[282] Illusion (lat. illusio v. illudere = täuschen), Selbsttäuschung, Einbildung, findet auf verschiedenen Gebieten statt. Die logische Illusion entsteht durch Fehler im Denken, durch Bildung falscher Begriffe, Urteile und Schlüsse. Vgl. Sophismen. – Die metaphysische Illusion ist die Verwechslung der Erscheinung mit den Dingen selbst. S. Ding an sich. – Die ästhetische Illusion ist die durch die Kunst erzeugte Täuschung, vermöge welcher man den schönen Schein für die Wahrheit, das Dargestellte für die Sache selbst hält. Das Wohlgefallen daran entspringt aus der dadurch belebten Phantasie des Beschauers. Der Grad der Illusion ist bei verschiedenen Kunstarten verschieden. Die Architektur erweckt am wenigsten Illusion, demnächst die Plastik, da sie den wirklichen Stoß der Raum- und Bildformen gestalten. Dagegen ist schon in der Malerei[282] mit ihren zwei Dimensionen und ihren relativen Größen alles schöner Schein, und den Objekten ist in ihr jede reale Körperlichkeit genommen. Noch mehr Schein herrscht in der Musik und in der Poesie, in denen die Töne und Worte das Wirkliche ersetzen müssen und das Zeichen an die Stelle der Sache tritt. – Die psychologische Illusion ist der Sinnestrug, welcher von einer wirklichen Empfindung ausgeht, dann aber diese durch reproduktive Elemente stark beeinflußt und verändert und so als Äußeres aus der Seele heraussetzt und schließlich Lokalisation und Projektion miteinander verwechselt. Die Halluzination (B. d.) irrt in der Substanz, die Illusion im Attribut der objektiven Wirklichkeit; jene bezüglich des Daß, diese des Was; jene bedarf der Zurücknahme, diese der Korrektur. Die Illusion entspringt entweder aus Abnormitäten der Sinnesorgane (Entzündung, Erkältung, Lähmung) oder aus Anwendung von sinnestäuschenden Gegenständen, wie Spiegeln, Linsen u. dgl. Auch bei Seelenkrankheiten findet sie sich. Die Ursachen der Illusion Bind mithin überwiegend physiologisch und physikalisch, weniger psychologisch. Vgl. Sinnestäuschungen. – Endlich kann man moralische Illusionen diejenigen Selbsttäuschungen nennen, denen wir uns unser Leben lang hingeben, verleitet durch Hoffnung und Furcht, Erinnerung und Begierde, Liebe, Freundschaft, Ehrgeiz, Stolz und Eitelkeit. Alle Güter des Lebens als Illusionen hinzustellen, haben sich die Pessimisten Schopenhauer und von Hartmann bemüht. Doch dürfte hierdurch der Pessimismus eher widerlegt als bewiesen werden. Denn wenn die Illusionen, wie dies erfahrungsmäßig der Fall ist, den Menschen beglücken, so sind sie nur imstande, die Summe des vorhandenen Glücks zu mehren, nicht zu vermindern.