Todesstrafe

[491] Todesstrafe, tilgt als schwerste Strafe nur noch die schwersten Verbrechen, wie Mord, Brandstiftung, Raub, Diebstahl in mehrmaligem Rückfall, Hochverrath, Aufruhr, Militärverbrechen. Früher wurde die T. weit häufiger angewendet, selbst auf Handlungen, die jetzt viel gelinder (Ehebruch) od. als gar keine Vergehen mehr angesehen werden (Ketzerei, Hexerei). Seit Beccaria, geb. 1738, entwickelte sich ein großer Streit über die Rechtmäßigkeit der T. Manche Staaten hoben sie geradezu auf, häufig im Gefolge von Freiheitsrevolutionen, die meisten aber führten sie wieder ein. Die Frage der Rechtmäßigkeit muß mit der Frage über den letzten Grund des Strafrechts überhaupt gelöst werden. Fordert das Verbrechen um der Gerechtigkeit willen (Gottesordnung, Vergeltung) zur Sühne die Strafe d.h. die Zufügung eines Uebels, so ist die Berechtigung hiezu, ob nun Vermögen od. Freiheit od. Ehre od. Gesundheit od. das Leben entzogen werde, an sich durchaus gleichmäßig vorhanden. Ruht aber die Strafe auf dem Zwecke der Abschreckung, Warnung, so ist die T. nur insoweit gerechtfertigt, als sie hiefür zweckmäßig (nothwendig und dienlich) ist. Soll endlich die Strafe nicht sowohl ein Vergeltungsübel, sondern eine Besserungsschule sein (Pönitentiarsystem), so läßt sich die Besserungsmöglichkeit bei keinem Menschen gänzlich leugnen u. es wäre deßhalb die T., welche jene absolut abschneidet, gar nicht zulässig. – Die früheren Zeiten verschärften die T. mit allerhand Zugaben, wie vor der Hinrichtung Auspeitschen, Schleifen auf die Richtstätte, Zwicken mit glühenden Zangen, Abhauen der Hand, der Zunge u.s.w., od. nachher Radflechten des Leichnams, Aufstecken des Kopfes, Verbrennen. Jetzt beschränkt man sich in der Regel auf mildere T.arten u. deren einfache Vollziehung. Das gemeine deutsche Recht kennt besonders die Enthauptung (Schwert, Beil, Guillotine, Yatagan), das Henken (Strick um den Hals die Leiter hinauf an den Galgen oder, wie in England, Wegzug des Bretterbodens, auf welchem der angeknüpfte Delinquent unter dem Galgen stand), das Rädern von unten (Brechen der Glieder vom Fuß an aufwärts mittelst Rad oder Keule, zuletzt der Herzstoß) oder von oben (in umgekehrter Reihenfolge), das Ertränken (in Säcken, worin sich etwa auch Thiere befanden, als Hund, Schlange, Hahn, Affe, Katze), das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen am Pfahl, das Viertheilen (Ausreißen der 4 Glieder durch Pferde), das Pfählen (lebendig in der Erde begraben, mit einem Pfahl ins Herz geschlagen) und das Erschießen beim Militär. Anderweitige T. arten: Kreuzigung bei Hebräern und Römern, Giftbecher bei den Griechen, Dichotomie (Gliederabschneiden) bei den Chaldäern u. Chinesen, Versägen, Steinigung, vom Felsen stürzen, Vorwerfen vor wilde Thiere, Sieden in Wasser, Oel od. Blei, Spießen an einen spitzigen Pfahl, Spießruthenlaufen, Erdrosselung (bei Römern, [491] Griechen und Juden im Gefängniß, bei den Türken mit der seidenen Schnur, in Spanien mit der Halsschraube, garotta). – Todesurtheile sind manchenorts nur zulässig beim Geständniß od. bei Einstimmigkeit od. großer Mehrheit des Gerichtes. Sie werden feierlich eröffnet u. in der Regel dem Landesherrn zur Bestätigung oder Begnadigung vorgelegt. – Literatur: Carmignani, Guizot, Mittermaier, Abegg, Jarke, Zyro.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 491-492.
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