern Kreis seiner Amtsthätigkeit. Er bildet den gesetzlichen Opponenten, und muß gegen die vom Postulator der Angelegenheit vorgebrachten Beweise für die Tugenden und Wunder des Dieners Gottes seine Einwendungen geltend machen, welche er aber schriftlich abzufassen hat. Deßhalb, weil er so die Canonisation oder Beatification zu hindern suchen muß, wird er vom Volke mit dem wenig schmeichelhaften Namen »Teufels-Advocat« (avvocato del diavolo) beehrt. Bei allen Acten der Canonisation muß er (tamquam pars formalis) citirt werden. Ist diese Citation unterblieben, so ist der Act ungültig. Ferner hat er die Fragestücke zu formuliren, dem Zeugenverhöre, der Visitation des Grabes etc. anzuwohnen. Er hat das Recht, sowohl in Nom, als auch, wenn außerhalb der Stadt ein Canonisations-Proceß eingeleitet wird, einen Subpromotor zu ernennen. In Rom ist gewöhnlich der Assessor der Congregation auch Subpromotor.17

[10] 31. Als Consultores nati gehören auch zur Ritus-Congregation die drei ältesten Auditoren der Rota. Seit dem Papste Innocenz XI. (1676–1689) ist ihre Stellung ganz gleich derjenigen der übrigen Consultoren. (Bened. I. 17. nr. 6.) Ehedem hatten sie einen größern Wirkungskreis. Schon vor den Decreten des Papstes Urban VIII. und auch nach dem Erscheinen derselben wurden die Proceßacten, welche von den Bischöfen nach Rom eingesandt waren, drei Auditoren der Rota, welche entweder vom Papste oder auch von der Congregation ernannt wurden, übergeben. Sie hatten die sogenannten Rubriken zu formiren, d. h. den Inhalt der Proceßacten unter ein gewisses Schema zu bringen; ferner über die Giltigkeit des Processes, über die Tugenden und Wunder unter Beirath ausgezeichneter Theologen und Mediciner ein Gutachten abzufassen und in den Sitzungen der Congregation mitzutheilen. Auch hatten sie, falls dieses nicht durch die Congregation selbst geschehen war, über all diese Dinge dem Papste Bericht zu erstatten. Dieses alles hat aber jetzt aufgehört, und sie haben nur mehr gleich den übrigen Consultoren ein berathendes Votum abzugeben.18

32. Wie die übrigen Congregationen, so hat auch die der heil. Riten ihren eigenen Notar. Während seine Wahl ehemals ganz nach Belieben der Congregation geschah, wird er jetzt von dem Papste designirt, erhält aber von der Congregation seine Anstellung, und wird ebenfalls beeidigt. Am Tage bevor die Congregation eine Sitzung hält, begibt er sich zum Secretär und Promotor fidei mit der Frage, ob sie seine Dienste nöthig hätten. Wenn gleich er allein für die Führung der Acten in Canonisationssachen durch Decret der Congregation vom 20. August 1625 privilegirt ist, so kann doch der Cardinalvicar (Generalvicar von Rom) sich eines andern Notars bedienen, wenn er in der Stadt selbst aus apostolischer Autorität einen Beatifications- oder Canonisationsproceß vornimmt.

Mit der Stelle eines Notars der Congregation ist immer auch die des Inspectors des Archivs verbunden, in welchem die Originalacten der Beatifications- und Canonisations-Angelegenheiten aufbewahrt werden. Die Congregation bedient sich bei ihren Verhandlungen nur der Abschriften, welche von den Originalien genommen und nach sorgfältiger Vergleichung von dem Notare beglaubigt (legalisirt) werden. Uebrigens ist der Notar insbesondere in seiner Eigenschaft als Inspector des Archivs dem Protonotar untergeordnet.19

33. Im Canonisationsprocesse treten auch nachfolgende Personen als mitwirkend auf, die noch eine besondere Erwähnung verdienen:

1) Die Consistorial-Advocaten. Von ihnen schreibt Bangen S. 65: »Die Consistorial-Advocaten leiten ihren Ursprung her von den sieben Defensores regionarii, welche sich schon zu den Zeiten des Papstes Gregorius des Großen erwähnt finden. Sie scheinen insbesondere in den Consistorien, wo anfangs noch die contentiösen Sachen verhandelt wurden, aufgetreten zu seyn. Mit der steigenden Würde dieser Versammlung erhoben auch sie sich zu größerm Ansehen. Als später alle Vorarbeiten für das Consistorium, namentlich Alles, was contentiöser Natur seyn konnte, auf die Consistorial-Congregation überging, war die Thätigkeit der in Rede stehenden Advocaten auf diese vorzugsweise beschränkt. Von dem ursprünglichen Auftreten in den Consistorien selbst blieb außer dem Gesuch um das Pallium für die Erzbischöfe und privileqirten Bischöfe, welches durch die Consistorial-Advocaten im Consistorium vorgetragen wird, nur noch eine Art Cäremonie übrig, indem nämlich noch jetzt einer der Consistorial-Advocaten in öffentlichen Consistorien mehr der bloßen Förmlichkeit halber die Beatification oder Canonisation irgend eines Dieners Gottes postulirt.« Da einerseits die Canonisationssachen zu den wichtigsten gehören, die an der Curie verhandelt werden, anderseits die Consistorial-Advocaten die ersten daselbst sind, so erfreuten sie sich des Vorrechtes, daß nur sie in diesen Angelegenheiten aufzutreten befugt waren. Da sie aber durch anderweitige Geschäfte oft sehr in Anspruch genommen waren, so bestimmte Papst Innocenz XI., daß die Congregation unter den Advocaten der Curie zwölf wählen soll, die dann in Canonisationssachen gebraucht werden dürften.

[11] Keiner aber soll mehr als sechs Canonisations-Angelegenheiten zugleich unter den Händen haben können.20

2) Nicht zu verwechseln mit den Advocaten sind die Procuratoren, welche die Procura der Parteien im weitesten Sinne vor Gericht übernehmen, während die Advocaten als Rechtskundige sich nur mit der Deduction des einschlagenden Rechtes befassen. Die in Canonisationssachen gebrauchten Procuratoren müssen aus dem Collegium Procuratorum sacri Palatii genommen werden. Papst Innocenz XI. verlieh ihnen dieses Vorrecht durch Decret vom 26. Nov. 1678 und bestimmte dabei, daß jeder derselben nur vier Canonisations-Angelegenheiten zugleich betreiben könne. Die an die Congregation eingereichten Schriftstücke müssen von dem Procurator unterzeichnet seyn. Uebrigens kann in jedem Stadium des Processes mit Zustimmung des Referenten der Procurator geändert werden.21

3) Für jede Canonisationssache muß auch ein Postulator aufgestellt werden und zwar von Seite derer, welche die Beatification oder Canonisation eines Dieners Gottes verlangen. Es ist natürlich, daß dieser in Rom selbst seinen Aufenthalt haben muß. Jedoch ist es nicht nothwendig, daß er in besonders hervorragender Stellung sich befinde. Gehört der zu Canonisirende einem geistlichen Orden an, so ist der Postulator meistens ein in Rom wohnender Priester dieses Ordens.22 Die Consultoren der Ritus-Congregation können jedoch niemals als Postulatoren sich gebrauchenlassen. So bestimmte Papst Clemens XII. durch Decret vom 11. März 1733. (Bened. l. c. lib. I. cap. 19. nr. 24.)

4) Weil die Aussagen der Zeugen in derselben Sprache, in welcher sie deponiren, niedergeschrieben werden müssen, so gebraucht die Congregation auch Uebersetzer (Interpretes). Diese werden vom Cardinalreferenten, nach Anhörung des Promotor fidei, erwählt. Die Uebersetzungen müssen von einem andern Sprachkundigen (Revisor) mit dem Originale verglichen werden. Beide, der Uebersetzer sowohl als der Revisor, sind vorerst zu beeidigen. (Bened. l. c. I. 19. nr. 10.)

5) Wo es sich um den Beweis von geschehenen Wundern handelt, bedient sich die Congregation der Beihilfe von Aerzten, Physikern, Mathematikern etc. Diese aber werden für jeden Fall eigens ernannt und geben nach genauer Prüfung der That. sachen ihre Gutachten. Ihre Ernennung geschieht durch den Cardinalreferenten, manchmal auch auf Vorschlag der Procuratoren.23

Nach diesen kurzen Bemerkungen über die bei Führung eines Canonisations-Processes handelnden Personen können wir in Folgendem zur Darstellung des Proceßverfahrens selbst übergehen.


III.

Proceßverfahren, und zwar

1. Bischöfliches (Processus ordinarius).

34. Der erste Proceß, der in Beatifications- oder Canonisationssachen vorgenommen wird, heißt in der Regel der bischöfliche oder Processus ordinarius, und zwar darum, weil er facultate ordinaria von dem Ordinarius des Ortes, wo der Diener Gottes gelebt hat, gestorben und begraben ist, eingeleitet wird. Der Ordinarius ist also der Bischof der Diöcese. Sollte derselbe aber auch die bischöfliche Weihe noch nicht erhalten haben, so thut dieses seinem Rechte doch keinen Eintrag. Zur Zeit der Erledigung des bischöflichen Stuhles geht dieses Recht auf das Capitel oder den Capitularvicar über. Auch jene, welche vom heil. Stuhle eine Art bischöflicher Jurisdiction (Jurisdictionem quasi episcopalem) erhalten haben, können solche Processe instruiren, z. B. der Generalvicar des Capitels vom Lateran, oder Missionäre in solchen Gegenden, wo kein Bischof sich findet.24 Indeß soll nach Benedict XIV. der Bischof mit Einleitung eines solchen Processes nicht sehr voreilig seyn, sondern erst dann denselben beginnen, wenn der Ruf der Heiligkeit des Dieners Gottes und der durch ihn gewirkten Wunder ein fast allgemeiner geworden ist und auch ununterbrochen fortdauert.25 In derselben Constitution bemerkt [12] der genannte Papst, daß, wenn der Diener Gottes, über dessen Beatification die Untersuchung gepflogen werden soll, Bücher geschrieben habe oder bei Abfassung von Werken irgendwie betheiligt gewesen sei, dieselben vor aller weitern Untersuchung einer genauen und strengen Prüfung unterzogen werden sollen. Dieses geschieht in der Absicht, um jedes unnöthige Verfahren in der Zukunft abzuschneiden. Denn wenn diese Schriften etwas enthielten, was für häretisch erkannt werden müßte, so wäre nie und nimmer an eine Beatification zu denken. Uebrigens muß auch der Beweis geliefert werden, daß diese Werke wirklich von dem Diener Gottes verfaßt sind, wenn nicht dieses notorisch ist.

35. Soll der Proceß begonnen werden, so ist vor Allem nothwendig, daß ein Procurator mit den nöthigen Vollmachten aufgestellt werde. Dieses geschieht durch ein specielles Mandat von Seite derjenigen Personen, welche die Beatification des verstorbenen Dieners Gottes wünschen. Statt einzelner Personen können aber auch ganze Genossenschaften eintreten, z. B. ein Collegium, ein Orden, ein ganzes Land u. s. w. Die Wahl zum Peocurator soll nur auf einen angesehenen Mann (fiat speciale mamdatum in aliquam gravem personam) fallen.26

Der mit den nöthigen Vollmachten versehene Procurator hat sodann im Namen seiner Mandanten und unter Vorlage seines Mandates an den Bischof der Diöcese die Bitte zu stellen, den Proceß einleiten zu wollen. In dieser Bitte aber muß wegen des oben (Nr. 14) angegebenen päpstlichen Reservates ausdrücklich als Zweck angegeben seyn, die von dem Bischofe gepflogene Untersuchung sammt der gefällten Sentenz zum nothwendigen weitern Verfahren an der apostolischen Stuhl zu senden (ad effectum illas transmittendi ad Sanctissumum Dominum Nostrum etc.27

36. Auf die also gestellte Bitte gibt der Bischof den Entscheid, ob er in eigener Person den Proceß führen wolle, oder ob das durch Andere zu geschehen habe. In letzterem Falle, wenn nämlich der Bischof durch Keankyeit, Schwäche, Alter oder andere Ursachen verhindert ist, die Führung des Processes selbst zu übernehmen, deputirt er zu diesem Geschäfte durch eigenes Decret mehrere höher gestellte Priester, z. B. seinen Vicar, den Bisthumstheologen, den Propst oder Decan des Domcapitels, mehrere Canoniker u. s. w. Diesen wird nun mit Zuziehung des Promotor fiscalis und eines Notars die Führung des Processes, nämlich die Vernehmung der Zeugen, die Visitation des Grabes etc., übertragen. – Die Schlußsentenz wird aber vom Ordinarius selbst gefällt.28 Zu bemerken kommt noch, daß sowohl der Promotor fiscalis, der die Stelle des Promotor fidei vertritt, als auch der Notar de officio fideliter exercendo beeidigt werden müssen. Ebenso der gebrauchte Cursor (Pedell).29 Der Procurator hat ebenfalls den Eid de calumnia vitanda et veritate dicenda zu leisten,30 sowie auch sämmtliche Zeugen, deren Vernehmung in einer Kirche oder Kapelle oder doch an einem Ehrfurcht gebietenden Orte vorgenommen werden muß, auf die heiligen Evangelien den Eid zu leisten haben. Von dieser Eidesleistung sind auch die Priester nicht ausgenommen.31 Das erste Actenstück des Processes enthält das Mandat und das in Folge desselben gestellte Bittgesuch des Procurators.

Die Grundsätze, nach denen der Proceß geführt werden soll, sind die im canonischen Rechte gewöhnlichen.

37. Der Proceß, der vom Bischof ordinaria auctoritate oder in dessen Namen von delegirten Richtern geführt wird, ist ein doppelter. Der erste wird genannt Processus de non cultu, vel de paritione Decretorum (sc. Urbani P. VIII.) Der zweite heißt Processus de sanctitate vitae (virtutibus) et miraculis. In einigen Fällen tritt an die Stelle des ersten der Processus super casu [13] excepto. Von diesen drei Fällen soll nun gehandelt werden.

