Schriftliche Heirathsanträge und Liebesbriefe.

[21] Blankenburg, den 14. Januar 1828.


Innigst geliebte Freundin!


Ich habe einen schweren, aber dennoch fruchtlosen Kampf mit mir gekämpft! Ach Gott! wie wäre es wohl auch möglich von dem zu lassen, was mich schon seit geraumer Zeit ergriffen und mein Innerstes mit Sehnsucht erfüllt hat? Ja, Julchen, seit ich Sie sah, seit ich Ihre Mildthätigkeit, Ihre Freundlichkeit und Ihr gutes Herz kennen lernte, war auch meine Ruhe vernichtet und überall umschwebte mich Ihr geliebtes theures Bild. Nimmer wird meine Ruhe wiederkehren, wenn ich unerhört und nicht geliebt von Ihnen werde. Doch, der gütige Himmel, der mir Gelegenheit gab, Sie holdes Geschöpf kennen zu lernen, wird auch Ihr schönes Herz lenken.

Ich wiederhole es, einen fruchtlosen Kampf habe ich gegen die mächtige Liebe gekämpft.

[22] Vergebens suchte ich Zerstreuung auf Bällen und an andern Orten des Vergnügens, vergebens arbeitete ich Tag und Nacht, und vergebens eilte ich in die schöne Schöpfung Gottes, sah die aufgehende Sonne, den blauen gewölbten Himmel, sah den freundlichen Mond, wie er durch das Grün der Bäume schimmerte, hörte das Chor der besiederten Sänger des Haines, suchte Ruhe und – fand sie nicht.

Eine Wüste mit allen ihren Schrecknissen würde die Erde für mich werden, wenn ich ohne Hoffnung lieben sollte; aber in neuer herrlicher Pracht wird Sonne und Mond für mich aufgehen, wenn meine Wünsche erfüllt, wenn mein Herz erkannt und von Ihnen nicht zurückgewiesen wird. Mit Offenheit erkläre ich Ihnen daher: »Ich liebe Sie heiß und innig!«

Julchen, ich liebe Sie so, wie außer mir kein Sterblicher weiter lieben kann. Wenn Sie mich lieben, so brauche ich keinen Himmel mehr. Ich werde mich zum glücklichsten Sterblichen zählen und das Loos eines Kaisers nicht beneiden; [23] ja, um Ihren Besitz würde ich selbst einer Krone entsagen. Nochmals erlauben Sie mir das Geständniß, daß ich Sie innig und ewig lieben werde. Verzeihen Sie mir meine Kühnheit. Bei Gott! ich konnte nicht länger schweigen, mein Herz drohte zu zerspringen, und jetzt schlägt es schon etwas ruhiger, weil schon Hoffnung in ihm wohnt. Recht bald erwarte ich einige tröstende Worte der Erwiederung von Ihnen und verbleibe

Ihr

Sie ewig liebender Freund

Friedrich Rasehorn.


Halberstadt, den 5. März.


Werthgeschätzte Demoiselle N.N.!


Wenn ich neulich Muth gehabt, so hätte ich Ihnen persönlich das mitgetheilt, was ich für Sie empfinde, und brauchte also diese Zeilen nicht zu schreiben. Zürnen Sie nicht [24] darüber, wenn ich Sie durch diesen Brief belästigen sollte.

Ehe ich diesen Schritt wagte, habe ich einen schweren Kampf zu bestehen gehabt, doch vermochte ich nicht zu widerstehen. Kein Wunsch entsteht in mir, wobei Sie nicht die Hauptrolle spielten. Ich erröthe, wenn ich nur an Sie denke; aber doch habe ich jetzt Muth gefaßt, und offenbare Ihnen meine verborgene Neigung und meine geheimen Wünsche. Werden Sie aber auch nicht zürnen über mein Geständniß? Nein! Gewiß nicht. Schon einmal hatte ich beschlossen, Ihnen mein Herz aufzuschließen, doch ein inneres Zittern hielt mich davon ab. Ich war so glücklich, denn Sie warfen zuweilen einen freundlichen Blick auf mich.

