Ohr

[394] Ohr (auris), das Organ des Gehörsinns, vergl. Gehör; man unterscheidet das äußere, mittlere u. innere O. Zum äußern O. gehört die O. muschel, die muschelförmige, hohle u. mit der äußern Haut überzogene Knorpelplatte. u. der äußere Gehörgang, ein schwach gewundener, halb knorpeliger, halb knöcherner Kanal, von der O. muschel bis zum Trommelfell von einer verfeinerten Fortsetzung der äußern Haut ausgekleidet. Das Trommelfell ist eine dünne, [394] elastische Membrane zwischen dem äußern und mittlern O. Das mittlere O. umfaßt die Pauken- oder Trommelhöhle, eine kleine, knöcherne Höhle im Schläfenbein, nach außen durch das Trommelfell geschlossen, an der entgegengesetzten innern Wand mit 2 kleinen, durch eine Membran verschlossenen Oeffnungen, dem Vorhoffenster und Schneckenfenster. In der Trommelhöhle befinden sich die Gehörknöchelchen (Hammer, Ambos u. Steigbügel), eine zusammenhängende Kette bildend, nach außen mit dem Stiel des Hammers im Trommelfell befestigt, nach innen mit dem Tritt des Steigbügels auf dem Vorhoffenster aufsitzend. In die Trommelhöhle mündet die Eustachische Röhre, ein Verbindungskanal zwischen der Trommel- u. Rachenhöhle. Das mittlere O. leitet die Schallwellen vom Trommelfell zum innern O., theils durch die Gehörknöchelchen, theils durch die in ihm enthaltene Luft. Das innere O., Labyrinth, liegt nach innen über der Trommelhöhle im Felsenbein. Es zerfällt in den Vorhof, eine kleine rundliche Höhle, durch welche die andern 2 Räume unter sich und mit der Trommelhöhle in Verbindung stehen; die Bogengänge, 3 halbkreisförmige, knöcherne u. verschieden gelagerte Röhrchen, die mit ihren Enden in den Vorhof münden; in die Schnecke, einen spiralförmig um eine Spindel gewundenen Kanal, der durch eine halb knöcherne, halb häutige Scheidewand (das Spiralblatt) in 2 Halbkanäle geschieden wird, von denen der eine sich in den Vorhof öffnet, der andere durch das Schneckenfenster an die Trommelhöhle gränzt. In diesem knöchernen Labyrinthe steckt noch ein häutiges, an Gestalt ganz diesem gleich. Sämmtliche Räume des innern O.s sind mit einer wässerigen Flüssigkeit erfüllt. Dieses innere O. umschließt das peripherische Ende des Gehörnervens, der sich im Spiralblatte der Schnecke u. im häutigen Theile der Bogengänge und des Vorhofes ausbreitet. – Dem Bau des menschlichen O.s sehr ähnlich ist das O. der Säugethiere; viel einfacher, sowohl in der Bildung der Schnecke als der Gehörknöchelchen, ist schon das O. der Vögel, zugleich ohne äußeres O.; ähnlich bei den Reptilien. Noch einfacher bei den Fischen, wo bereits die Schnecke gänzlich fehlt. Weit weniger allgemein ist das Gehörorgan bei den wirbellosen Thieren, und dann nur aus einem häutigen Labyrinth mit wässeriger Flüssigkeit bestehend. Mit Sicherheit nachgewiesen ist es bei einigen Insekten (den Locustinen und Acridiern), bei den Mollusken, namentlich den Cephalopoden und bei einigen Crustaceen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 394-395.
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