38. Mehrere dem heil. Stuhle zur Kenntniß gekommene Mißbräuche bezüglich der ungeeigneten Verehrung einiger im Rufe der Heiligkeit verstorbenen Christen hatten nämlich den Papst Urban VIII. bewogen, nach dem Gutachten der Inquisition vom 13. März und 2. Oct. 1625 einige Decrete zur Hebung dieser Mißbräuche zu erlassen, und am 5. Juli 1634 erschien dann seine berühmte Bulle: Coelestis Hierusalem cives ..., durch welche die bisher erlassenen dießbetrefflichen Decrete feierlich bestätigt, mit neuen Anordnungen vermehrt und so, wie schon oben (Nr. 22) angedeutet, im Verfahren der Canonisation selbst wichtige Veränderungen vorgenommen wurden. Der wesentliche Inhalt dieser wichtigen Constitution32 ist folgender:

1) Es ist verboten, die Bilder derjenigen, die dem Rufe nach als Heilige oder Martyrer gestorben sind, aber von der Kirche weder beatificirt, noch canonisirt wurden, mit solchen Zeichen, die auf Heiligkeit und die auf Uebung eines Cultus hinweisen, z. B. Heiligenscheinen, Strahlen etc. geschmückt, in Kirchen oder Privat-Oratorien oder an irgendeinem öffentlichen oder Privatorte aufzustellen. Diesem Verbote unterliegt auch Alles, wodurch man Heiligkeit Verstorbenen andeuten könnte. Wo solche Bilder oder Aehnliches sich finden, sollen sie entfernt werden.

2) Bücher, welche das Leben, die Thaten, Wunder und Offenbarungen von Solchen enthalten, welche im Rufe der Heiligkeit gestorben sind, dürfen nicht im Druck verlegt werden ohne Approbation des Ordinarius. Dieser soll sie nur auf den Rath von frommen und gelehrten Männern, und nach erlangter Zustimmung des apostolischen Stuhles, an welchen zu diesem Zwecke Bericht zu erstatten ist, ertheilen.

3) Ohne besondere Erlaubniß des Bischofs oder des apostolischen Stuhles darf man am Grabe der nicht beatificirten oder canonisirten Diener Gottes keinerlei Votivtafeln oder gemalte Bilder oder Statuen etc. aufstellen, oder Lichter anzünden, um so zu erkennen zu geben, daß man auf ihre Fürbitte Gnaden und Wohlthaten erlangt habe.

4) Jedoch ist es den Vorständen der Kirche erlaubt, solche Votivtafeln etc. anzunehmen; nur müssen sie in der Sacristei oder an einem andern abgeschlossenen Orte verwahrt werden, »damit, wenn etwa der Herr die Verdienste solcher Menschen einmal durch die Ehre der Beatification oder Canonisation auf Erden sollte schmücken wollen, solche im gegebenen Falle dann durch den apostolischen Stuhl zu prüfende Beweise der Heiligkeit vorhanden seien,« wie es in der bezeichneten Constitution ausdrücklich heißt. Ebenso können die Kirchenvorstände etwaige Aussagen über geschehene Wunder oder erlangte Gnaden schriftlich aufnehmen, haben aber dieselben möglichst bald an den Ordinarius einzusenden.

5) Unter obigem Verbote aber soll nicht inbegriffen seyn der Cultus, welcher gewissen abgestorbenen Dienern Gottes in Folge allgemeiner Uebereinstimmung der ganzen Kirche oder der Aeußerungen von heil. Vätern, oder seit unfürdenklicher Zeit (per immemorabilem temporis cursum) oder mit seit sehr langer Zeit (longissimum tempus) bestandener wissentlicher Duldung des Ordinarius oder des apostolischen Stuhles erwiesen wurde; und damit bezüglich dieser Zeitbestimmung kein Zweifel obwalte, erklärte Papst Urban VIII. in der Bulle selbst ausdrücklich, daß damit eine das Maß von hundert Jahren überschreitende Zeit (tempus centum annorum metam excedens) gemeint sei. (Vgl. unten Nr. 42).

[14] 6) Es darf ein Cänonisations-Proceß in Rom weder angenommen, noch in demselben weiter vorgefahren werden, bevor nicht der Postulator juridisch bewiesen hat, und durch förmlichen Proceß und gefällte Sentenz des Ordinarius, sowie durch Entscheidung der Ritus-Congregation unzweifelhaft feststeht, daß entweder gegen die obigen Decrete nicht verstoßen worden, oder daß der Fall, um welchen es sich handelt, darunter nicht inbegriffen, d. h. der in der vorhergehenden Ziffer 5 vorgesehene Ausnahmsfall (casus exceptus) vorhanden sei.

Diese letztere Anordnung, die Papst Urban VIII. in der bezeichneten Constitution den früheren Decreten neu hinzugefügt hat, ist es denn vorzüglich, welche im bisherigen Canonisations-Proceß die oben erwähnte Aenderung veranlaßte, indem von jetzt an vor allem Andern der Processus super non cultu vel super paritione Decretorum Urbani VIII., d. h. darüber, daß dem betreffenden Diener Gottes bisher kein ungeeigneter Cultus erwiesen, somit den bezeichneten Decreten gehorcht worden sei, oder eventuell super casu excepto, d. h. darüber, daß ein Diener Gottes seit mehr als 100 Jahren vor den bezeichneten Decreten einen kirchlichen Cultus unbeanstandet erhalten habe, geführt werden muß. – Hierüber soll denn nun auch vor allem Andern hier gesprochen werden.


a) Processus super non cultu etc.


39. Der Verlauf dieses Processes33 de non cultu vel de paritione Decretorum ist in der Regel folgender: Der Procurator übergibt im Namen der Postulatoren zuerst dem Richter eine Reihe von Positionen (articuli, positiones), zu deren Beweis dieselben sich anerbieten. Diese Artikel enthalten Angaben über die Geburt, den Stand, das Leben, die Tugenden, den Tod und das Begräbniß des Dieners Gottes; ferner über die Wunder, die sowohl im Leben als auch nach dem Tode auf Fürbitte desselben geschehen sind. Auch davon wird Erwähnung gemacht, daß der Verstorbene schon bei seinen Lebzeiten in hoher Achtung beim Volke gestanden, und nach seinem Tode fortwährende Verehrung, jedoch nur die kirchlich erlaubte, genossen habe.

Bei der Uebergabe dieser Artikel, die nach verschiedenen Sachlage auch verschieden ind, muß der Promotor fiscalis zugegen seyn ind seine Einwendungen geltend machen. Diese beschränken sich regelmäßig darauf, daß der Beweis dieser Artikel nicht zugelassen werde, bevor sie nicht einer genaueren Prüfung von Seite des Bischofs oder des ordentlichen Richters unterzogen worden seien, wobei das Ueberflüssige ausgeschieden und Alles wohl erwogen werden soll. Der Bischof bestimmt sodann entweder einen einmaligen oder dreimaligen Termin, nach dessen Ablauf der Procurator wiederum Instanz erhebt um Zulassung der vorgeschlagenen Zeugen zum Beweise obiger Artikel. Diese selbst werden nun dem Promotor fiscalis übergeben, der nach ihnen die Fragen (interrogatoria) formulirt, auf welche die Zeugen zu hören sind. Das Zeugenverhör wird nach der feierlichen Beeidigung derselben in Gegenwart des Promotor fiscalis von dem Bischofe oder delegirten Richter unter Zuziehung des beeidigten Notars in einer Kirche, Kapelle etc., wie schon oben bemerkt, vorgenommen. Die Fragestücke sind alle so gefaßt, daß der befragte Zeuge immer eine bestimmte Antwort zu geben gezwungen ist. Die Aussagen der Zeugen werden in der Sprache niedergeschrieben, in welcher sie deponiren. Das Protokoll über die Aussage eines jeden Zeugen ist sowohl von diesem selbst, als auch von dem anwesenden Bischofe (ordentlichen Nichter), dem Promotor und dem Notar zu unterschreiben.

40. Nach Vollendung des Zeugenverhörs stellt der Procurator das Bittgesuch, es möchte nun auch die nothwendige Visitation der Grabstätte des Dieners Gottes vorgenommen werden (visitatio sepulchri). An dem bestimmten Tage begibt sich nun der Bischof (Richter) mit dem Promotor und dem Notar in die Kirche, wo der Leib des Verstorbenen begraben worden. Der Zweck dieser Visitation ist, sich durch Augenschein davon zu überzeugen, daß gegen die oben bezeichneten Decrete Urbans VIII. wirklich nicht gefehlt worden sei. Ueber den Befund der Kirche sowohl als der Grabstätte wird ein Protokoll aufgenommen. Auch werden mehrere Zeugen darüber vernommen, ob der verstorbene Diener Gottes wirklich hier ruhe, und ob stets die Begräbnißstätte im selben Zustande gewesen sei, in welchem sie sich jetzt befindet, oder ob etwa Veränderungen stattfanden und welche?

[15] 41. Der Visitation des Grabes folgt die Bitte des Procurators an den Ordinarius um Actenschluß und definitive Sentenz. Gegen diese Bitte muß wiederum der Promotor mit seinen Einwendungen gehört werden. – Nachdem so die wesentlichen Formen erfüllt worden, fällt der Ordinarius den definitiven Richterspruch,34 welcher nach Ablauf eines gestellten Termins in Gegenwart des Promotor fiscalis, des Procurators, des Notars und der aufgerufenen Zeugen publicirt wird.

Im günstigen Falle bittet der Procurator, es möchte eine legalisirle Abschrift von dem ganzen Processe genommen werden. Nach sorgfältiger Vergleichung der Abschrift mit dem Original in Gegenwart des Bischofs und des Promotor fiscalis wird auch darüber ein Instrument vom Notar aufgenommen. Die Originalien werden sodann in ein Couvert eingeschlossen und mit dem bischöflichen Siegel versehen. Das Couvert trägt die Aufschrift: Processus super non cultu servi Dei N. Das Ganze wird im Archive aufbewahrt, bis der andere Proceß über die Heiligkeit des Lebens (Nr. 43) vollendet ist, um dann zugleich mit diesem nach Rom gesendet zu werden. Nach Bened. XIV. (l. c. I. 22. nr. 3) kann aber heutzutage dieser Proceß super non cultu vom Ordinarius auch unterlassen und nur der de fama Sanctitatis etc. geführt werden, während dann der super non cultu auf Anordnung der Ritus-Congregation später vorgenommen wird. Nicht zu verwechseln hiemit ist die Beatificatio und Canonizatio aequipollens, von welcher unten (Nr. 57. 62) die Rede seyn wird.


(Processus super casu excepto.)


42. Durch die oben Nr. 38 (5) angeführte des Processes super paritione Decretorum der super casu excepto geführt werden muß.35 Der Zweck derselben ist nämlich, durch richterlichen Spruch festzustellen, daß wenigstens seit 100 Jahren vor den erschienenen Decreten des Papstes Urban VIII., also seit dem Jahre 153436, einem verstorbenen Diener Gottes mit Wissen und Zustimmung des Ordinarius der Diöcese öffentlicher kirchlicher Cult (Cultus ab immemorabili, auch Cultus immemorialis) zukomme. Die Act und Weise, wie dieser Proceß geführt wird, ist ganz dieselbe, wie sie im Vorhergehenden beschrieben worden ist. Es erscheint nämlich ebenfalls der aufgestellte Procurator vor dem Bischof, übergibt im Namen seiner Mandanten eine Reihe von Artikeln, um zu beweisen, daß dem fraglichen Diener Gottes dieser unfürdenkliche Cultus (Cultus immemorabilis) erwiesen worden sei, und stellt die inständige Bitte, der Bischof möchte nun den betreffenden Proceß führen zu dem Zwecke, daß man bei dem heil. Stuhle um die Heiligsprechung des Dieners Gottes sich bewerben könne. Der Bischof citirt nun, wenn ihm die Bitte zulässig scheint, den Promotor fiscalis, welcher dann seine Einwendungen macht, und später die Fragen formulirt, über welche die Zeugen zu vernehmen sind. Auch die Besuchungdes Grabes muß stattfinden. Wenn dann die Zeugen vernommen sind etc., fällt der Bischof die Sentenz, von welcher ein Formular bei Matta (l. c. V. 5. nr. 65. pag. 525) steht, und schickt das Ganze mit Gutachten an die Ritus-Congregation nach Rom, da in diesem Falle von dem Processe über die Tugenden und Wunder Umgang genommen wird, wenn nicht etwa andere Anordnungen von Rom kommen, in welchem Falle dann denselben genau entsprochen werden muß.


b) Processus super Sanctitate vitae etc.


43. An den oben (Nr. 39–41) bezeichneten ersten Proceß super non cultu reiht sich ein zweiter, welcher über die Heiligkeit des Lebens, d. h. über die Tugenden und Wunder des verstorbenen Dieners Gottes im Allgemeinen geführt wird. Derselbe heißt daher: Processus super vitae sanctitate, virtutibus et miraculis Servi Dei, oder auch de fama sanctitatis, virtutum et miraculorum. Die wesentlichen Formen, [16] welche dabei zu beobachten kommen, sind dieselben, wie sie oben schon angeführt wurden.37

Wiederum ist es nämlich der Procurator, der in einer schriftlichen Eingabe an den Bischof die Bitte um Vornahme dieses Processes stellt, und dieselbe sowohl durch eine Lebensskizze des Dieners Gottes, als auch durch Hinweisung auf den weitverbreiteten Ruf von dessen Heiligkeit und den geschehenen Wundern in Kürze rechtfertigt. Auch wird die Erledigung des eben erst geführten Processes super non cultu erwähnt. Die Citationen werden auf die schon geschilderte Art vorgenommen; ebenso werden auch die nöthigen Termine gesetzt und eingehalten. Auch in diesem Processe ist die Citation und Gegenwart des Promotors bei jedem Acte nothwendig. Die Fragestücke, welche von dem Promotor auf Grund der eingereichten Lebensbeschreibung formulirt werden, beziehen sich auf die Geburt, den Stand, den Tod, das Begräbniß des Dieners Gottes, auf den allgemein verbreiteten und fortdauernden Ruf seiner Heiligkeit, auf die Andacht (nicht cultus), sowie auf die (erlaubte) Verehrung des Volkes bei seinem Grabe, auf die heroischen Tugenden und die geschehenen Wunder. Daß die vorgeschlagenen Zeugen wieder beeidigt werden müssen, versteht sich von selbst.