Das Geheimniß kann ich aber nun nicht länger in meiner Brust vergraben! Der Schritt muß gethan werden, sei er auch noch so gewagt. Daß ich Sie achte und schätze, sagte ich Ihnen neulich auf dem Balle, daß ich Sie aber wahr und aufrichtig liebe, wage ich erst jetzt Ihnen [25] schriftlich mitzutheilen. Glauben Sie meinen Worten, die Liebe ist in mein Herz mit solcher Gewalt eingedrungen, daß sie nie wieder daraus vertrieben werden kann. Was meine Verhältnisse betrifft, so sind Ihnen diese hinlänglich bekannt. – O daß es mir von der Vorsehung vergönnt wäre, Ihr Herz und Ihre Hand zu erringen, und mit Ihnen, geliebte Freundin, die Tage meines Lebens zu durchwandeln. Dann – dann würde ich nicht mehr glauben auf der schönen Erde allein zu stehen, sondern mit beseligenden Banden mich umschlungen wähnen. Durch Ihren Besitz würde mein schönster Wunsch erfüllt und von Ihnen geleitet würde ich wähnen im Himmel zu sein.

Erfreuen Sie mich bald mit einer erwünschten Antwort und bedenken Sie, daß von Ihrer Antwort das Glück oder Unglück meines Lebens abhängt. Leben Sie recht wohl!

Ihr

stets ergebener

August König.


[26] Magdeburg, den 3. Mai 1828.


Bestes Malchen!


Fast unvermerkt sind zwei Jahre verflossen, seit ich das Glück hatte, Sie kennen zu lernen. Ach! Nie – nie werde ich die seligen Stunden vergessen, die ich in Ihrer Gesellschaft verlebt habe. Zwar ist mein Temperament selten zur Trauer gestimmt, doch wenn dies der Fall war, so heiterten Sie mich bald wieder auf. Wie gütig und liebevoll behandelten Sie mich stets! Wie so ganz entwickelten Sie Ihr schönes Herz, und ein neues Leben ging in meinem Innern auf!

Es ist heute der Tag, an dem ich vor zwanzig Jahren das Licht der Welt erblickte. Gewiß ein wichtiger Tag! Mein ungestüm pochendes Herz trieb mich in die freie Natur. Ich eilte in das nahe Wäldchen, wo das sanfte Flöten Philomelens zauberische Bilder lebhaft in mir erweckte. Den grünen Bäumen, den stillen Thälern und den duftigen Blumen des Wiesengrundes[27] erzählte ich mein Glück, meine Wonne, mein Entzücken; ich rief alle jenen schönen Stunden, die ich in Ihrer Gesellschaft verlebte, in mein Gedächtniß zurück und fühlte mich recht glücklich, denn ich glaubte Ihnen nicht ganz gleichgültig zu sein. Liebes himmlisches Malchen! ich liebe Sie unendlich und selbst dann noch, wenn Erd' und Himmel vergehen, so werde ich noch lallen: »Malchen.« Ich habe mich in M. etablirt, wo ich mein gutes Auskommen habe, und hoffe, daß das Geschäft in Zukunft noch mehr in Aufnahme kommen wird, wenn erst mein himmlisches Malchen in meinem Hause ist. Die Zeit wird mir zur Ewigkeit werden, ehe ich Antwort von Ihnen erhalte, weshalb ich Sie bitte, mir Ihre gefällige Antwort mit erster Post zukommen zu lassen.

Ihr

treuer und wahrer Freund

J. Damas.


[28] Wechsungen, den 4. April 1828.


Schon seit einer geraumen Zeit bin ich mit Ihnen, liebes Gustchen, bekannt, und hoffe daher mit Zuversicht, daß Sie in meine redliche Denkungsart kein Mißtrauen setzen werden. Mein Geschäft ernährt mich reichlich und geht täglich noch besser. Nur fehlt mir noch etwas und zwar eine brave Gattin. Glücklich würde ich mich schätzen, wenn Sie die Gefährtin meines Lebens werden wollten. Es wird Ihnen gewiß nie gereuen, wenn Sie meine Bitte erfüllen. Ich werde Sie stets treu lieben und alle Ihre Wünsche zu befriedigen suchen.

