Befruchtung [2]

[458] Befruchtung, künstliche, der Blumen. Sie beruht auf der Erfahrung, daß das Uebertragen des Blumenstaubes, welcher in den Staubbeuteln enthalten ist, auf die Narbe des Staubweges in frisch aufgeblühten Blumen die Keimfähigkeit der im Eierstock zur Reise kommenden Samen bewirkt. Diese Uebertragung kann künstlich geschehen mittelst seiner Pinsel, Federmesser u. dergl. m., es nehmen jedoch nur ganz nahe verwandte Gattungen, meist nur die Arten und Spielarten einer und derselben Gattung diese künstliche Befruchtung an; bei solchen aber ist man nicht selten im Stande, mit ihrer Hilfe Samen zu erzielen, welche oft die schönsten Bastarde (Hybride, daher Hybridation) nach Form, Farbe und Geruch liefern. Es gibt ganze Gattungen und sehr viele Arten, welche leicht verbastardiren, z.B. Rhododendron, Azalea, Primula, Passiflora, Mimulus, Dianthus, Cineraria, Petunia, Rosa u.a.m., bei anderen will es nur schwer oder gar nicht gelingen. Wesentlich ist, den richtigen Moment zu treffen und keine anderen Blumen derselben Art als nur die künstlich befruchteten in der Nähe blühen zu lassen. In erster Beziehung muß vor allem verhindert werden. daß die Narbe [458] nicht schon Blüthenstaub aufgenommen habe, noch ehe die Blume ganz offen gewesen, was durch vorsichtiges Oeffnen der Blumenkrone und Ausschneiden der Staubbeutel in den meisten Fällen leicht bewerkstelligt wird. Der Blüthenstaub von einzelnen Arten behält vorsichtig aufbewahrt bisweilen Monate und über 1 Jahr lang seine Wirksamkeit. Den Arabern ist dieß sowie die Möglichkeit der künstl. B. bei der Dattelpalme schon lange vor Linné, dem Erfinder dieser B.slehre, bekannt gewesen. Vergl. Neuberts Gartenmagazin, Jahrgang 1848, Stuttgart.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 458-459.
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