Der Zweck, der durch diesen Proceß erreicht werden soll, besteht darin, dem heil. Stuhle genügende Momente darzubieten bei Entscheidung der Frage, ob hinlänglicher Grund vorhanden sei, den päpstlichen Proceß für die Beatification eines Dieners Gottes einzuleiten. Es ist daher nothwendig, daß die Zeugen in ihren Aussagen sich oft mehr über das Einzelne verbreiten, obgleich in der Folge der Zeit noch eine genauere Untersuchung über die einzelnen Thatsachen vorgenommen werden muß.

Nach Beendigung dieses Processes wird wiederum eine Abschrift von demselben genommen, und das Original, nachdem der Bischof dasselbe durch Unterschrift und Siegel legalisirt hat, in ein Couvert eingeschlossen, welches die Aufschrift trägt: Processus super Sanctitate vitae, virtutibus et miraculis Servi Dei N.

Hiemit ist Alles geschehen. was der Ordinarius ex autoritate propria in einer solchen Sache vornehmen kann; nur hat er den beiden Processen noch einen gutachtlichen Bericht beizulegen, und das Ganze dann nach Rom an die S. Rituum Congregatio zu übersenden, woher die weiteren Anordnungen zu erwarten sind.


2. Päpstliches (Processus apostolicus).


44. Der doppelte Proceß, welchen der Ordinarius vorzunehmen berechtigt ist, kann in Bezug auf Beatification oder Canonisation kein definitives Resultat erzeugen. Dieses wird erst gewonnen durch den apostolischen (päpstlichen) Proceß. Seit der Zeit des Papstes Sixtus V. bedienen sich, wie schon oben (Nr. 21) bemerkt, die Päpste zur Behandlung der Beatifications- und Canonisations-Angelegenheiten der Congregation der heil. Riten, als ihres ordentlichen Organes. Doch kann diese im Besitze dieses Wirkungskreises nicht selbstständig und gleichsam unabhängig vom heil. Stuhle in diesen Sachen verfahren, sondern sie bedarf immer eines speciellen päpstlichen Mandates sowohl zur Eröffnung des Processes, als auch zur weitern Führung desselben. Die Decrete, welche sie in einem solchen Processe erläßt, bedürfen stets der Genehmigung des Papstes; und das Endurtheil in allen Beatifications- wie Canonisations-Angelegenheiten wird immer vom Papste selbst gefällt.38

Die Congregation der Riten hält verschiedene Conferenzen (Congregationen) zur Behandlung der Beatifications- und Canonisations-Angelegenheiten, welche je nach ihrer Zusammensetzung Congregatio generalis, oder praeparatoria, oder antepraeparatoria heißen.

Die letztere wird in der Wohnung desjenigen Cardinals abgehalten, welcher mit dem Referate in der bezüglichen Beatifications- oder Canonisations-Angelegenheit betraut ist. Sämmtliche Consultoren nehmen an derselben Theil, und geben nach gründlicher Discussion der betreffenden Punkte ihr Votum. Der Zweck, der durch diese Congregatio antepraeparatoria erreicht werden soll, besteht darin, den Cardinal-Referenten (Ponenten) in den Stand zu setzen, über den Stand der Sache [17] Votum geben zu können. Um denselben Zweck bei allen Cardinälen, welche zur Ritus-Congregation gehören, zu erreichen, dazu dient die Congregatio praeparatoria. An dieser nehmen außer den Consultoren auch die Cardinäle Theil. Der Vortrag wird hier von dem Cardinal-Ponenten gehalten. Nur die Consultoren geben ihr Votum, nicht aber die Cardinäle. Der Ort, wo diese Congregation gehalten wird, ist der apostolische Palast.

Die wichtigste ist die Congregatio generalis. Nach den Decreten Urbans VIII. soll sie immer in Gegenwart des Papstes und nur dreimal im Jahre, in den Monaten Januar, Mai und September, stattfinden. Wie es sich von selbst versteht, ist es wieder der Cardinal-Ponent, der hier ausführlich referirt, die Cardinäle und Consultores nati geben ihre Vota; letztere aber haben nach Abgabe derselben sich zu entfernen, damit die Cardinäle noch freier sich über den Stand der Sache besprechen können. In dieser Congregation wird die Frage (dubium) über die Tugenden, die Wunder und überhaupt die Zulässigkeit der Beatification oder Canonisation behandelt. Auch dürfen nach Bestimmung Urbans VIII. nicht mehr als drei oder vier verschiedene Angelegenheiten zum Vortrage kommen. Seit Benedict XIV. aber werden gewöhnlich im Jahre nur zwei oder auch nur eine Generalcongregation gehalten, und können höchstens zwei Angelegenheiten zum Referate gelangen. Wenn zur gründlichen Discussion eines angeregten Dubiums die Zeit in einer solchen Generalcongregation nicht mehr ausreicht, so kann die Berathung darüber auch in der folgenden Congregatio ordinaria fortgesetzt werden. Der Secretär hat sodann darüber dem Papste zu referiren. Zur Besprechung wichtiger Incidenzfragen versammelt manchmal der Papst nur einige Cardinäle und Consultoren mit dem Secretär und Promotor fidei um sich. Eine solche Conferenz heißt dann Congregatio particularis.39

45. Der Verlauf des päpstlichen Processes stellt sich als folgender dar:

Die beiden Processe, die vom Ordinarius vollendet worden, werden nebst seinem gutachtlichen Berichte der Congregation der Riten übergeben. Diese Uebergabe geschieht durch den Procurator, welcher von den Postulatoren curatoren des heil. Palastes gewählt und durch förmliches Mandat zur Betreibung dieser Sache aufgestellt wird. Der Procurator erwählt sich noch einen Advocaten aus der Zahl jener, welche zu Canonisations-Angelegenheiten gebraucht werden dürfen. (Vgl. oben Nr. 33.) Zugleich mit den beiden Proceßacten überreicht der Procurator noch ein Memoriale, welches einen kurzen Lebensabriß des Dieners Gottes enthält, und mit der Bitte um Oeffnung der (versiegelten) bischöflichen Processe, sowie um Ernennung eines Cardinal-Relators schließt. Zur Unterstützung dieser Bitte werden auch noch jene Schreiben von fürstlichen Personen, Bischöfen, angesehenen Corporationen etc. beigelegt, welche den Wunsch und die Bitte um Beatification oder Canonisation des betreffenden Dieners Gottes enthalten.40 Denn, wie sich Papst Urban VIII. in seinen Decreten ausdrückt, es soll der apostolische Stuhl nicht sogleich, sondern erst auf anhaltendes eifriges Bitten von angesehenen Personen sich auf Behandlung einer solchen Sache einlassen.41

Auf diese Bitten erläßt die Congregation in einer ordentlichen Sitzung das Decret, daß die Proceßacten entsiegelt werden dürfen, was sofort in Gegenwart des Cardinalpräfecten und des Promotor fidei durch den apostolischen Protonotar der Congregation zu geschehen hat.42

Auf den durch den Secretär hierüber erstatteten Bericht wird vom Papste ein Cardinal-Relator für die ganze Angelegenheit ernannt. Dieser erstattet in der nächsten ordentlichen Sitzung Bericht über den Inhalt der Processe, die Beobachtung der wesentlichen Formen bei Führung derselben, die beiliegenden Bittgesuche und das specielle Mandat des Procurators. Die ser Bericht schließt mit dem Antrage, es scheine aus den beigebrachten Schriftstücken mit Sicherheit hervorzugehen, daß man die Frage, ob eine Commission zur Einleitung des Processes ernannt werden soll, aufstellen und behandeln könne. (Ideo cum ex praedictis constet de requisitis, videtur locus esse propositioni commissionis super [18] introductione causae juxta formam novissimorum Decretorum.43

46. Nach Verlauf einiger Zeit wird nun die Frage (dubium) zur Behandlung gebracht: an locus sit admissioni commissionis manu Sanctitatis signati? d. h. ob man Sr. päpstlichen Heiligkeit rathen könne, daß sie die Generalcommission für die Leitung des ganzen Processes an die Congregation erlasse. Derselbe Cardinal erstattet, nachdem er zuvor den Promotor fidei mit seinen Einwendungen gehört hat, einen ausführlichen Bericht über den Stand der Sache, d. h. darüber, ob nach den vorliegenden Beweisen für den Ruf der Heiligkeit, für die Tugenden und Wunder nach der Wichtigkeit der Personen, welche ihre Gesuche eingereicht, kurz nach der ganzen materiellen und formellen Lage der Sache, der heil. Stuhl seine Autorität interponiren, nämlich die Generalcommission für die Leitung des Processes an die Ritus-Congregation geben könne.44

Gibt die Congregation die bejahende Antwort: (affirmative si videbitur Sanctissimo, oder auch: Videtur, si Sanctissimo placuerit, commissionem admitti vel signari posse), so wird diese Entscheidung durch den Secretär dem Papste berichtet, und derselbe erläßt, sofern er sie bestätigt, die General-Commission für die Leitung des ganzen Processes an die Congregation der Riten. Doch geschieht dieses nicht sogleich, sondern nach einer Bestimmung des Papstes Innocenz XI. muß von dem Empfang der bischöflichen Processe in Rom bis zum Erlasse der General-Commission ein Zeitraum von zehn Jahren verflossen seyn. Auch muß der Ordinarius die Fortdauer des Rufes der Heiligkeit des verstorbenen Dieners Gottes wiederholt bestätigt haben.45

47. Das erste Geschäft der Congregation, nachdem sie die berührte Generalvollmacht erhalten hat, betrifft die Revision des vom Ordinarius vorgenommenen Processus super non cultu oder statt dessen super casu excepto. Es wird daher mit dem Promotor fidei das Dubium »concordirt«, d. h. die Frage vereinbart: An Sententia Ordinarii N. super non cultu confirmanda sit vel infirmanda? Zum Zeichen, daß das Dubium mit dem Promotor fidei, wie man zu sagen pflegt, »concordirt« worden, wird es von dem Cardinal-Relator nach einer bestimmten Form unterzeichnet.46

Es ist nun Sache des Procurators, mit Hilfe des ihm zugesellten Advocaten die Vertheidigung der bejahenden Antwort in einer sogenannten Informatio super dubio zu geben, gegen welche der Promotor fidei ex officio seine Einwendungen (Animadversiones) schriftlich zu machen hat. Sowohl die Information des Procurators als auch die Gegenschrift des Promotors werden in der Officin der apostolischen Kammer, welche nach einem Breve des Papstes Alexander VII. vom 9. April 1661 allein hiezu befugt ist, gedruckt und an die Cardinäle vertheilt.

In einer ordentlichen Sitzung kommt nun diese Frage zur Verhandlung, wobei der Cardinal-Relator Bericht erstattet. Lautet der Entscheid dahin, daß der Proceß zu bestätigen sei, wenn Se. päpstliche Heiligkeit es genehmige, und ist auf Bericht des Secretärs diese Genehmigung erfolgt, so wird nun die folgende Frage gestellt: An sint concedendae litterae remissoriales et compulsoriales ad effectum conficiendi processum super sanctitate vitae, virtutibus et miraculis dicti Servi Dei in genere?

Dieses Dubium muß wieder mit dem Promotor fidei »concordirt« und vom Cardinal-Relator unterschrieben seyn. Der Procurator hat die bejahende Antwort zu vertheidigen, der Promotor aber seine Einwendungen zu machen.

Entscheidet nun die Congregation auf erstatteten Bericht: dandas esse remissoriales in genere, und erhält dieser Entscheid die päpstliche Sanction, so hat nun die aus päpstlicher Autorität vorzunehmende General-Inquisition über das Leben, den Ruf der Heiligkeit, die Tugenden und Wunder des Dieners Gottes zu beginnen.47

48. Zu diesem Zwecke werden nun von der Congregation die Remissorial-Schreiben (in genere tantum et non in specie) an mehrere Bischöfe oder Prälaten jener Diöcesen oder Provinzen expedirt, wo der Diener Gottes gelebt hat, und wo man sichere Nachrichten [19] über ihn gewinnen kann. Diesen Schreiben sind Fragestücke, vom Promotor formulirt, und Beweisartikel beigelegt, über welche die Zeugen zu vernehmen sind. Die Bischöfe handeln hier ex autoritate apostolica und haben sich genau an die in den Remissorialbriefen vorgeschriebene Form zu halten. Die Führung dieser Untersuchung geschieht genau so, wie oben beim Processe super non cultu (Nr. 39–41) angegeben worden. Der Zweck dieses Processes ist kein anderer als der, dasjenige, was bereits vor dem Bischofe vorläufig erwiesen worden ist, nun gegenüber dem apostolischen Stuhle definitiv zu beweisen. Dieser Proceß bildet gleichsam das Fundament, auf welchem weiter fortgebaut werden kann, wie Papst Urban VIII. in seinen Decreten Matta V. 2. nr. 55) sagt: In hac prima remissoria super inquisitione generall fieri solet magnum fundamentum, et merito, quia si non probatur fama sanctitatis in loco praesertim, ubi mortuus fuerit ille, pro quo instatur, concedi non solet remissoria in specie, et propterea nunquam debet omitti inquisitio in genere.

49. Nach Beendigung dieser Untersuchung werden die Acten nach Rom eingesandt und von der Congregation auf die gewöhnliche Weise geöffnet. Ueber diesen Proceß werden nun zwei Dubien gebildet. Das erstere betrifft die Gültigkeit (validitas) desselben, das zweite bezieht sich auf den Erweis (Probatio) des Rufes der Heiligkeit etc. des Dieners Gottes. Beide Dubien kommen in einer ordentlichen Sitzung der Congregation auf das Referat des Cardinal-Relators zur Lösung. Zuvor aber hat der Procurator die Informatio super dubio zu verfassen, und der Promotor seine Gegenbemerkungen (Animadversiones) abzugeben. Manchmal werden beide Dubien in Eines zusammen gezogen, was nur mit Genehmigung des Papstes geschehen darf, und dann lautet die Formel also: An constet de validitate et relevantia processus super inquisitione in genere, ut deveniendum sit ad inquisitionem in specie, et remissoria desuper concedenda, in casu et ad effectum de quo agitur?