In Erwartung einer schleunigen und günstigen Antwort, verbleibe ich mit Hochachtung

Ihr

treuer Freund und Diener

Gottlieb Michael.


Egeln, den 5. April 1828


Mamsell Minna!


Kaum habe ich das Vergnügen gehabt, Sie [29] kennen zu lernen, so ist auch bei mir der Wunsch schon entstanden, mich mit Ihnen auf ewig verbinden zu lassen. Sollten Sie daher noch frei von Neigung zu einem Andern sein und mir Ihre Liebe schenken können, so würde ich mich dadurch höchst beglückt fühlen. Mein Vermögen setzt mich ist den Stand, Ihnen ein von allen Nahrungssorgen befreites Leben zu versprechen. Ich mache auf weiter nichts Anspruch als auf Ihre liebenswürdige Person, denn Ihre Hand ist für mich von größerem Werthe, als Reichthum. Ihre lieben Eltern werden gewiß nichts gegen Ihre Verbindung mit mir einzuwenden haben. Eine günstige Antwort erwartet recht bald

Ihr

ergebenster Diener

Mylius.


Steigerthal, den 8. April 1828


Theuerste Freundin!


Im Vertrauen auf Ihre Nachsicht und Güte wage ich es, Sie mit diesen Zeilen zu belästigen.

[30] Es war am 4. März, beste Freundin, als ich das Vergnügen hatte Sie kennen zu lernen, und ewig unvergeßlich wird mir dieser Tag bleiben. Ich war Zeuge, wie Sie durch Ihr Beispiel und Ihre Freundlichkeit in dem Hauswesen über die Mägde herrschten. Seit dieser Zeit umschwebt mich Ihr Bild Tag und Nacht. Sie sind mein erster und mein letzter Gedanke, denn solch ein holdes, freundliches Wesen wie Sie wünschte ich auch in mein Haus. Wenn Sie daher Ihre Neigung nicht schon einem Andern geschenkt haben, so wage ich die Bitte an Sie, werden Sie meine Gattin. Es ist wahr, in meiner Jugend führte ich zuweilen ein wüstes Leben, doch habe ich mich jetzt sehr geändert, und werde, von Ihnen geleitet, gewiß ein ganz guter Mensch. Erhören Sie meine dringende Bitte und beglücken mich mit einer erfreulichen Antwort. Ewig

Ihr

gehorsamer Diener

Friedrich Hold.


[31] Sondershausen den 3. Mai 1828.


Ewig geliebtes Gustchen!


Wie so lange, so unendlich lange habe ich keinen Brief von Dir erhalten? Die schöne Sprache der Buchstaben soll doch nicht verstummen? Ein schrecklicher Gedanke umkrällt mein Herz durch den Gedanken, daß Du Dich von mir nach und nach zurückziehn willst. O Gustchen, kannst Du wohl zugeben, daß so bange Zweifel in meinem Herzen erwachen? Kannst Du Dir wohl die Qualen denken, die in meiner Seele wüthen, ohne mir einige Tropfen lindernden Balsam hinein zu gießen? Ueber zwei Monate sind verstrichen und noch erscheint keine Zeile von Dir, die mir sagte: »Julius, ich bleibe Dir treu.« Bist Du krank? Nein, gewiß nicht; denn dann würdest Du gewiß schreiben, damit ich für Dich beten könnte! Bist Du mir ungetreu geworden und liebst einen Andern? Furchtbarster Gedanke! Aber nein, mein gutes Gustchen, die mir unter Gottes freiem Himmel, bei [32] der Mahleiche ewige Treue gelobte, wird ihren Schwur halten. Der milde Stern der Liebe wird auch ferner meinen Lebenspfad erleuchten, obgleich ihn ein schwarzes Gewölk zu verdunkeln droht. Du wirst den Schwur der Treue nicht brechen und Deinem Julius nicht untreu werden.

