Objekt

[402] Objekt (lat. von objicere = entgegenstellen, vorstellig machen), Gegenstand, eigtl. das Dargebotene, bedeutet allgemein[402] dasjenige, womit sich ein Subjekt geistig beschäftigt. Das Verhältnis des Subjektes und Objektes ist also zunächst ein rein innerliches, ein Empfinden, Vorstellen, Wahrnehmen, Denken oder Erkennen. Das Objekt ist eine Kategorie oder Grundform des Erkennens. Von der Existenzweise des Objektes selbst ist dabei noch ganz abgesehen; Gegenstand der subjektiven Betätigung ist alles, was dem Bewußtsein gegeben ist, jedes Gedankending. Ursprünglich von Duns Scotus (1265-1308) ab bis in das 18. Jahrhundert hieß es denn auch das, was »im Vorstelligmachen liegt und hiermit auf Rechnung des Vorstellenden fällt«. Objekt bedeutet aber jetzt, seit Kant (1724-1804), im engeren Sinne den dem Bewußtsein durch die Wirklichkeit gegebenen Gegenstand, mithin das Reale in seinem Verhältnisse zum Subjekte. Ohne das Subjekt ist also auch das Objekt in diesem engeren Sinne nicht vorhanden. Dies haben J. G. Fichte und Schopenhauer richtig hervorgehoben: Gegenstand der Betrachtung ist ein Ding nur unter Voraussetzung von einem Betrachtenden. Daher muß von dem Objekte das Reale an sich geschieden werden, das aber für unser Wissen keine Rolle spielt (vgl. Ding an sich). Vielfach wird jedoch, was nur Verwirrung hervorrufen kann, das Reale unabhängig von unserem Bewußtsein auch Objekt genannt. Es ist empfehlenswert, diesem verwirrenden Sprachgebrauchs nicht zu folgen. – Objekt bezeichnet auch das Ziel unseres Handelns, das, worauf unser Streben und Tun gerichtet ist.

Eins der schwierigsten Probleme ist die Existenz der objektiven Welt. Es löst sich durch die Erkenntnis, daß das unserem Bewußtsein in der Empfindung Gegebene ein Ungewolltes und nicht Abzuweisendes ist. – Objektivität heißt Gegenständlichkeit, und zwar, gemäß den obig entwickelten Bedeutungen, sachgemäßes Denken oder Gedachtwerden oder dem Menschen bewußte Realität, oder auch Sachlichkeit der Darstellung, im Gegensatz zur subjektiven, persönlichen Auffassung. Das Objektive steht mithin zwar dem Persönlichen gegenüber, ist deshalb aber keineswegs immer real oder wirklich, da Gegenstand unserer Betrachtung sowohl ein Ding als auch eine Vorstellung sein kann. In der Kunst heißt Objektivität die Darstellung, welche den Gegenstand zur Geltung kommen läßt, während die subjektive Darstellung ihn sich unterordnet. Plastik, Epos und Drama sind objektive, Lyrik und [403] Musik subjektive Künste. Auch die Wissenschaft soll nach Objektivität (sine ira et studio) streben. Objektiv gültig heißt das, was für alle vernünftigen Wesen Gültigkeit hat, objektiv gut, was sie alle als solches anerkennen. Vgl. subjektiv. Eucken, Geistige Strömungen der Gegenwart. 1905. S. 11 ff.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 402-404.
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