Beicht

[462] Beicht (althochdeutsch pijit, pigit Bekenntniß, confessio), die Selbstanklage des Büßers vor dem mit der Schlüsselgewalt ausgerüsteten Priester zur Erlangung der Lossprechungsgnade; sie ist die 2. Grundbedingung der Wiederversöhnung und beruhet auf der Natur des Bußsakraments und göttlicher Einsetzung. Den Aposteln und ihren Nachfolgern ist die Gewalt gegeben zu binden und zu lösen (Math. XVI, 19. XVIII, 18. Joh. XX, 21–23); die Ausübung einer solchen für Erde und Himmel geltenden Gewalt verlangt aber die genaueste Kenntniß des Thatbestandes und diese ist nur möglich durch das Selbstbekenntniß des Sünders. Die christliche Ordnung fordert sodann eine zeitliche Genugthuung von dem Sünder (vergl. Ablaß und Absolution), und das Sündenbekenntniß ist der erste Akt dieser Genugthuung; nach dem Grade der Sündhaftigkeit bestimmt der von Gott bestellte Richter die weitere Genugthuung und eben darum muß er ein specielles Sündenbekenntniß verlangen. Die ersten Gläubigen erkannten es als Verpflichtung, ihre Sünden zu bekennen (Apostelgesch. XIX, 13) und so die späteren durch alle Jahrhunderte. Die B. war in den ältesten Zeiten eine öffentliche, vor der versammelten Gemeinde abgelegte oder eine private (Ohrenbeicht), die in der Regel der öffentlichen voranging; dies bezeugen die ältesten Kirchenväter und Concilien und es ist irrig, wenn man Leo I. oder Innocenz III. die gesetzliche Einführung der Ohrenbeichte zuschreibt. Die Reformation, welche die Buße aus ihren Sacramenten strich, konnte die B. nicht in der bisherigen Bedeutung auffassen; zwar behielt Luther die Privatbeicht, aber nur als ein pädagogisches Mittel bei und deßwegen auch hauptsächlich nur für junge Leute und das unwissende Volk, die andern Reformatoren aber setzten consequent an die Stelle der Privatbeicht die allgemeine öffentliche, wie sie nun auch bei den Bekennern der Augsburg. Confession Gebrauch ist.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 462.
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