Fast täglich eile ich auf die Post und hoffe auf einen Brief vor. Dir. Der Briefträger ist mein liebster Mann, denn durch ihn erhalte ich ja Nachricht von der Inniggeliebten. Kommt er zu mir in das Zimmer, so möchte ich ihn umhalsen; sehe ich dann Deine todten Buchstaben, so pocht mir das Herz hörbar und laut möchte ich aufjauchzen.


O Gustchen, guter Engel, erbarme Dich meiner und laß mich nicht vergebens bitten, oder gib mir den Todesstoß, denn der Tod von Deiner Hand hat nichts Schreckliches für mich. Bitte, laß mich nicht länger in der schrecklichen Ungewißheit, denn durch sie werde ich täglich abgezehrter und elender. Schreibe, Gustchen, [33] wenn Du mir auch etwas Schreckliches mittheilen müßtest.

Dein

ewig getreuer

Julius Bötticher.


Schönfeld, den 5ten April 1828.


Meine liebe Ludmilla!


Dieser Brief möge auf den Flügeln der Liebe zu Dir gelangen und Dir die wahren Empfindungen meines Herzens mittheilen. O könnte ich Dich doch einmal wahrhaft überzeugen, daß ich ewig und allein nur Dich liebe. Erfülle nun endlich meine Bitte und laß die Scheidewand der Verhältnisse, die ja nur zum Schein unter uns bestanden hat, endlich auch vor den Augen der Welt verschwinden und laß es uns öffentlich zeigen, daß wir uns wahrhaft lieben. Gewiß brauchen wir uns vor dem Urtheil der Welt nicht zu fürchten. Ich bin mir nie eines Fehltritts bewußt, verdiene mein Brod [34] reichlich für mich, eine Frau und – was dazu gehört. Da mich Deine Eltern schon seit geraumer Zeit kennen, liebe Ludmilla, so werden sie nichts gegen unsere Verbindung einzuwenden haben, wenn sie auch reicher sind, als meine Eltern. Besonders lieb hat mich Deine Mutter und wer ihre Gunst besitzt, hat viel gewonnen. Wenn Du daher glaubst, daß ein günstiger Zeitpunkt da ist, so eile ich zu Dir nach dem lieben Erfurt und halte förmlich um Deine Hand bei den Eltern an. Ehe dann ein Jahr vergeht, bist Du mein liebes Weibchen und ich Dein liebes Männchen. Wir wollen ein Leben zusammen führen, daß uns Kaiser und Könige beneiden sollen; denn an Deiner Seite werde ich den Himmel auf der Welt haben. Gern will ich arbeiten, gern die Last und die Hitze des Tages ertragen, weil mich der Abend mit seinen Freuden erwartet. Wir wallen dann Hand in Hand durch die blühenden Haine und Saatfelder, womit mein Städtchen so reichlich gesegnet ist. Hinter meinem Häuschen habe [35] ich ein Gärtchen; in dieses habe ich eine Laube von duftendem Jasmin und Jelängerjelieber anlegen lassen, da wollen wir ruhen. Philomele wird auf unsere Liebkosungen lauschen, mich um Deine Küsse beneiden und in klagenden Flötentönen ihrem kleinen gepreßten Herzchen Luft machen.

Immer wollen wir uns treu lieben, dann wird auch der Herbst unseres Lebens so schön sein, als der Frühling. O Ludmilla, wie glücklich werden wir sein!

Das dunkle Gewölk am Horizonte erinnert mich, daß die Königin des Tages uns nicht immer erfreuen kann, doch gewiß wird es schnell verschwinden und in desto schönerer Pracht die Sonne lachen.

Sind uns Leiden von der gütigen Vorsehung beschieden, so wollen wir sie gemeinschaftlich tragen und ihnen trotzig die Stirn bieten.

Durch Fleiß, Sparsamkeit und häusliche Einrichtung werden wir immer so viel übrig [36] haben, daß wir auch unseren Nachkommen eine gute Erziehung geben und ihnen etwas lernen lassen können. Nach Reichthum laß uns nicht trachten, denn das Sprichwort sagt: »der Reiche fällt leicht in Versuchung.« Unser Wahlspruch sei – Zufriedenheit.