50. Ist die Lösung dieser beiden Dubien glücklich vollendet und hat sie die Sanction des Papstes erhalten, so werden nun von der Congregation die Remissorien in specie an dieselben oder auch an andere Bischöfe überschickt, wieder mit Beweisartikeln und Fragestücken versehen. Die Untersuchung hat in der gewöhnlichen Art und Weise zu geschehen, und es ist bei denselben auf die einzelnen Thatsachen, auf die kleinsten Umstände etc. großes Gewicht zu legen. Nachdem diese Proceßacten in Rom eingetroffen und von der Congregation entsiegelt sind, wird nun sogleich das Dubium gebildet: An constet de validitate processus in specie peracti, ac testes in eo sint rite et recte examinati, et jura producta legitime compulsata in casu ...? Die Antwort darauf erfolgt in einer spätern ordentlichen Sitzung.48

51. Nach erlangtem Entscheide über die Gültigkeit des Processes ist es möglich, daß ein längerer Stillstand in der Führung desselben eintritt. Dieses ist nämlich dann der Fall, wenn von dem Tode des Dieners Gottes noch nicht volle fünfzig Jahre verstossen sind. Denn nach zwei Decreten des Papstes Urban VIII. (Matta l. c. V. 2. nr. 43. 62) darf erst nach Verlauf von 50 Jahren über die Tugenden und Wunder eines Dieners Gottes zum Behufe der Beatification die Discussion begonnen werden. Sind diese 50 Jahre noch nicht vorüber, so müssen die Acten versiegelt und im Archiv deponirt werden. Erst nach Ablauf dieser Zeit, und dann nur in Folge eines besonderen Befehles von Seite des Papstes, darf in Führung des Processes weiter geschritten werden.

52. Der nächste Act, der nach Ablauf der nothwendigen 50 Jahre erfolgt, ist die Aufstellung des Dubium: An constet de virtutibus theologalibus, fide, spe et charitate, et cardinalibus, prudentia, justitia, fortitudine et temperantia, earumque adnexis, in casu et ad effectum, de quo agitur? Unter diesen Tugenden werden besonders genannt die drei theologischen (Glaube, Hoffnung, Liebe) und die vier Cardinal-tugenden (Klugheit, Gerechtigkeit, Starkmuth. Mäßigkeit), in welche aber wohl alle übrigen christlichen Tugenden eingeschlossen sind. Tiefe Tugenden müssen in einem heroischen. d. h. in einem solchen Grade geübt worden seyn, daß dadurch die Tugenden eines sonst fromm lebenden Christen weit übertroffen werden, und es ist dabei die große Schwierigkeit (arduitas) in der Ausübung, sowie die [20] freudige Bereitwilligkeit, mit welcher sie fortwährend ausgeübt wurden, ins Auge zu fassen. (Vgl. Benedict. XIV. l. c. I. 21. nr. 10. 11.) Den Beweis dafür, daß der Diener Gottes diese Tugenden im heroischen Grade geübt habe, hat der Procurator zu liefern. Er verfaßt zu diesem Zwecke eine Informatio super dubio, welche in der Regel sehr weitläufig ist. Es müssen hier alle einzelnen Thatsachen, mit den sprechenden Zeugnissen hiefür, aus dem Leben des Dieners Gottes aufgezählt, die gleichartigen zusammengestellt, sodann an den einzelnen der ausgezeichnete Tugendcharakter, wie auch die Bereitwilligkeit und Beharrlichkeit in Ausübung derselben nachgewiesen werden. Daß dieses sehr schwierig sei, und daß hiebei dem Promotor fidei zum Angriffe, welchen derselbe wieder ex officio zu machen hat, das weiteste Feld gewährt ist, wird Jedermann leicht erkennen.49 Auf diesen Angriff (Animadversiones) wird in der Regel wieder von dem Procurator mit Hilfe seines Advocaten Antwort Responsio) ertheilt. Auch diese Schriften werden zugleich mit einem treuen Acten-Auszuge (Summarium),50 in welchem das Gleichartige zusammengestellt ist, in der apostolischen Kammer gedruckt und an die Cardinäle vertheilt.

53. Der definitive Entscheid über dieses Dubium erfolgt in der vor dem Papste abzuhaltenden General-Congregation, welcher also, wie oben angegeben wurde, die Congregatio antepraeparatoria und praeparatoria vorangehen müssen. Oefters aber geschieht es, daß der Papst nur die Vota der Mitglieder der General-Congregation anhört und mit seinem Entscheid noch zurückhält, um im heißen Gebete den göttlichen Willen in einer so wichtigen Sache zu erforschen. Später gibt dann Se. päpstliche Heiligkeit ihre Entschließung in Gegenwart des Cardinal-Präfecten, des Promotor fidei und des Secretärs der Congregation kund, mit dem Befehle, das Decret hierüber auszufertigen.51

[21] 54. Wenn dieses Decret vorliegt, dann kommt nach Bangen (vgl. Nr. 3) dem »Diener Gottes« das Prädicat venerabilis (ehrwürdig) zu. Doch kann nach Benedict XIV. (l. c. I. 37. nr. 4) auch schon jener »Diener Gottes« venerabilis heißen, in dessen Beatifications-Angelegenheit vom heil. Stuhle die Generalcommission an die Ritus-Congregation ertheilt ist (vgl. Nr. 46). Die Stelle bei Benedict XIV. lautet so: »Venerabilis« Dei Servus dicitur is, cujus fama Sanctitatis judicialiter probata sit ... Tales stricte sunt juxta consuetudinem Congregationis Rituum ii, in quorum causis signata est Commissio introductionis. Weiter heißt es dann ebenda, daß in früheren Zeiten sehr viele Männer, die im Rufe der Heiligkeit starben, diesen Titel erhielten, besonders wenn sie Bischöfe oder Priester gewesen waren. Auch bei Lebzeiten wurden Päpste, Bischöfe, katholische Fürsten etc. manchmal venerabiles genannt. »Uebrigens wird,« wie Hr. Geistlicher Rath Bangen auf geschehene Anfrage uns gefälligst erwiderte, »das Prädicat venerabilis nicht förmlich verliehen und bezeichnet auch keinen besondern Grad des Cultus, sondern ist nur durch den usus entstanden. Darum kann es nicht auffallen, daß dieser usus sich nicht stets gleich blieb. Unerlaubt ist es auch noch gegenwärtig nicht, dieses Prädicat privatim oder auch in öffentlichen Vorträgen aus besonderer Ehrfurcht schon früher anzuwenden; aber als ein feststehender, mit Recht gebührender Titel wird es nach heutigem Brauche angesehen, sobald das Decretum de virtutibus emittirt ist.« – Nach Benedict IV. (l. c. I. 37. nr. 2) kann auch das Prädicat Servus Dei, das sonst die Aebte erhielten, Allen zu Theil werden, welche im Rufe der Heiligkeit starben, wenn auch ihre Canonisation nicht eingeleitet wurde; denn sowohl im alten als im neuen Testamente werden jene »Diener Gottes« genannt, welche durch besondere Tugenden sich auszeichneten etc. – Daß solche im Rufe der Heiligkeit verstorbene »Diener Gottes« das Prädicat pius (gottselig) erhalten, haben wir zwar bei Benedict XIV. nirgends finden können; doch läßt sich dieses wohl theilweise als usus betrachten, wie es denn z. B. neben einem »heiligen Westfalen« (Westfalia sancta) auch ein »gottseliges Westfalen« (Westfalia pia), neben einem »heiligen« ein »gottseliges« Schweizerland etc. gibt, welches jene frommen Personen enthält, die im Rufe der Heiligkeit lebten und starben, ohne daß übrigens von ihrer Canonisation je die Rede gewesen wäre.52 Vgl. Nr. 3. Note 2.

55. Wenn das vorgenannte Dubium seine erfolgreiche Lösung gefunden hat, so wird nun ein zweites aufgestellt: An et de quibus miraculis constet, in casu et ad effectum, de quo agitur? Nach Benedict IV (l. c. IV. 1. nr. 6. seqq.) gibt es dreierlei Arten von Wundern, nämlich a) supra naturam, wenn von Gott ein Erfolg bewirkt wird, der von der Natur entweder gar nicht oder doch nicht in dieser Weise bewirkt werden könnte, wie z. B. Todtenerweckung etc.; b) contra naturam, wenn in der Natur eine Disposition bleibt, die dem von Gott bewirkten Erfolge entgegen ist, z. B. die Theilung des rothen Meeres beim Durchgange der Israeliten, und c) praeter naturam, wenn der erzielte Erfolg zwar durch Naturkräfte bewirkt werden könnte, aber nicht auf die von Gott bewirkte Art, z. B. plötzliche Krankenheilungen etc. Nach constanter Praxis des apostolischen Stuhles müssen wenigstens zwei Wunder, welche auf Fürbitte des Dieners Gottes nach seinem Tode53 [22] geschehen sind, vollständig bewiesen seyn, bevor von der Beatification die Rede seyn kann; es genügen übrigens Wunder der dritten Art. Die Lösung dieses Dubiums geht ebenso vor sich, wie die des vorigen; doch ist der Beweis für die Wunder54 noch schwieriger und complicirter als jener für die Tugenden. Die Untersuchungen über die Wunder werden auch Aerzten und Chirurgen vorgelegt, welche ihre Meinung schriftlich darüber abgeben, ob die angeblichen Wunder nicht etwa durch natürliche Mittel hervorgebracht werden konnten. Wenn der Beweis für eines von den zu erweisenden Wundern mißlingt, so fällt für diesmal der ganze Beatifications-Proceß, bis neue Wunder gewirkt werden. Auch bemerken wir, daß, wenn die vom Procurator beigebrachten Beweise sowohl für die Tugenden als für die Wunder der Congregation nicht genügend erscheinen, dieselben nicht mehr durch neue Beweismittel, welche etwa nachträglich beigebracht werden möchten, gestützt werden können, sondern es fällt die Thatsache oder das Wunder für immer aus, weil nach Decret des Papstes Alexander VII. vom 29. Nov. 1658 die sogenannte coadjuvatio probationum im Beatificationsprocesse nicht gestattet wird.55 Matta bemerkt noch, daß die Cardinäle eine That niemals als Wunder anerkennen, wenn nicht wenigstens zwei Drittheile der Consultoren dafür stimmen; und ebenso werde auch vom Papste nur dann ein Ereigniß als Wunder anerkannt, wenn alle oder doch fast alle Cardinäle diese Ueberzeugung ausgesprochen haben.56

56. Bei Martyrern ist der Verlauf des Beatifications-Processes ein kürzerer. »Da nämlich,« wie Bangen (S. 245 f.) sagt, »die Hingabe des Lebens für Christus in der Kirche als die vollendete Liebe betrachtet und dem höchsten Tugendgrade jleichgestellt wird, so läßt sich von vorne herein begreifen, daß die Beweise für die Tugendäbungen, welche sonst erforderlich sind, hier allein durch den Beweis des wirklichen und wahren Marterthums geleistet werden. Um aber das Marterthum nicht blos als eine äußere That, sondern als den höchsten, aus der Gesinnung hervorgehenden Tugendact darzuthun, bedarf es der Wunder .... Uebrigens muß auch hier der Proceß super non cultu vorgeschriebener Maßen geführt werden. Ebenso muß sich die fama martyrii und die (erlaubte) Verehrung des Martyrers darthun lassen.« Diesem fügen wir bei, daß nach den Bollandisten (Jun. III. 938) in früheren Zeiten auch alle jene Martyrer genannt und als solche verehrt wurden, welche ihr Leben durch einen grausamen Tod heilig geendet haben etc.57 Auch jene werden manchmal, jedoch im uneigentlichen Sinne, Martyrer genannt, welche zwar nicht ihr Leben für Jesus hingegeben, aber doch sonst viel für Ihn gelitten haben, wie z. B. die hhl. Päpste Johannes (27. Mai), Marcellus (16. Jan.), Martinus (12. Nov.), Pontianus (19. Nov.) und Silverius (20. Juni), sowie der hl. Bischof Eusebius (16. Dec.), bei welchen daher auch das letzte Respons. bei den Lectionen geändert und nicht von den eigentlichen Martyrern genommen wird. Vgl. die Einleitung zum I. Bande Nr. 58. S. [39], und oben Nr. 9.

57. Im Falle, daß der Wunderbeweis [23] vollständig geliefert ist, wird nach Bangen (S. 242) in neuerer Zeit ein sogenanntes Consistorium semipuhlicum zusammengerufen. Es erscheinen bei demselben nicht nur die Cardinäle, sondern auch die an der Curie anwesenden Erzbischöfe und Bischöfe sammt den Consultoren der Ritus-Congregation. In demselben wird das dubium finale vorgelegt: An stante probatione virtutum et miraculorum tuto procedi possit ad indultum Beatificationis? Die Beantwortung desselben ist mehr nur eine Form, und es beschließt nach kurzer Anrede der Papst die Beatification des Dieners oder der Dienerin Gottes, und diese Seligsprechung heißt Beatificatio formalis, im Gegensatze zur Beatificatio aequipollens, welche nach Benedict XIV. (l. c. I. 42. nr. 8) darin besteht, daß der Papst die von einem Bischofe gefällte Sentenz über den unvordenklichen Cultus eines Dieners Gottes aus besonderen Gründen ohne weitere Förmlichkeit bestätiget. Bei Bened. XIV. (l. c. I. 31. nr. 7–18) sind Viele genannt, die in dieser Weise beatificirt wurden.


IV.

Die Beatification mit ihren Wirkungen.

58. Die formale Beatification, als Vorstufe der Canonisation, ist also die nach strenger Untersuchung über die Tugenden und Wunder eines »Dieners Gottes« vom Papste gegebene feierliche Erklärung, daß derselbe zu der Zahl der Beati (»Seligen«) gehöre und sein Cult unter gewissen Beschränkungen in der Kirche erlaubt sei.58 Wie weit sich dieser Cult erstrecken dürfe, darüber entscheidet das Beatifications-Breve, welches auf Befehl des Papstes in Folge des im Consistorium gefaßten Beschlusses in der Secretaria Brevium ausgefertigt wird. Die Congregation der Riten hat übrigens am 27. Sept. 1659 in Gegenwart des Papstes Alexander VII. ein Decret erlassen, welches im Allgemeinen über den Cult der Beatificirten Folgendes feststellt:

1) Die Bilder (Sculpturen, Gemälde etc.) der blos Beatificirten dürfen in Kirchen oder Oratorien ohne besondere Erlaubniß des heil. Stuhles nicht aufgestellt werden, besonders wenn daselbst die heil. Messe gehalten wird.

