Neuplatonismus

[325] Neuplatonismus, der vom Juden Philo und Numenius von Apamea vorbereitete. im 3. Jahrh. n. Chr. von Plotin und andern Neuplatonikern ins Werk gesetzte Versuch der antiken Philosophie, ein absolut wahres System der Metaphysik aufzustellen. Die Eigenthümlichkeit des N. lag weit weniger am Anlehnen an Platon als darin, daß er 1) der geschichtliche Ausdruck der Sehnsucht und des Ringens der zerfallenden Heidenwelt nach absoluter Wahrheit wurde; 2) als das heidnische Gegenbild des Christenthums nicht nur für absolut wahre Philosophie, sondern für universelle Religion gelten wollte, aber 3) auf einen pantheistischen Mysticismus hinauslief, in welchem alles Denken u. die antike Philosophie überhaupt ihr Grab fand. Von Rom u. Alexandrien kam der N. im 4. Jahrh. nach Athen und setzte sich hier in der Akademie fest; schon die Stifter waren mystische Schwärmer. welche auf das Denken u. Beweisen verzichteten u. durch ekstatische Zustände in ein Absolutes oder Ur-Eines sich hineinschwindelten, von dem sie selber sagten, es sei nicht nur unaussprechbar, sondern überhaupt undenkbar, die Vernunft u. Weltseele seine Emanationen, die einzelnen Seelen Amphibien zwischen der Vernunft u. Sinnenwelt, die Sinnenwelt aber nur Abbild des wahren Seins. Die spätern Neuplatoniker erschienen als geräuschvolle Vertreter einer falschen Askese, als Theurgen. Hierophanten u. Zauberer. – Vgl. Plotin, Porphyrius, Proclus, Jamblichos, Julianus Apostata.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 325.
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