Bestes Mädchen, laß mich nicht lange auf Antwort harren, denn mit Sehnsucht erwarte ich die Stunde unserer Vereinigung. Ewig

Dein

Carl Kato.


Frankenhausen den 7. April 1828.


Gutes Minchen!


Es sind nun bereits drei Wochen, seitdem ich das Glück nicht gehabt habe, Sie zu sehn. Eine wahre Ewigkeit für mich! Wüßten Sie, gutes Minchen, wie mich ein Gruß oder ein Blick von Ihnen erfreute, so würde ich gewiß das Glück haben, Sie in den Abendstunden zuweilen am Fenster Ihrer Wohnung zu sehn, wo [37] Sie gewiß in Ihrer Wirthschaft nichts mehr zu besorgen haben. Oft – ja gewiß recht oft beneide ich die Zimmer, wo Sie zuweilen sind und denke: ach, wärst du doch so glücklich wie sie, das gute Minchen immer zu sehen. Sie lächeln und glauben meinen Worten nicht, aber bei Gott! ich rede die Wahrheit.

In acht Tagen wird in S. Ball sein, wo Sie doch gewiß auch nicht fehlen werden. Bitte, verschönern Sie doch ja denselben durch Ihre Gegenwart. Erfahre ich, daß Sie hingehen, so werde ich auf den Flügeln der Liebe auch dahin eilen und durch Sie wird er zum schönsten Balle für mich werden. Wo sie sind, da ist für mich ein neues schöneres Leben aufgegangen da rollt mir das Blut siedendheiß durch die Adern und jede Nerve wird straff. Wo Sie aber nicht sind, da starre ich seufzend in die Natur oder auf die Gesellschaft, und fliehe wieder in mein Stübchen, um ungestört meinen Gedanken nachhängen zu können.

Englisches Minchen! Ich weiß, Sie haben [38] ein gutes Gemüth und werden mir daher auch nicht zürnen, wenn ich die Kühnheit habe, Ihnen zu gestehen, daß ich Sie seit dem ersten Moment unserer Bekanntschaft heiß, innig und mit wahrer Leidenschaft liebe. Zürnen Sie nicht, ich mußte meiner Brust Luft machen, wenn sie nicht zerspringen sollte. So wie ich Sie, kann außer mir kein Sterblicher lieben. Wenn Sie mir daher nur etwas gewogen sind, so hoffe ich, Sie in Zukunft öfterer zu sprechen und daß Sie auf dem Balle bestimmt erscheinen.

Jede Minute wird mir bis dahin zur Ewigkeit. Nehmen Sie nochmals die Versicherung meiner unwandelbaren treuen Liebe und Hochachtung von Ihrem ergebenen

A. Sellen.


Halle den 10. Aprill 1828.


Endlich, mein Carolinchen, kann ich es wagen, durch einen sichern Boten wieder an Dich zu schreiben. Du machst mir in Deinem [39] letzten Briefe Vorwürfe, daß ich so selten schreibe und ziehst sogar meine Treue in Zweifel. Bei Gott! ich verdiene diese Vorwürfe nicht! Da Deine Eltern nichts von unserm Briefwechsel wissen dürfen, so findet sich natürlich ein postillon d'amour selten, der seinen Auftrag pfiffig ausführt. An meiner Treue darfst Du nicht zweifeln. So fest die Sterne am Himmel stehen, so fest steht auch meine Treue.

Ich führe hier ein stilles und einförmiges Leben, denn nirgend gefällt es mir, weil Du nicht da bist. Ueberhäufte Geschäfte lassen mir auch selten Muße dazu. Meine einzige Erholung ist die: wenn ich ungestört an die Vergangenheit denken kann, wo ich das Glück hatte, Dich täglich zu sehen und zu sprechen. Ach! könnte ich doch jene glücklichen Tage noch einmal in die Wirklichkeit zurückzaubern! Warum sind doch den Menschen die Freuden so sparsam zugemessen!?

