[174] Sehen nennt man das Wahrnehmen äußerer Gegenstände mittelst des Auges; s. Auge. Von jedem Punkte eines sichtbaren Gegenstandes gehen nach allen Richtungen unzählige Lichtstrahlen aus. Diejenigen davon, welche auf unser Auge treffen, gehen durch die durchsichtigen Medien desselben, die Hornhaut, die wässerige Feuchtigkeit, die Linse und den Glaskörper hindurch, u. gelangen so auf die undurchsichtige Nerven- od. Netzhaut im Hintergrunde des Auges. Durch die genannten Medien, als den dioptrischen Apparat des Auges, werden die Lichtstrahlen so gegen einander gebrochen, daß sie sich sämmtlich in einem bestimmten Punkte, dem Brennpunkte, durchschneiden. Bei gehörigem Bau des Auges mit richtigen Brechungsverhältnissen fällt der Brennpunkt der Strahlen auf die Netzhaut und gibt so [174] auf dieser das genaue Bild des Punktes; da dieses bei allen Punkten des betrachteten Gegenstandes der Fall ist, so bildet sich auch der ganze Gegenstand auf der Netzhaut ab und wird dann von dieser, mittelst Fortleitung des erhaltenen Eindrucks durch den Sehnerven auf das Gehirn, empfunden d.h. gesehen. Ist aber bei nicht ganz gehörigem Bau des Auges die Brechung zu stark, so kommt der Brennpunkt, also das Bild des Gegenstandes vor die Netzhaut zu stehen, bei zu schwacher Brechung hinter dieselbe, u. auf die Netzhaut selber gelangen dann die Lichtstrahlen entweder schon wieder auseinander getreten od. noch nicht vereinigt, erzeugen somit ein verschwommenes Bild u. das S. ist undeutlich. Beide Fälle bedingen der erste die Kurzsichtigkeit, der zweite die Fernsichtigkeit, Brechungsfehler des Auges, die wie bekannt durch vertiefte u. erhabene Brillengläser verbessert werden.