Hermes Trismegistos

[285] Hermes Trismegistos, d.i. der dreimal größte Hermes (Götterbote), griech. Name eines mytholog. Wesens, welches als Begründer von Culturzuständen nicht nur bei den alten Aegyptern, sondern auch bei andern oriental. Völkern vorkommt und heute noch von Mohammedanern mit Henoch, Moses, Seth u.s.f. zusammengestellt od. verwechselt wird. Vielleicht war H. T. ein Nachklang der ursprünglich wahren Gotteserkenntniß der heidn. Völker; deutlicher schon tritt seine Rolle als die eines Mittlers zwischen Gott u. den Menschen hervor; gewöhnlich wird er als der altägypt. Thaut, als Personification des ägypt. Priesterthums aufgefaßt, wo dann die Zusammenstellung mit dem griech. Hermes u. röm. Mercurius keineswegs als sinnlos erscheint. Er soll die Schreibekunst, die Zahlen. Geometrie u. Astronomie erfunden, der Erbauer vieler Städte und Gesetzgeber gewesen sein u. in 6525 oder gar in 20000 Schriften eine Weisheit hinterlassen haben, die sich als Geheimlehre fortpflanzte u. aus welcher alle Weisen Aegyptens (hermet. Kette) u. Griechenlands schöpften. Allmälig sank H. T. vorherrschend zu der trivialen Bedeutung des ersten Alchymisten und Magiers, seine Weisheit zur Kenntniß des Goldmachens herab; durch die Geheimnißthuerei der Neuplatoniker galt er vorübergehend als der Urheber aller Geheimlehren u. Schwärmereien u. ihnen verdankt man die sog. hermet. Schriften, deren Sammlung Patricius in den »Nova de universis philosophia« (Ferrara 1591, Lond. 1611) übernahm. – Hermetik, hermet. Kunst, Medicin = Magie, Alchemie; Hermetiker, Weisheitskrämer, Goldmacher; hermetisch verschlossen, mit magischen Siegeln, luftdicht verschlossen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 285.
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