Bleibe auch Du mir, mein himmlisches Carolinchen, so treu wie ich Dir, und Gott, [40] der Allgütige, wird uns belohnen. Deine Eltern werden einsehen lernen, daß Geld und Gut nicht immer zusammen kommen muß und werden dann endlich auch unsere Verbindung segnen. Tugend, Treue und Hoffnung sollen unsere Begleiter sein, und muthig können wir dann in die Zukunft blicken.


Ueberbringer dieses kannst Du wieder einen Brief mitgeben, weil sich solcher mehr Stunden in E. aufhält. Lebe wohl und vergiß nicht

Deinen

treuen

Ludwig.


Sondershausen, den 4. Mai.


Freue Dich mit mir, mein Hannchen, ich habe in der Lotterie 1000 Thaler gewonnen. Ich bin der glücklichste Mensch auf Erden und möchte vor Freude jeden Menschen umarmen.

[41] Unser Verbindung wird nun nichts mehr im Wege stehen. Auf meiner Nachbarschaft wird ein Häuschen verkauft, welches höchstens 500 Thaler kostet und die andern 500 Thaler nehme ich zu meinem Geschäfte.

Sieh, mein Hannchen, den Tugendhaften verläßt Gott nie! Wir wollen ein Leben führen wie die Engel im Himmel und uns durch Thätigkeit unser Brod verdienen. Wir armen schwachen Menschen verzweifeln leicht und ahnen nicht, daß uns Rettung so nahe ist.

Ich ging neulich ganz melancholisch spazieren, dachte an meine schreckliche Lage; da warst nur Du der gute Engel, der mich von einem Schritte abhielt, den mir die Verzweiflung eingab. Jetzt, so plötzlich, erschien die Glücksgöttin und erfreute mich mir einem bedeutenden Gewinnste. Ich habe sogleich meinen Herrn verlassen und werde Dich nächstens besuchen. Sobald [42] ich mein Geschäft im Stande habe, wirst Du nun mein Weibchen.

Lebe wohl und denke auch an

Deinen

getreuen

C. Hespe.


Berlin, den 20. Mai 1828.


Geliebter!


Es ist nun wieder eine geraume Zeit verstrichen, in welcher ich Dich weder gesehen, noch gesprochen habe. Es scheint wirklich, als ob Du jede Zusammenkunft mit mir zu meiden suchtest; sollte ich Dir jedoch Unrecht thun, so will ich gern diese Worte zurücknehmen. Früher, als Dein seliger Vater noch lebte, war es uns nur äußerst selten vergönnt, einander zu sprechen; doch jetzt, da Du nun zum selbst ständigen Jüngling geworden bist, weiß ich wirklich nicht, ob ich noch einen Geliebten habe oder nicht. Welche Opfer habe ich Dir gebracht, als mich der Haß Deines Vaters verfolgte! Ich brachte [43] sie jedoch gern, denn der wahren Liebe wird alles leicht. Gewähren Dir vielleicht Deine Spiel- und Trinkgelage mehr Vergnügen als meine Gesellschaft, in der Du jetzt ohne Furcht sein kannst? Glaubst Du, daß das Bischen Jugend ewig währt und die Folgen eines wüsten Lebens ausbleiben? Geliebter! kehre zurück zu Deiner Amalie und werde wieder ganz so, wie Du vor vier Jahren warest. Weißt Du noch, als Du mir Deine heißen Gefühle auf dem Spaziergange am 16. Mai gestandest? Du schienst damals der glücklichste Mensch zu sein; benutztest jede Gelegenheit, um mich zu sehen oder zu sprechen, schwurst mir stets Deine treue unwandelbare Liebe zu und nun bekümmerst Du Dich durchaus nicht mehr um mich. Was soll ich von Dir denken? Du weißt es, was ich um Deinetwillen getragen und gelitten habe, doch sollen Dich Deine Worte nicht binden, Du bist von diesem Augenblicke an frei. Wenn auch mein Herz darüber brechen sollte, so will ich dennoch weit lieber ins kühle Grab, als an einen[44] Mann gebunden sein, der mich wahrscheinlich nur aus der Urfache nehmen würde, um sein gegebenes Wort nicht zu brechen. Nochmals, Du bist frei! Mögest Du in den Armen eines andern Mädchens das Glück genießen, welches Dir Deine unglückliche Amalie vom ganzen Herzen wünscht. Lebe wohl und denke zuweilen auch an mich, denn Dich werde ich nimmer vergessen. Meine Thränen fließen, daß ich den Schwüren eines Jünglings, den ich so innig liebte, glauben konnte. Deine unglückliche

Amalie Hagebusch.