2) Wenn diese Erlaubniß gegeben worden, so darf die Aufstellung nur an den Wänden, nicht auf dem Altare geschehen.

3) Wenn auch vom apostolischen Stuhle die Errichtung eines Altars (erectio Altarium) zugestanden wird, so ist damit nicht auch zugleich die Facultät ertheilt, die Messe vor dem Beatificirten zu lesen oder das Officium zu recitiren. Beides erfordert eine ausdrückliche Erlaubniß des Papstes.

4) Die Erlaubniß des Cultus für Einen Ort darf nicht auf einen andern ausgedehnt werden.

5) Wenn Allen an einem Orte der Cult des Seligen erlaubt ist, so ist damit nur eine private, nicht eine öffentliche Recitation des Officiums von dem Seligen gestattet.

6) Wofern die Messe vom Seligen nur den Priestern eines Ordens etc. gestattet ist, dürfen andere Priester, selbst auch Cardinäle, dieselbe deßwegen noch nicht celebriren.

7) Festtage zu Ehren der Beatificirten dürfen ohne specielle Erlaubniß des apostolischen Stuhles nicht gefeiert werden.

8) In den allgemeinen Kalendern dürfen die Namen der Seligen nicht aufgeführt werden; wohl aber in solchen, welche nur für einzelne Orte oder gewisse Corporationen bestimmt sind.

9) In den kirchlichen Gebeten (Preces) dürfen keine besonderen Suffragien zur Anrufung der blos Beatificirten eingeschaltet werden.

10) Bei öffentlichen Gebeten ist nur gestattet, sie mit den vom apostolischen Stuhle erlaubten und approbirten Gebetsformeln anzurufen.

11) Ihre Reliquien sollen bei feierlichen Processionen nicht mitgetragen werden.


N.B. Da in früherer Zeit der Ausdruck Beatus gleichbedeutend mit Sanctus genommen wurde, so wird er auch jetzt noch sehr häufig verschiedenen Heiligen beigelegt, wie z. B. der seligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, welche übrigens von sich selbst sagte, daß alle Geschlechter sie »selig« preisen werden (Luc. 1, 48); dann dem hl. Johannes dem Täufer, den heil. Aposteln Petrus und Paulus etc. Natürlich ist er hier nicht in dem beschränkten Sinne zu fassen.


59. Die Feierlichkeit der Beatification erfolgt nach einer Bemerkung des Papstes Benedict XIV. (l. c. I. 24. nr. 2. 3. 5) seit der von Papst Alexander VII. am 8. Januar [24] 1662 vorgenommenen Beatification des hl. Franz von Sales immer in der Basilika des Vatikan und besteht in Folgendem: An dem festgesetzten Tage versammeln sich die Cardinäle, die Consultoren der Ritus-Congregation sammt dem Klerus etc. in der genannten Basilika. In ihrer Gegenwart wird das päpstliche Beatifications-Breve verlesen und das Bild, welches den Seligen vorstellt, enthüllt. Hierauf wird das Te Deum angestimmt, die Oration an den Beatificirten beigefügt, sein Bild dreimal beräuchert und ihm zu Ehren das folgende Hochamt von einem Bischofe gehalten. Am Nachmittag nach der Vesper erscheint auch der Papst in der Basilika zur Verehrung des Seligen vor seinem Bilde. Auch wird allen Jenen, welche nach reumüthiger Beicht und würdiger Communion die Basilika an diesem Tage besuchen, Ablaß ertheilt. Ueber diese Feierlichkeit wird auf Bitten der Postulatoren von dem Notar der Ritus-Congregation ein öffentliches Instrument in duplo aufgenommen und dasselbe in den Archiven der Congregation und des Capitels der Vatikanischen Basilika aufbewahrt.

In den Kirchen jenes Landes, jenes Ordens etc., welchem der Selige angehörte, können im Laufe eines Jahres Festlichkeiten stattfinden etc.59


V. Die Canonisation mit ihren Wirkungen.

60. Von der Vornahme der Beatification bis zur Canonisation verfließen in der Regel viele Jahre; denn es ist beständige Praxis des apostolischen Stuhles, wie im ganzen Beatifications-Proceß, so auch bei Gewährung der Canonisation jeden Schein von Uebereilung zu vermeiden. Soll es nun aber wirklich zur Heiligsprechung eines Seligen kommen, so werden drei Dinge als Vorbedingungen erfordert. Es muß nämlich 1) der Ruf von der Heiligkeit des Seligen sich immer weiter verbreitet haben; 2) muß die Verehrung des Seligen von Seite des Volkes nicht nur fortgedauert haben, sondern stets gewachsen seyn,60 und endlich 3) was wohl als Hauptsache geltenkann, müssen nach der Beatification neue Wunder auf die Fürbitte des Seligen geschehen seyn.

61. Sind diese Vorbedingungen wirklich vorhanden und liegen neue Bittgesuche von angesehenen Personen oder Corporationen um Canonisation des betreffenden Seligen vor, o kann der Procurator bei der Congregation das Bittgesuch um Wiederaufnahme des Verfahrens in der Canonisations-Angelegenheit des betreffenden beatificirten Dieners Gottes einreichen. Dieses Gesuch enthält zuerst einen kurzen Ueberblick über das bereits Geschehene und dann die Angabe der neuen Wunder. Ein Cardinal referirt zuerst kurz, dann in einer spätern ordentlichen Congregation ausführlich über das eingereichte Memoriale, sowie über den ganzen Stand der Sache bis zur erfolgten Beatification. Auf den Bericht des Secretärs ertheilt sodann der heilige Vater der Congregation die Facultät zum Erlaß der Remissorial-Briefe an die betreffenden Bischöfe oder Prälaten. Denselben sind wieder die nothwendigen Beweisartikel und Fragestücke vom Promotor beizulegen. Nach Einsendung der von den delegirten Richtern angestellten Untersuchung werden in der üblichen Weise die Acten eröffnet und zuerst über das dubium de validitate Processus verhandelt. Erst wenn dasselbe glücklich gelöst ist, kann mit dem Promotor das zweite Dubium concordirt werden. Dasselbe lautet: An constet de relevantia contentorum in Processibus N. N. de iis, quae supervenerunt post indultam dicti Beati venerationem in casu et ad effectum, de quo agitur? Die Beantwortung dieses Dubiums wird wiederum vorbereitet durch die Information und das Summarium des Procurators, dann durch die von Seite des Promotors gemachten Animadversiones und endlich durch die hierauf bezügliche Gegenschrift (Responsio). Da die Entscheidung dieser Frage in einer General-Congregation zu geschehen hat, so gehen derselben wieder die Congregatio antepraeparatoria und praeparatoria voran. Erhalten die beiden neuen zu erweisenden Wunder die Approbation des Papstes, so ist die ganze contentiöse Seite des Processes beendet und es heißt nun: Causam esse in statu et terminis, ut, quandocunque Sanctissimo placuerit, ad solemnem Canonizationem deveniri possit.61

[25] 62. Wir bemerken noch, daß wir bisher immer den regelmäßigen Verlauf des Processes bei unserer Schilderung desselben vor Augen hatten. Derselbe kann allerdings durch Dispensation des Papstes in manchen Stücken abgekürzt werden; jedoch werden die wesentlichen Formen bei Lösung der wichtigsten Dubien stets gewahrt bleiben. Kürzer ist schon der Beweis bei Martyrern, weil hier statt der erforderlichen Tugendgrade nur das Martyrium zu erweisen ist; es ist jedoch, wie schon oben (Nr. 56) bemerkt, der Wunderbeweis auch hier unumgänglich nothwendig. Auch durch andere Umstände kann eine Abkürzung des Verfahrens herbeigeführt werden, z. B. durch den Tod des Dieners Gottes in partibus infidelium, oder durch die Notorität des non cultus u. s. w. Die kürzeste Art der Heiligsprechung ist die Canonizatio aequipollens, welche nach Bened. XIV. (l. c. I. 42. nr. 1) im Gegensatze zur Canonizatio formalis (vgl. Nr. 57) darin besteht, daß der Papst, unter Hinweglassung des ganzen Proceßverfahrens und der gewöhnlichen Cäremonien, auf Grund vielfacher Zeugnisse von bewährten Schriftstellern und der fortdauernden Wunder eines Dieners Gottes den bisher demselben erwiesenen alten Cultus bestätigt und seine Verehrung auf die ganze Kirche ausdehnt. Auf diese Weise wurden canonisirt der hl. Romualdus von Papst Clemens VIII., der hl. Norbertus von Urban VIII. und Clemens X., der hl. Bruno von Clemens X., der hl. Petrus Nolascus von Alexander VII. und Clemens X., der hl. Raymundus Nonnatus von Innocenz XI., die hhl. Johannes von Matha und Felir von Innocenz XII., die hl. Königin Margarita von Schottland von Innocenz XII., der hl. König Stephan von Ungarn von Innocenz XI., die hhl. Wenceslaus und Gregorius VII. von Papst Benedict XIII.

63. Wenn nun nach Beendigung der contentiösen Seite des Processes auch sogleich zur Canonisation geschritten werden könnte, so geschieht das in der Regel doch nicht. Es werden vielmehr noch zwei Consistorien vom Papste in dieser Sache gehalten, von welchen das erstere ein geheimes, das andere aber ein öffentliches ist. Ehemals war noch ein drittes üblich. Im geheimen Consistorium erscheinen nur die Cardinäle, welchen der Papst seinen Entschluß, den »Seligen« zu canonisiren, zur formellen Berathung mittheilt und sie ermahnt, mit ihren Gebeten ihn zu unterstützen, damit er in einer so wichtigen Sache nicht irre. Das folgende Consistorium ist nun ein öffentliches, bei welchem nicht nur die Cardinäle, sondern auch die Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe, welche an der Curie anwesend sind, sowie alle Consultoren der Ritus-Congregation sich einfinden, und auf feierliche Weise mit dem Papste ihr Votum für die vorzunehmende Canonisation abgeben. Von diesem Augenblicke an ist die Canonisation des betreffenden Seligen eine beschlossene Sache. (Vgl. Bangen S. 244.)

64. Aus all dem Gesagten ergibt sich nun von selbst der Begriff der formalen Canonisation:

Sie ist nämlich die vom Oberhaupte der Kirche vorgenommene feierliche Einverleibung eines (bereits beatificirten) Dieners Gottes in das Verzeichniß der Heiligen, nachdem durch die strengste Untersuchung dargethan ist, daß derselbe während seines Lebens die christliche Vollkommenheit im eminenten Grade sich zu eigen gemacht hatte, und dieses noch durch unangreifbare Wunder von Gott bestätiget worden ist.62

Hieraus wird klar, wodurch sich die Canonisation von der Beatification unterscheidet; [26] >noch mehr aber erhellet dieses aus ihren Wirkungen. Wir führen nach Benedict XIV. (l. c. I. 38. nr. 1) folgende sieben an:

1) Wer der Ehre der Canonisation theilhaftig geworden, muß für »heilig« gehalten werden und führt öffentlich den Titel: Sanctus. Nach Gonzalez heißt nämlich der Grundsatz: »Beatorum cultus Fidelibus permittitur, Canonizatorum autem praecipitur.« (Vgl. Bangen, S. 243).

2) Die »Heiligen« werden in den öffentlichen Gebeten der Kirche angerufen, und es ist nicht erlaubt, für sie zu beten.

3) Zu ihrem Andenken dürfen Tempel erbaut werden.

4) Das heilige Meßopfer wird ihnen zu Ehren dargebracht, und ihr Officium feierlich in der Kirche gehalten.

5) Ihre Festtage werden alljährlich gefeiert.

6) Auf Bildern werden sie mit Heiligenscheinen (radiis) und Kronen etc. versehen.

7) Ihre Reliquien werden der öffentlichen Verehrung ausgesetzt.

