[639] Todesstrafe (poena capitalis) oder Strafe am Leben ist die Strafe, welche in der gewaltsamen Tötung eines Verbrechers besteht. Seit alter Zeit hat man sie bei allen Völkern und zu allen Zeiten als nötig und gerecht betrachtet: erst in neuerer Zeit sind Gegner derselben aufgetreten. Die zur Bekämpfung der Todesstrafe vorgebrachten Gründe sind jedoch nicht ausreichend. Man behauptet, die Todesstrafe schrecke nicht ab, wie die Erfahrung beweise, selbst nicht in der gräßlichsten Form; doch keine Strafe hat stets diesen Erfolg. Dem Hinzurichtenden,[639] wirft man ferner ein, werde die Möglichkeit der Besserung entzogen; aber Besserung ist auch nicht der Hauptzweck beim Strafen. Niemand, argumentiert man weiter, habe das Recht, den anderen des Lebens zu berauben; dann hat aber der Mörder auch nicht das Recht dazu, und so gut jeder Bürger berechtigt ist, einen Angreifer aus Notwehr zu töten, ebenso ist der Staat dazu berechtigt, den Mörder zu töten. Ferner wendet man ein, der Ermordete habe nichts davon, daß der Mörder hingerichtet werde; aber auch darauf kommt es nicht an; die Gemeinschaft, die der Mörder im Gemordeten bedroht hat, erhält durch die Strafe Genugtuung. Ein anderer Einwand lautet: Niemand habe sich dazu, daß er ein Verbrechen mit dem Tode sühnen wolle, im Staatsvertrage verpflichtet; doch diese Idee des Staatsvertrages ist nur eine Fiktion. Auch wird geltend gemacht, daß schon oft Justizmorde vorgekommen seien; aber diese Tatsache mahnt bloß zur Vorsicht im Verurteilen, ist dagegen kein ausschlaggebender Grund gegen die Todesstrafe. Endlich behauptet man, die Todesstrafe sei milder als lange, schwere Haft und darum zu verwerfen; aber selbst wenn dies wahr wäre, so verlangt doch die Idee der Gerechtigkeit in einzelnen Fällen den Tod. – Natürlich ist die Todesstrafe nur für die schwersten Verbrechen gerechtfertigt und muß ohne Grausamkeit vollzogen werden. Je kräftiger ein Staat und je sittlicher ein Volk ist, desto seltener wird sie nötig sein; auch steht den Fürsten und Staatshäuptern das Begnadigungsrecht zu. Vgl. Beccaria, dei delitti e delle pene 1764; dtsch. v. Waldeck 1870 (gegen die T.). W. G. Schirlitz, d. Todesstr. in naturrechtl. u. pbilos. Bezieh. 1825. F. v. Holtzendorff, Verbrechen des Mordes und die Todesstrafe 1875.