Antwort.


Geliebte Amalie!


Du zweifelst an meiner Treue? O, wie so sehr hast Du mich verkannt! Es ist wahr, wir haben uns lange nicht gesprochen, doch liegt die Schuld einzig am Tode meines Vaters, wodurch mancherlei Geschäfte entstanden. Du machst es mir zum Vorwurf, daß ich Spielund [45] Trinkgelage besuche, doch geschieht dies nur selten, und zwar aus der Ursache, um mich zu zerstreuen. Am Tage kann ich das Haus unmöglich verlassen und des Abends konnte ich Dich nicht sprechen. Es ist wirklich kränkend für mich, daß Du an meiner Treue zweifeln konntest! Glaube mir, ich ließe Dich noch eben so treu und herzlich, als im Anfange unserer Bekanntschaft. Ehe ich mir das Jawort von Deinen lieben Eltern erbitte, muß ich jedoch erst mit meiner Schwester getheilt haben. Wir werden uns nun recht oft sprechen können, da der holde Frühling erschienen ist. Schon weht die Luft mild, die Sänger des Haines kehren wieder und die Abende werde ich in Deiner, mir so angenehmen Gesellschaft, zubringen können. Amalie! ich habe oft – recht oft an Dich gedacht. Mein einziger Wunsch ist nun der: Dich bald als mein trautes Weibchen heimführen zu können. Die gütige Vorsehung wird meinem bescheidenen Wunsche hoffentlich keine Hindernisse in den Weg legen, und Dein August wird der [46] glücklichste Mensch werden. Ich küsse Dich in Gedanken und verbleibe mit unerschütterlicher Treue

Dein

A. Gentzel.


Bonn, den 21. März 1828.


Liebes Riekchen!


Mit Erstaunen erfahre ich so eben, daß Ihnen an meiner Liebe nicht viel gelegen sein muß, weil Sie ohne Scheu sich von dem jungen Ladenhüter, der ein wahrer Geck ist und die Mädchen zum Besten hat, die Cour machen lassen. Also auch ich habe nun Beweise von der Unbeständigkeit des weiblichen Geschlechts und werde Maaßregeln darnach ergreifen. Riekchen! Nehmen Sie Ihr Bischen Vernunft zusammen und stellen Sie einen Vergleich zwischen mir und dem Ladenhüter an, und Sie werden gewiß finden, daß ich im Geschäft und im Gelde das Uebergewicht habe. Der Ladenhüter wird [47] Ihnen freilich schöne Sachen vorsprechen, aber kaum der zehnte Theil davon ist wahr. Setzen Sie Ihre Bekanntschaft mit jenem Windbeutel nicht weiter fort, und werfen sich wieder in meine liebenden Arme. Bedenken Sie nur, ich habe ein eigenes Haus, Geld und ein gutes Geschäft; wir können also unbesorgt in die Zukunft blicken. Was hat aber der Ladenhüter? nichts, gar nichts. Wenn Sie ihm wirklich Ihre schöne Hand am Altare reichten, welche Thorheit ich Ihnen nicht zutraue, so würden Sie schon in den ersten Wochen der Ehe den unverzeihlichen Fehler einsehen, den Sie gemacht haben, und eine traurige Ehe würde die natürliche Folge sein. Aber mein Riekchen ist ja zu klug und kann ihnen Vortheil einsehen. Wenn Sie sich daher gänzlich von dem Brausewind lossagen, der seine förmliche Braut in E. hat sitzen lassen, so sei Ihnen alles verziehen und vergeben. Unserer Verbindung steht nichts mehr im Wege, und ehe zwei Monate verstreichen, sind Sie mein liebes Weibchen und ich Ihr trautes Männchen.