65. Es erübrigt nur noch, etwas über die bei der Canonisation übliche Feierlichkeit zu bemerken. Dieser festliche Act, welcher, wenn die Päpste in Rom waren, fast immer (die wenigen Ausnahmen sind bei Bened. XIV. (l. c. I. 36. nr. 2. 3. angegeben) in der Vaticanischen Basilica des hl. Petrus, wo auch die Kaiser gekrönt wurden etc., stattfand, wird nach einer Bulle des Papstes Benedict XIV. vom Jahr 1741 (Ad Sepulchra Apostolorum ...) jetzt immer dort vorgenommen und besteht hauptsächlich im Folgenden:

An dem hiezu bestimmten Tage, welcher entweder schon ein gebotener Feiertag ist oder als solcher erklärt wird, zieht eine feierliche Procession der ganzen, in Rom befindlichen Welt- und Ordensgeistlichkeit vom vatikanischen Palaste aus durch den berühmten großartigen Säulengang (Porticus, Colonnato) zum Hauptthore der St. Peterskirche. Alle sind mit brennenden Kerzen versehen und es wird die Fahne des neuen Heiligen mitgetragen. Während die Procession sich so ordnet, ordnet,63 stimmt der Papst in der Sixtinischen Kapelle das Ave maris Stella an, welches dann vom Chore weiter gesungen wird. Der Papst aber besteigt, mit prächtigen Kleidern angethan und eine kostbare Mitra auf dem Haupte, den Tragsessel. Voran gehen die Beamten der päpstlichen Kapelle, die Kapläne, die Kämmerer, die Generale der religiösen Orden etc.; in der Vorhalle der Basilika wird der Papst vom Capitel von St. Peter und der übrigen Stadtgeistlichkeit empfangen und betritt nun das Innere der mit Tapeten etc. reich geschmückten Kirche64, in welcher ein großes Gerüste mit einem Altar und dem päpstlichen Throne, sowie mit Plätzen für die päpstliche Kapelle errichtet ist. Bei dem Altare des heiligsten Sacramentes steigt er von seinem Sessel herab und kniet kurze Zeit anbetend nieder; dann besteigt er seinen Sessel wieder und wird zu dem Throne getragen, wo er die gewöhnliche Huldigung der Cardinäle, Bischöfe etc. empfängt. Hierauf wird der (eigens hiezu ernannte) Cardinal-Procurator zum Throne geführt, und ihn begleitet ein Consistorial-Advocat, welcher Se. Heiligkeit im Namen des besagten Cardinals dreimal dringendst (instanter, instantius, instantissime) bittet, daß der zu Canonisirende in das Verzeichniß der Heiligen aufgenommen werde. Nach den ersten zwei Bitten erwidert der Secretär der Breven im Namen des heiligen Vaters, daß es bei der hohen Wichtigkeit der Sache sich vor Allem gezieme, den Thron der göttlichen Gnade und die Fürbitte der heil. Mutter Gottes etc. inbrünstig anzuflehen. Dann steigt der Papst vom Throne und kniet am Fuße desselben nieder, während nach der ersten Bitte zwei vom Chore die Allerheiligen-Litanei singen und die Uebrigen respondiren, alle Anwesenden aber ebenfalls knieen. Nach der zweiten Bitte steigt der Papst [27] wieder vom Throne und kniet nieder, während ein assistirender Cardinal mit dem Worte beten dann auch alle Anwesenden knieend, bis der andere assistirende Cardinal mit dem Rufe Levate das Zeichen zur Beendigung des Gebetes gibt. Hierauf stimmt der Papst stehend und ohne Mitra den Hymnus Veni, creator Spiritus ... an, welcher von der päpstlichen Kapelle fortgesetzt wird. Während der ersten Strophe kniet der Papst mit allen Anwesenden, erhebt sich dann und bleibt stehen, bis der Hymnus beendigt ist. Nach dem Schlusse desselben stimmen die päpstlichen Sänger den Vers Emitte Spiritum ... an, der Papst aber betet die Oration: Deus, qui corda fidelium ... und besteigt dann wieder seinen Thron. Hierauf wird zum drittenmale die oben bezeichnete Bitte gestellt, und nun erwidert der Secretär, wie Se. Heiligkeit in der Ueberzeugung, daß Gott die Bitte gutheiße, sich endlich entschlossen habe, den entscheidenden Schritt zu thun.

Hiemit ist dann der feierliche Augenblick der Canonisation gekommen. Der Papst, sitzend auf seinem Throne mit der Mitra auf seinem Haupte, spricht nun mit lauter Stimme aus, daß er »zur Ehre der heiligsten Dreifaltigkeit, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zur Vermehrung der christlichen Religion, durch die Vollmacht unsers Herrn Jesus Christus, der hhl. Apostel Petrus und Paulus, sowie kraft seiner eigenen Vollmacht, nach reiflicher Ueberlegung, nach öfterer Anrufung der göttlichen Hilfe, nach dem Rathe der Cardinäle etc. den sel. N. als heilig erkläre und in den Katalog der Heiligen aufnehme, mit der Bestimmung, daß sein Andenken von der ganzen Kirche alle Jahre an einem bestimmten Tage verehrt werde« etc. – Das betreffende Formular, welches bei Matta (l. c. V. I. nr. 17) aus dem Cäremoniale des Papstes Leo X. sich findet, aber nach Benedict XIV. (l. c. I. 36. nr. 21) von Papst Clemens XI. (1700 bis 1721) etwas abgeändert wurde, lautet gegenwärtig so: Ad honorem sanctac et individuae Trinitatis, ad exaltationem Fidei catholicae et christianae Religionis augmentum, auctoritate Domini Nostri Jesu Christi, beatorum Apostolorum Petri et Pauli, et Nostra, matura deliberatione praehabita et Divina ope saepius implorata, ac de venerabilium Fratrum nostrorum S. R. E. Cardinalium, Patriarcharum, Archiepiscoporum et Episcoporum in Urbe existentium consilio, Beatum N. Sanctum esse decernimus et definimus ac Sanctorum Catalogo adscribimus, statuentes, ab Ecclesia universali illius memoriam quolibet anno die ejus natali, nempe die ... mensis ... inter sanctos Martyres (Confessores etc.) pia devotione recoli debere. In nomine Patris † et Filii † et Spiritus † Sancti. Amen. (Daß, wenn mehrere Heilige zugleich, oder Dienerinnen Gottes heilig gesprochen werden, die Zahl und das Geschlecht in dieser Formel geändert wird, versteht sich von selbst.) Nach Benedict XIV. (l. c. I. 38. nr. 2) ist übrigens dieser Catalogus Sanctorum nicht das Martyrologium Romanum, auch nicht mehr, wie etwa früher (vgl. oben Nr. 8), ein eigener Codex, ein Catalogus materialis, sondern nur ein mentalis, nämlich so viel als die » Zahl« der Heiligen (Numerus Sanctorum), wie es auch öfter heißt.

Mit obigen Worten ist die Canonisation geschehen. Der Procurator fordert nun die Protonotare auf, über den Act ein Instrument zu verfassen und bittet den Papst, er möchte die Canonisationsbulle erlassen.65

[28] Darauf folgt das Te Deum, an dessen Schluß der Diakon den Versikel anstimmt: Ora pro nobis, sancte N., an welchen der Papst die Oration zu dem neuen Heiligen anfügt. Der päpstliche Segen mit Ertheilung des Ablasses schließt den Canonisations-Act. Im Confiteor, das der Diakon zur Linken des Papstes vor Ertheilung des Segens betet, wird auch der Name des neuen Heiligen eingeschaltet.

Das folgende Hochamt wird entweder vom Papste selbst oder doch in seiner Gegenwart von einem Cardinal gehalten. Vor dem Offertorium bringen drei Cardinäle und die Oratoren die üblichen Opfergaben, nämlich große Wachskerzen mit dem Bildnisse des Heiligen, schön verzierte Brode, zwei Gefäße mit Wein; ferner in einem vergoldeten Käfig zwei Turteltauben, in einem versilberten Käfig zwei weiße Tauben und in einem buntbemalten verschiedene Vögelein, welche die verschiedenen Tugenden des Heiligen symbolisiren sollen, auf deren Schwingen derselbe sich gleichsam in den Himmel erhoben hat.

66. Ueber diese Opfergaben wird von Benedict XIV. (l. c. I. 36. nr. 28–35) ausführlich gesprochen. Wir wollen das Wesentliche über die Bedeutung derselben u. nach der Darstellung, wie sie Cardinal Wiseman in seiner oben (Nr. 65. Note 63) bezeichneten Schrift S. 19–21 gegeben hat, zum Schlusse hier anführen:

Die Opfer, welche bei der Canonisation eine so hervorragende Stelle einnehmen, stammen aus den ältesten Zeiten. Schon Kain, Abel und Noah brachten, indem sie einem natürlichen Trieb ihres Herzens folgten, Gott Opfer von allem, was sie besaßen; sie wurden vom allmächtigen Gotte selbst im alten Bunde vorgeschrieben. Die ersten Christen brachten Opfergaben zu den Füßen der Apostel, und vom christlichen Alterthume wissen wir, daß der Gebrauch in der Kirche fortgesetzt wurde, so zwar, daß der Theil der Messe, bei welchem das Volk seine Gaben zum Altare zu bringen pflegte, den Namen »Offertorium« erhielt. Um Unordnung zu vermeiden, verordnete ein Capitulare Karls des Großen, daß diese Gaben außerhalb der Gitter des Heiligthums dargebracht werden sollten, und im Verlaufe der Zeit trat, um weitern Unzuträglichkeiten auszuweichen, das Geld an ihre Stelle, daher das Stipendium, welches der Priester für das Messelesen empfängt. Dennoch hörte der ursprüngliche Gebrauch nicht ganz auf; denn einige Schriftsteller thun solcher Opfer Erwähnung, welche dem Papste [29] zu Ostern oder an andern Festen dargebracht wurden, wenn er in den Hauptkirchen, in den Stationskirchen oder bei Ordinationen celebrirte. Selbst noch jetzt ist es Sitte, bei Ordinationen Wachskerzen zu opfern, und Brod und Wein bei der Consecration der Bischöfe. Diese Opfer, die wir als der Cäremonie der Heiligsprechung eigenthümliche beschrieben haben, stammen aus dem höchsten Alterthume, und ihre mystische Bedeutung wird von mehreren Schriftstellern mit beinahe denselben Worten erklärt. Die Sitte, Wachs zu gebrauchen und zu verzieren, ist in der Kirche uralt, wie Baronius beweist; daß es gebraucht wurde, um vor den Gräbern der Martyrer zu brennen, zum Zeichen der Huldigung und Verehrung, bezeugt der hl. Hieronymus. Nach Einigen ist es ein Sinnbild der Menschheit unsers Herrn Jesus Christus, und die Osterkerze kann als ein Vorbild unsers wiedererstandenen göttlichen Erlösers betrachtet werden, der dann noch vierzig Tage mit seinen Jüngern umging. Jesus Christus selbst nannte seine Apostel » das Licht der Welt« (Matth. 5) und den heil. Johannes den Täufer »ein brennendes und glänzendes Licht«. Bei der feierlichen Handlung der Canonisation dürften die Wachskerzen nicht unpassend die Freude andeuten, die Er darüber empfindet, diese neuen Lichter der Bewunderung und Belehrung der Menschheit vorzuhalten. Das jungfräuliche Wachs ist ein Symbol ihrer makellosen Unschuld; seine lebendige Flamme deutet das heilige Feuer der christlichen Liebe an. Endlich stellt es die Wachsamkeit vor, womit sie, gleich den klugen Jungfrauen, die ihre Lampen brennend in der Hand hielten, die Ankunft des himmlischen Bräutigams erwarteten.

Die ersten Christen brachten Brod dar zum Opfer und zum Gebrauch der Priester. Brod ist die Nahrung des Lebens. Aus Dankbarkeit gegen Gott für diese gute Gabe wurden nach einigen Schriftstellern die Schaubrode unter den Juden eingeführt. Melchisedechs Opfer war ein Dankopfer für den Sieg. Ebenso kann es in dem gegenwärtigen Falle als ein Dankopfer angesehen werden, das Gott von Seite der Kirche dargebracht wird für die Gewinnung so vieler neuer Helden, Beschützer und Vorbilder. Mit Wein wurden die Opfer besprengt. Er wurde in dem Opfer Melchisedechs mit dem Brode verbunden, und ist noch jetzt in jenem göttlichen Opfer damit verbunden, welches dadurch vorgebildet war. Die Taube ist der Bote des Friedens. Hier verkündet sie den Frieden des Seligen. Die Einfalt der Taube war der Charakter, nach welchem die Apostel streben sollten. Die Kirche wird im hohen Liede unter dem Bilde einer Taube angeredet. Endlich ist die Taube das Symbol eines nachdenksamen Geistes. Sie ist gleichfalls ein ganz passendes Sinnbild der religiösen Einsamkeit. Die Vögel ver. schiedener Art schweben alle auf den Flügeln und erheben sich immer aufwärts, wie eine Seele sich nach dem Himmel sehnt. Mit einem Worte, diese körperlichen Bilder sind mystische Symbole, wodurch die Kirche uns einen Begriff erhabener Geheimnisse geben wollte. Sie zeigen auf die Tugenden der Heiligen hin, damit wir sie nachahmen. Wir können daher mit dem ehrw. Beda ausrufen: »Dies sind die Fußtapfen, welche die Heiligen bei ihrer Rückkehr zu unserm gemeinsamen Vaterlande zu unserer Leitung hinterlassen haben, damit wir fleißig in dieselben treten und dadurch die Seligkeit erlangen.«

Fußnoten

1 Der Titel dieses vortrefflichen Werkes, welches S. 214–246 von der Beatification und Canonisation der Heiligen handelt, lautet vollständig: »Die Römische Curie, ihre gegenwärtige Zusammensetzung und ihr Geschäftsgang. Nach mehrjähriger eigener Anschauung dargestellt von dem bischöflichen Secretär Joh. Heinr. Bangen, der Theologie und beider Rechte Doctor. Mit einer Sammlung von Belegstücken und Formularen. Münster 1854. In der Aschendorff'schen Buchhandlung.«


2 Ein solcher »Diener Gottes« wird, abgesehen von der Canonisation, gewöhnlich auch pius genannt, was wohl unserem »gottselig« entspricht. So gibt es z. B. neben einem »heiligen Bayerland« (Bavaria sancta) auch ein »gottseliges Bayerland« (Bavaria pia). Vgl. unten Nr. 54.


3 Der Titel dieses Werkes ist: Benedicti XIV. De Servorum Dei Beatificatione et Beatorum Canonizatione. Wir benützen die von unserm Hochwürdigsten Herrn Bischofe Pankratius uns gnädigst überlassene Römer-Ausgabe des Jesuiten und Consultors P. Emmanuel de Azevedo vom J. 1747. Die ersten vier Bände handeln von der Canonisation selbst in 4 Büchern (Libri), von welchen das letzte in zwei Theile (Partes) zerfällt, alle aber mehrere Kapitel enthalten, die wieder in mehrere Nummern getheilt sind. (Wir werden so citiren, daß wir die Bücher und Theile mit römischen, die Kapitel aber mit arabischen Ziffern und die einzelnen Nummern mit den vorgesetzten Buchstaben nr. bezeichnen.) Die folgenden 3 Bände und resp. (V.–VII.) enthalten verschiedene auf die Canonisation bezügliche Acte, Decrete etc. Der VIII. Band vom Jahr 1751 enthält ausführliche Register über die vorhergehenden Bände, und in einem anderen Bande ist eine Synopsis über das ganze Werk, wie denn der obengenannte P. Emm. Azevedo im, Jahr 1766 zu Rom eine Synopsis über alle des Papstes Benedict XIV. in 5 Bänden herausgegeben hat.


4 Karl Felix von Matta (Matha) war in Cremona geboren und zuerst Auditor bei dem Cardinal Vidone, dann vom J. 1678 an der 13. Bischof von St. Severo in der neapolitanischen Provinz Cavitanata. Er starb am 26. Febr. 1701. Sein Werk hat den Titel: Novissimus de Sanctorum Canonizatione Tractatus. Es zerfällt in fünf Theile (Partes), welche auch mehrere Kapitel enthalten, die wieder in mehrere Nummern getheilt sind. (Wir citiren wieder so, daß die röm. Ziffer den Theil und die arabische Kapitel bezeichnet etc.)


