Paulicianer

[476] Paulicianer, auch Publikaner, Populikaner, nannte man die Mitglieder einer in unsern Tagen häufig verherrlichten gnostisch-manichäistischen Secte des 7. Jahrh., welche nur die 4 Evangelien und die Briefe Pauli als Quelle des Christenthums gelten ließen, alles äußere Kirchenthum und vor allem die kathol. Kirche gründlich haßten. Von 2 manichäistischen Brüdern aus Samosata in Syrien, Paulus und Johannes, gestiftet, wurde Epiparis eine Pflanzschule der P., die namentlich unter dem Kaiser Konstantin Pogonat (668–685 n. Chr.) in die Höhe kamen. Pogonat ließ das Sectenhaupt, Justinian II. (685–695) viele andere P. hinrichten, allein diese machten nun Phanaröa zu ihrem Hauptsitz u. fanden an Leo dem Isaurier sogar einen Beschützer. Die Duldung brachte im 8. Jahrh. Ueberstürzungen des Hochmuthes (ihr Haupt Sergius Tychikus ließ sich um 777 als Paraklet förmlich anbeten) und Spaltungen unter sie, von 811–845 traf sie aber eine nachhaltige Verfolgung. Später lebten ihre Irrthümer bei den Chazaren u. Bulgaren auf; im Abendlande, wo die P. meist Manichäer geheißen wurden, machten sie der Kirche im 11. Jahrh. zu schaffen (z.B. um 1022 zu Orleans); auch ließen sie sich in den Brüdern u. Schwestern des freien Geistes, Begharden, Begutten u.s.w. abermals erkennen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 476.
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