[48] In der Hoffnung einer günstigen Antwort, verharre ich als

Ihr

Sie liebender

Th. F. W. Thomas.


Antwort.


Wie sehr mich Ihr Brief in Verwunderung gesetzt hat, können Sie nicht glauben, denn sonst würden Sie mir über Sachen keine Vorwürfe gemacht haben, wovon unter uns nie die Rede gewesen ist. Sie schimpfen auf einen sehr gebildeten und artigen Mann, dessen genauer Bekanntschaft ich mich zu erfreuen habe. Von Liebe ist zwischen mir und Ihnen nie die Rede gewesen; wie können Sie also von der Unbeständigkeit des weiblichen Geschlechts reden? Daß ihr Geschlecht mit der Einbildung gestraft ist, davon geben Sie mir die besten Beweise. Ich soll mein Bischen Vernunft zusammen nehmen, um zwischen Ihnen und dem jungen Brausewind [49] zu wählen; Sie würde ich gewiß nicht wählen, denn Ihr eifersüchtiger und heftiger Charakter leuchtet deutlich aus Ihrem Schreiben wieder hervor. Wie so sanft und gut ist dagegen der liebenswürdige Feldhahn! Ob Sie gleich den Herrn Feldhahn in Ihrem Schreiben gegen mich gröblich beleidigt haben, so will ich diesen doch, aus Rücksicht auf unsere Bekanntschaft, davon nicht in Kenntniß setzen. In wenigen Tagen werde ich die Ehre haben, Ihnen eine Verlobungskarte von mir und dem jungen Feldhahn zu übersenden. Schließlich gebe ich Ihnen noch den Rath, in Zukunft, wenn ein Mädchen freundlich mit Ihnen ist, nicht gleich zu glauben daß dieses in Sie verliebt ist, sonst zeigen Sie sich nicht allein von einer sehr schwachen Seite, sondern machen sich auch lächerlich.

Ihre

Friederike Korn.


[50] Liebes Carolinchen!


Der Tod meines Vaters hat mich wieder nach dem lieben Dessau zurückgeführt, um das von ihm für mich bestimmte Geschäft zu übernehmen. Ich erkundigte mich nach Ihnen, erfuhr aber zu meinem Verdrusse, daß Sie mit Ihren lieben Eltern aufs Land gezogen wären. So gern ich auch an Sie geschrieben hätte, so wagte ich dies doch nicht, weil ich nicht wußte ob Sie das ehemalige gute Mädchen noch waren. Wie konnte ich auch daran nur zweifeln? Erst vor wenigen Tagen erfuhr ich von einem Freunde, daß Sie sich meiner gütigst erinnert hätten; wie groß meine Freude hierüber war, vermögen nicht Worte, sondern nur Gefühle auszudrücken. Ich bin seit dieser Zeit recht fröhlich und werde es bleiben, wenn Carolinchen mir eine günstige Antwort ertheilt. – Es sind nun drei Jahre verflossen, seitdem ich Sie nicht gesehen habe, aber noch hat mir kein Mädchen so gut gefallen wie Sie. Als ich von Ihnen Abschied nahm, glaubte ich in Ihren schönen Augen mehr als [51] Freundschaft zu lesen; ich fühlte mich unüberschwenglich glücklich und nahm den Keim der ersten Liebe mit mir in eine fremde Gegend. Wie glücklich würde ich mich schätzen, wenn ich mich damals nicht getäuscht und Sie auch jetzt mir noch gewogen wären! Carolinchen, darf ich es wagen Sie heute über acht Tagen zu besuchen? Mündlich dann ein mehreres! Leben Sie wohl und denken Sie auch zuweilen an


Ihren

Burg den 22. März Freund

1828.

G. Buckendahl.

Quelle:
[Anonym]: Der galante Stutzer. Nordhausen 21829, S. 21-52.
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