5 Adorare heißt nach Lünemann eigentlich 1) seine Rede an Jemanden richten, anreden, dann 2) besonders in religiösen Dingen anrufen, laut anflehen; 3) auf hochachtungsvolle Art verehren, indem man sich mit dem Gesichte zur Erde wirst etc. Dieses geschah sowohl vor Gott als auch vor Menschen (vergl. 1. Paral. 29, 20). Nach und nach kam der Sprachgebrauch dahin, daß man die Ehrerbietung gegen Gott Latria (Adoratio-Andetung), die gegen die Heiligen aber Dulia (Veneratio = Verehrung) nannte und noch nennt. Daß zwischen beiden ein großer Unterschied ist, weiß Jedermann, der es wissen und nicht absichtlich ignoriren will.


6 Vgl. die Einleitung zum I. Bande dieses »Heiligen-Lexikons« S. [2], Nr. 6 ff.


7 Vgl. die Einleitung zum I. Bande dieses »Heiligen-Lexikons« S. [38], Nr. 57 ff.


8 Es stellte nämlich auf einem im Lateran zu Rom im J. 993 gehaltenen Concilium der Augsburg'sche Bischof Luitolph an Papst Johann XV. und versammelten Väter die Bitte, er möchte in Ansehung der vielen auf die Fürbitte des hl. Ulrich geschehenen Wunder diesen in die Zahl der Heiligen aufnehmen. Diesem Verlangen wurde mit Zustimmung der Synode, nachdem sie die von dem Bischofe vorgelegte Lebensbeschreibung des Heiligen (vielleicht die von Welser zuerst edirte, vom Propste Gerhard verfaßte Vita) vernommen hatte, vom Papste entsprochen und darüber eine eigene Bulle erlassen, und zwar die erste Canonisationsbulle. Diese findet sich im römischen Bullarium, sowie auch bei den Bollandisten (Jul. II. 80), denen sie unten Nr. 65. Note 63, S.[28] entnommen ist.


9 Cf. Caeremoniale Leonis X. (Lib. I. cap. 6) bei Matta (l. c. V. 1. nr. 1 seqq.)


10 Cf. Benedict. XIV. (l. c. I. cap. 10 et 11).


11 Vgl. Bangen S. 220 ff. Benedict. XIV. (l. c. I. 16. nr. 14).


12 Benedict. XIV. (l. c. I. 16. nr. 21).


13 Cf. Bened. XIV. (I. 16. nr. 16.) Matta (V. 2. nr. 41. 42.) Bangen S. 223. In der Eidesformel heißt es: Nos ... juramus ac promittimus fideliter exercere officium nostrum in his, quae proponuntur in Congregationibus S. Rituum habendis coram Sanctissimo, et non revelare, nec loqui nisi cum aliis dictae Congregationis Cardinalibus, tribus an tiquioribus Rotae Auditoribus, Consultoribus et Officialibus praedictae Congregationis, ac duobus familiaribus, ab unoquoque nostrum deputandis, quae fient aut tractabuntur non solum in causis spectantibus ad dictam Con gregationem coram Sanctitate Sua, occasione discursus de rebus Magnatum, Religionum vel alias gravioribus occurentibus sub poena perjurii et excommunicationis latae sententiae, a qua non, nisi a Summo Pontifice dumtaxat, excluso etiam majori Poenitentiario, praeterquam in articulo mortis absolvi possimus. Et sub eadem poena perjurii et excommunicationis, de qua supra, juramus similiter et promittimus, quod si per litteras aut suppli ces libellos, sive etiam oretenus, vel inter positas personas commendationes a quocumque etiam, cujusvis dignitatis et præeminentiae nobis factae fuerint de causis pertractandis in dictis Congregationibus, praefatas litte ras scienter non aperiemus, sed clausas ac sigillatas mandabimus consignari in manibus Secretarii dictae Congregationis; si vero non informatos de contentis in praedictis litteris contigerit per nos aperiri et legi, si eaedem continebunt similes commendationes tantummodo, pariter eas transmittemus ad eumdem Secretarium. Verum si de aliis negotiis in praedictis litteris pertractabitur, mandabimus transcribi illam tantum partem continentem commendationem, diem datae et locum, nec non etiam subscriptionem illius, qui negotium commendavit, quam pervenire curabimus ad manus praedicti Secretarii, atque eisdem litteris non rescribemus nisi de mandato dictae Congregationis, et saltem in ipso actu votandi propalabimus, a quo vel a quibus causa fuerit nobis commendata .... Dieselbe Eidesformel gilt mit den nöthigen Aenderungen auch für die Consultoren.


14 Cf. Bened. XIV. (I. 16. nr. 17). Matta (V. 1. nr. 41).


15 Bened. XIV. (I. 17). Matta (V. 2. 79). Bangen S. 224.


16 Bened. XIV. (I. 17. et 19). Matta (V. 2. nr. 68 et 79). Bangen S. 224 u. 235).


17 Vgl. Bened. XIV. (I. 18. nr. 7.) Matta (V. 2. nr. 48. 49. 77.) Bangen S. 225. Das Anstellungsbreve lautet im Wesentlichen also: ... te, qui nostrae Consistorialis Aulae et Fisci et Camerae Apostolicae Advocatus existis, .... eligimus in Promotorem fidei, cum facultate, quibuscumque Congregati onibus, quae super Canonizationibus et Beatiification hujusmodi, tam coram Vener. Fratri bus nostris S. R. E. Cardinalibus, quam etiam Nobis fient, interveniendi et in eis votum consultivum ferendi, ac objectiones super materiis pro tempore occurentibus faciendi, et super eis tam in facto, quam in jure scribendi, et quando opus fuerit tam Nos, quam dictos Cardinales oretenus informandi, et cum hoc, ut tu deinceps in omnibus processibus super dictis Canonizationibus et Beatificationibus conficiendis, et in singulis actis faciendis tanquam pars formalis, et ad instar Commis sarii Camerae et Fisci Procuratoris citari debeas; quodque tu interrogatoria cum protestationibus, quae tibi videbuntur necessariae, dare, et examinibus testium, et compulsationibus jurium, et scripturarum qua rumcumque confectionibus planctarum, visi tationibus sepulchrorum et aliis quibuscumque tam in Romana Curia, quam in qualibet alia parte orbis terrarum coram quibuscumque Judicibus etiam Delegatis per te, seu per alium Subp romotorem, cum facultatibus, quae tibi opportunae videbuntur, a te deputandum intervenire valeas. Quodve Subpromotorem unum eligere possis et deputare ad tuum beneplaci tum in Romana Curia, qui processus huc usque factas, vel alios in futurum faciendos tam auctoritate Ordinaria, quam Apostolica videre, ac in facto scribere et comparere possit in ac tibus coram Notario et Secretario dictae Congregationis, et etiam coram D. D. Cardinalibus ad concordandum factum super dubi is in Congregationibus proponendis, et alia faciendi nomine et arbitrio tuo, quae tibi videbuntur opportuna et necessaria, et cum quo etiam conferre possis difficultates, et alia omnia, quae in dictis Congregationibus tracta buntur, recepto tamen prius a te, et ab eo solito juramento de servando secretum factorum, ac tura omnium scripturarum producendarum, ac informationum faciendarum super dubiis tem pore opportuno disputandis, ad effectum ea vid endi et considerandi, eisque objectiones et responsiones opportunas faciendi detur. Alioquin tu propositiones impedire valeas, ac demum cum omnibus, et singulis aliis facultatibus, Promotoribus hujusmodi de jure usu, consuetudine, compatentibus Apostolica auctoritate tenore praesentium deputamus ....


18 Bened. l. c. (I. 17. nr. 13.) Matta (V. 2. nr. 62. 63). Bangen p. 225.


19 Bened (I. 19. nr. 6.) Bangen S. 226.


20 Bened. (I. 19. nr. 15. 16.) Bangen S. 222.


21 Bened. (I. 19. nr. 13.) Bangen S. 222.


22 Bei der ehrw. Crescentia von Kaufbeuren war es der P. Philibert Obwexer, Profeßpriester der Recollecten. (Bd. I. S. 685).


23 Bened. l. c. (I. 19. nr. 17.) Bangen S. 222)


24 Bened. (II 2. nr 1. seqq) Bangen S. 227.


25 In der Constitution Sollicitudo des Papstes Benedict XIV. heißt es: Expectandum est congruum temporis intervallum ab obitu illius Dei Servi sive ancillae, de cujus virtutum aut miracalorum fama inquirendum sibi esse duxerit (Ordi narius); neque vero admovenda est operi manus, nisi praecesserit vera et legitima fama virtutis heroicae aut miraculi ad illius Servi Dei intercessionem sive invocationem a Deo patrati. Nihil enim frequentius est, quam post mortem alicujus fidelis viri aut mulieris magnam sanctitatis vel miraculorum opinionem in populo oriri, ac potissimum si ab aliqui bus de industria rumor foveatur, quae tamen opinio, nisi veritate innixa sit, vel ipso temporis lapsu lanquescere et interire, vel etiam si hominum artificiis aliquando sustentari pergat, perspicuis tandem divinae Sapientiae consiliis destrui et confundi consuevit


26 Matta (l. c. V. 5. nr. 1.)


27 Matta l. c. (V. 5. nr. 1.)


28 Matta l. c. (V. 5. nr. 46. 47.)


29 Matta l. c. (V. 5. nr. 8. 9.)


30 Matta l. c. (V. 5. nr. 12.)


31 Matta l. c. (V. 5. nr. 47.)


32 Diese Constitution findet sich im Bullarium Romanum Tom. V. const. 41. Bei Benedict XIV. l. c. ist sie häufig citirt. Bei Matta (V. 2. nr. 11–26, pag. 456–454) ist sie ganz abgedruckt; auch finden sich da pag. 448 nr. 1–11 die erwähnten Decrete der Inquisition vom 13. März und 2. Oct. 1625, sowie nr. 29 eine Protestatio Auctoris in principio libri imprimenda, d. h. das Formular der dießbezüglichen Verwahrung eines Schriftstellers, wie sie am Anfange eines über Heilige handelnden Buches zu setzen ist, wie auch wir sie dem Wesentlichen nach um Schlusse der Vorrede zum ersten Bande dieses »Heiligen-Lexikons« gesetzt haben und wie sie in wörtlicher Uebersetzung am Ende der Vorrede zu diesem zweiten Bande steht; endlich nr. 30 eine andere Verwahrung, wie sie am Ende eines solchen Buches gemacht werden soll und auch in unserem »Heiligen-Lexikon« am Ende beigefügt werden wird. Da diese Constitution kurz vor Beginn des Bollandianischen Werkes erschien, so wurden die darin enthaltenen Anordnungen in demselben auch immer treu beobachtet, wie Johannes Bollandus, der Urheber desselben, selbst sagt in dem im Jahr 1643 erschienenen, dem Papste Urban VIII. gewidmeten ersten Bande des Januar, und zwar sowohl in der Dedication als auch in der Vorrede. (Cap. III. § VI.)


33 Eine ausführliche Instruction hierüber sammt den betreffenden Formularien findet sich bei Matta l. c. (V. 5. nr. 1–45. pag. 504–516).


34 Das Formular einer solchen Sentenz findet sich bei Matta (l. c. V. 5. nr. 40. pag. 515).


35 Ueber diesen Proceß, der in unserer Zeit wohl nur selten mehr vorkommt, handelt Matta l. c. V. 5. nr. 53–66.


36 Bei Matta (l. c. V. 5. Sect. II. p. 520) wird zwar der Termin, nach welchem dieser 100jährige Cultus zu berechnen wäre, vom J. 1525 an gerechnet, weil nämlich, wie oben (Nr. 38) bemerkt, die Decrete des Papstes Urban VIII. zuerst im J. 1625 erschienen sind; aber Papst Benedict XIV. (l. c. II. 22. nr 4) erklärt ausdrücklich, daß dieser Termin nicht von der Zeit des erlassenen Decrete der Inquisition, sondern von der Zeit der dieselben feierlich bestätigenden Bulle des Papstes Urban VIII. vom 5. Juli 1634 zu rechnen sei.


37 Dieser Proceß findet sich kurz angegeben bei Matta l. c. V. 5. nr. 67–71. pag. 526–529; bei Bened. XIV. (l. c. I. 22. seqq.) und bei Bangen S. 231 f.


38 Vgl. Bangen S. 207. 219. Matta (l. c. V. 2. nr. 75.)


39 Vgl. Matta (V. 2. nr. 34–40). Benedict XIV. (I. 16). Bangen S. 232 ff.


40 Vgl. Matta (V. 4. nr. 2. 3. 4).


41 Vgl. Matta (V. 2. nr. 46):


42 Vgl. Matta (V. 3. nr. 3. 4).


43 Vgl. Matta (V. 4. nr. 6).


44 Vgl. Bangen S. 236. Bei Matta (l. c. V. 4. nr. 7) ist das Formular hiezu.


45 Matta (V. 4. nr. 8, et 2. nr. 47). Bangen S. 235. Bened. XIV. (II. 4. nr. 7; 36. nr. 2–4).


46 Matta (l. c. V. 4. nr. 8. 9.)


47 Bened. XIV. (I. 22. nr. 8). Matta (l. c. V. 4. nr. 10–24.) Bangen S. 236.


48 Matta (l. c. V. 4. nr. 15–18.) Bened. XIV. (I. 22.) Bangen S. 239. Ein Formular für die Remissorialschreiben findet sich bei Matta (V. 2. nr. 52.)


49 Ausführliche Abhandlungen über die zu beweisenden Tugenden finden sich bei Matta im ganzen II. Theile, und bei Benedict XIV. im III. Buche von cap. 24–53.


50 Der Auszug (Summarium) aus den Canonisations-Acten der ehrw. Crescentia Höß von Kaufbeuren, welcher mit der Informatio des Procurators Hyacinthus Amicius, den Animadversiones des Promotor Fidei Hieronymus Napulioni und der Responsio des Advocaten Scipio Stambrinius und des Procurators Hyacinthus Amicius gedruckt vor den Augen des Schreibers dieser Zeilen liegt, ist von dem Subpromotor Aloysius Gardellini revidirt.


51 Matta V. 4. nr. 19. Wir wollen als Beispiel das Decret in extenso aufnehmen, welches am 2. Aug. 1801 bezüglich der ehrw. Crescentia Höß von Kaufbeuren erlassen wurde:

Decretum – Augustana – Beatificationis et Canonizationis Ven. Servae Dei Sor. Mariae Crescentiae Hössin Monialis Professae Tertii Ordinis S. Francisci in Monasterio Kauffburano – Super Dubio – An constet de Virtuti bus Theologalibus, Fide, Spe et Charitate in Deum et Proximum; necnon de Cardinalibus Prudentia, Justitia, Fortitudine et Temperantia, earumque adnexis in gradu heroico, in casu, et ad effectum, de quo agitur.

Catholicae Fidei integritas, quae una cum aliis Christianis omnibus Virtutibus in Ven. Maria Crescentia Hössinia a teneris ejus vitae annis ad extremum usque spiritum excellensolum ejus Concives rapuit, qui in unitate ejusdem Fidei conveniebant, sed eosdem quoque Lutheranos, qui ab ea dissidebant, ut etiam ex hisce postremis non defuerint qui illam summis laudibus cumulaverint, et omnem contulerint opem, ut intra septa Asceterii Tertii Ordinis S. Francisci, ad munitissimum innocentiae praesidium, licet inops, reciperetur. Cum magna hinc hujusce Servae Dei sanctitatis fama, qua, dum viveret, gaudebat, aucta esset undique, et pervagata post mortem; binae de omni ejus vitae ratione institutae sunt inquisitiones; primo ab Augustano Antistite, non modico temporis spatio intermisso, ut ipsius famae constantia pertentaretur; altera de more ab Apostolica Sede severiore investigatione, in qua id hodie jucundum est adnotasse, quod inter delegatos Judices assiderunt, non obvio quidem exemplo, quatuor Abbates ex Ordine S. Benedicti, ac si portenderetur inchoatum eorum opus a Summo Ecclesiae Hierarcha inclyti ejusdem Ordinis Alumno absolvendum fore. Ita profecto accidit: delata namque quaestione de ejus Virtutum praestantia ad Sac. Rit. Congregationem, eaque agitari primum coepta in aedibus cl. me. Card. Archinto Causae tunc Relatoris VII. Id. Majas anni MDCCXCVII., repetita subinde V. Non. Martii labentis anni in Palatio Apostolico Quirinali, ac demum absoluta in Generalibus Comitiis coram Sanctissimo Domino Nostro PIO VII. Pont. Max. habitis V. Cal. currentis Augusti in eodem Palatio Quirinali, Ven. Crescentiam in singulis Christianis Virtutibus heroice se gessisse unanimes et Rmi Cardinales, et ceteri Suffragatores censuerunt. Et ipsa Sanctitas Sua, quae tunc a ferendo judicio abstinuit, ut de adeo gravi re divinam voluntatem per orationem consuleret, hodiernum diem celeberrimum apud Franciscanam Familiam ex annua memoria Dedicationis praecipui ejus Templi, laetiorem reddere voluit christianae Herois appellatione prudentem hanc Virginem ipsius Patriarchae Francisci Filiam honestando. Sacris itaque Mysteriis in domesque ad se R o Card de Somalia Urbis Vicario, Sac. Rituum Gongregationi Praefecto, et Causae Relatore suffecto, atque R. P. Hieronymo Napulionio Fidei Promotore, meque infrascripto Secretario, rite pronunciavit: Constare de Virtutibus V. S. D. Sor. Mariae Crescentiae Hössin tum Theologibus, cum Cardinalibus, earumque adnexis in gradu heroico.

Atque hoc Decretum in vulgus emitti, et in Acta Sacr. Rit. Congregationis referri mandavit IV. Nonas Augusti MDCCCI.

J.M. Card de Somalia S. R. C. Praefectus

L. S.

J. de Carpineo S. R. C. Secretarius.


52 Wir haben in unserem »Heiligen-Lexikon« diese frommen (»gottseligen«) Personen, die im Rufe der Heiligkeit starben und in einzelnen Gegenden, Orten, Klöstern etc. verehrt werden, ohne Bezeichnung gelassen, während wir die von der Kirche anerkannten »Ehrwürdigen« (Venerabiles mit V., die »Seligen« (Beati) mit B. und die »Heiligen« (Sancti) mit S. vor dem Namen bezeichneten. Vgl. das Verzeichniß der Abkürzungen am Ende dieser Einleitung.


53 Die bei Lebzeiten eines »Diener Gottes« gewirkten Wunder haben zwar auch ihr Gewicht; aber zur Heiligsprechung reichen sie nicht hin, weil ja eben durch die Wunder bewiesen werden soll, daß ein »Diener Gottes« wirklich bei Gott im Himmel ist. Auch wären bei Lebzeiten mancherlei Täuschungen möglich, und dann ist es auch schon vorgekommen, daß sonst fromme Männer nicht bis zum Ende ausharrten, daß selbst Unwürdige auf Erden Wunder wirkten (vgl. Apftg. 19, 13 ), wie ja Jesus selbst sagt, daß am Gerichtstage Manche sich mit den von ihnen gewirkten Wundern rühmen werden, die Er aber doch nicht als Seine Jünger anerkenne etc. (Matth. 7, 22).


54 Ausführliche Abhandlungen über die Wunder und deren Erweis finden sich bei Bendict XIV. Lib. IV. Cap. 1–33, und bei Matta im ganzen III. Theile.


55 Matta p. IV. cap. VII. Bangen S. 244 ff. u. 238.


56 Matta p. V. cap. IV. nr. 26.


57 »Quicumque immerentes pie cruentam obiissent mortem,« heißt es bei den Neobollandisten (Oct. IX. 141. nr. 239. 240). Was zu einem Martyrer gehört, steht ausführlich bei Bened. XIV. (l. c. III. 11. nr. 1 seqq.) – Wenn man, wie das öfters geschah, den Namen eines Martyrers etc. nicht wußte, so wurde ihm von den Christen ein solcher beigelegt, wie z. B. dem Gefährten des hl. Felix168, welcher den Namen Adauctus (s. d.) erhielt. Daher wurden auch später jene Martyrer, welche in den Katakomben gefunden wurden, und deren Namen nicht bekannt waren, vorher, ehe sie anderswohin zur Verehrung abgegeben wurden, von den höchsten kirchlichen Autoritäten »getauft«, d. h. mit einem Namen versehen, der jedoch nur ein ganz allgemeiner, Allen Heiligen zukommender Name, wie z. B. Justus, Victor, Deodatus etc., seyn durfte, wie dieses auch setzt noch der Fall ist. Das Nähere über die Reliquien solcher Heiligen etc. findet sich bei Benedict XIV. (l. c. IV. p. II. 28. nr. 1 seqq.)


58 Bened. XIV. (l. c. I. 39. nr. 1. seqq.)


59 Bened. XIV. (l. c. I. 24. nr. 15) et Matta (l. c. V. 4 nr. 22.)


60 Matta (l. c. V. 4. nr. 22.) Bened. XIV. (I. 25. nr. 1. seqq.)


61 Matta (l. c. V. 4. nr. 20. seqq.)


62 Die Feinde des apostolischen Stuhles und der katholischen Kirche überhaupt haben die Canonisation der Heiligen mit der bei den Heiden gebräuchlichen Apotheose zusammengestellt, und zu verstehen gegeben, sie sei nur eine moderne Apotheose. Wie ungerecht diese Anschuldigung sei, ersieht man auf den ersten Blick, da es sich bei et Canonisation nur um eine feierliche Erklärung handelt, daß ein Diener Gottes als Heiliger verehrt und angerufen werden dürfe, während die Apotheose eine förmliche Versetzung irgend eines Menschen unter die Zahl der Götter gewesen. Ferner kann die Canonisation jedem auch dem ärmsten Kinde der Kirche zu Theil werden, während die heidnische Apotheose nur ein Prärogativ Kaiser oder der Mitglieder des kaiserlichen Hauses war. Auch wird die Canonisation nur dann vorgenommen, wenn durch die eidlich vernommnen Zeugen sowohl die Heiligkeit des Dieners Gottes, als auch die Wahrhaftigkeit der geschehenen Wun erwiesen sind; dagegen zur Apotheose wurde nur die (oft erkaufte) Aussage irgend eines Senators verlangt, daß er Diesen oder Jenen zum Himmel habe aufsteigen sehen. Endlich wurden nicht blos edle Fürsten, sondern auch die elendesten und grausamsten Kaiser apotheosirt. Anders aber bei der Canonisation, die nur den durch die leuchtendsten Tugenden ausgezeichneten Gläubigen zu Theil werden kann. (Vgl. Bened. XIV. l. c. I. 1. nr. 1. seqq.)


63 Vgl. S. 12 ff. in dem Buche: »Fünf neue Sterne am Himmel der Heiligen. Mit einer Einleitung über die Selig- und Heiligsprechung der Diener Gottes. Von Cardinal Wiseman. Deutsch herausgegeben von C. B. Reiching. Regensburg bei Manz, 1866.«


64 Das Ausschmücken der Kirche obliegt dem Capitel der St. Peterskirche, welches hiefür von den Postulatoren, denen die Bestreitung der Kosten zukommt, angemessen honorirt wird. Auch das übrige, bei einer Beatification und Canonisation bethätigte, subalterne Personal erhält ein, jedoch verhältnißmäßig geringes Honorar: denn die Päpste haben immer darauf gesehen, daß die Kosten so viel möglich verringert und nur auf das Allernothwendigste beschränkt wurden. Die meisten Kosten verursachen die auswärtigen Commissionen, die vielen Zeugen, die zu vernehmen, die vielen Schriften, die zu schreiben und zu drucken sind etc. Das Nähere hierüber findet sich bei Bened. XIV. (l. c. I. 46. nr. 9. seqq.)


65 Diese Canonisations-Bullen enthalten das Wesentlichste aus dem Leben der betreffenden Heiligen, waren aber früher viel kürzer als in späteren Zeiten. Wir wollen als Beispiel die schon oben (Nr. 15. Note 8) erwähnte erste Canonisations-Bulle, nämlich die des hl. Bischofs Ulrich von Augsburg, aus den Boll. (Jul. II. 80) hier folgen lassen:

Joannes Episcopus, Servus Servorum Dei, omnibus Archiepiscopis, Episcopis et Abbatibus in Gallia et Germania commorantibus. Salutem in Domi no ac apostolicam Benedictionem. Cum conventus esset factus in Palatio Lateranensi pridie Kal. Februar., residente Joanne sanctissimo Papa cum Episco pis et Presbyteris, adstantibus Diaconi bus et cuncto Clero, surgens Rev.mus Luitolphus. Augustae Episcopus, inquit: Domine, sancsissime Praesul, si Vobis placet et omnibus Episcopis et Presbyteris, hic residentibus, libellus, quem prae manibus habeo, coram vobis legatur, de vita et miraculis venerabilis Udalrici, sanctae Ecclesiae dudum Episcopi, et quid libitum vobis fuerit, decernatur, quia Spiritus Sancti testatur praesentia et Conangregatio Sacerdotum, certum esse, quod legimus: quia nec potest Veritas nostra mentiri, cujus in Evangelio ista sententia est: duo vel tres congregati fuerint in nomine meo, ibi et Ego in medio eorum.

Quod cum ita sit; nam nec huic tam brevi numero Spiritus sanctus deest, quanto magis eum nunc interesse credamus, quando in unum convenit turba Sanctorum: sanctum namque est pro debita veneratione Collegium. Cumque perlecta esset vita praedicti sanctissimi Episcopi, ventum est ad miracula, quae sive in corpore, si ve extra corpus gesta sunt, videlicet caecos illuminasse, daemones ab obsessis corporibus effugasse, paralyticos curasse, et quam plurima alia signa gessisse, quae nequaquam calamo et atramento illustrata sunt. Quae omnia lepida satis urbanitate expolita recepimus, et communi consilio decrevim us memoriam illius, id est sancti Udalrici Episcopi, affectu piissimo et devotione fidelissima venerandam: quoniam sic adoramus et colimus reliquias Martyrum et Confessorum ut eum, cujus Martyres et Confessores sunt, adoremus; honoramus servos, ut honor redundet in Dominum, qui dixit: Qui vos recipit, me recipit; ac perinde nos, qui fiduciam nostrae justitiae non habemus, illorum precibus et meritis apud clementissimum Deum jugiter adjuvemur.

Quia divina saluberrima praecepta et sanctorum Canonum ac venerabilium Patrum instabant efficaciter documenta omnium Ecclesiarum Dei pio considerationis intuitu, et apostolici moderaminis annisu, utilitatum commoditatem, atque firmitatis perficere integritatem, quatenus memoria Udalrici jam praefati venerab ilis Episcopi, divino cultui dicata existat, et in laudibus Dei diutissime persolvendis semper valeat proficere. Si quis interea, quod non credimus, temerario ausu contra ea, quae ab hac nostra auctoritate pie ac firmiter per hoc privilegium constituta sunt, contrai re tentaverit; vel haec, quae a nobis ad laudem Dei, pro reverentia jam dicti Episcopi statuta sunt, refragari; aut in quoquam transgredi, sciat, se auctorita te beati Petri, Principis Apostolorum, cujus vel immeriti vices agimus, anathematis vinculo innodatum.

At vero, qui pro intuitu observator extiterit, benedictionis gra tiam a misericordissimo Domino Deo nostro multipliciter consequatur et aeternae vitae particeps efficiatur.

Scriptum est per manum Stephani Notarii regionarii et Scriniarii sanctae Romanae Ecclesiae, in mense Februario, Indictione 6. anno 993.

Ego Joannes, Sanctae Romanae ca tholicae et Apostolicae Ecclesiae Episcopus, huic Decreto a nobis promulgato consensi et subscripsi.

(Folgen nun 18 Unterschriften von Cardinälen, Bischöfen etc., welche ihren Consens ausdrücken.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861.
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