[123] ist der feierliche Akt, welcher diesen Schritt bezeichnet.
Wie die Taufe ist die Konfirmation eine ernste, religiöse Feier, und zwar steht sie mit jener in innigem Zusammenhang. Confirmare heißt bestätigen; und in der That ist die Konfirmation nichts anderes, als eine Bestätigung der Taufe. Was die Paten damals für das noch unbewußte Kind gelobt: die Lehren und Gebote des Christentums zu halten, das bestätigt der Konfirmand. Durch eine öffentliche Prüfung hat er darzuthun, daß er jene Lehren und Gebote kennt und versteht, daß er den Bund, welchen einst sein Pate für ihn geschlossen, jetzt aus freiem Willen, bewußt erneuert.
Auf dieses Versprechen hin wird dem Konfirmanden dann gestattet, zum erstenmal zum Tisch des Herrn zu treten, am heiligen Abendmahl teilzunehmen, – wiederum eine wichtige, religiöse Feier, welche die jungen Christen mit Ernst und tiefer Andacht zu begehen haben.
Sollen aber alle diese Voraussetzungen: das Verständnis und Bewußtsein, der Ernst und die Andacht bei dem Konfirmanden wirklich zutreffen, so darf er nicht in allzu jugendlichem Alter zu jenem heiligen Akt zugelassen werden. Bei den Katholiken werden die Kinder oft schon im zehnten, elften Jahre gefirmelt; die protestantische Kirche gestattet die Konfirmation nicht vor dem vierzehnten Jahre; aber in gebildeten Kreisen ist es mehr und mehr Sitte geworden, bis zum vollendeten fünfzehnten oder sechzehnten Jahre damit zu warten.
Das ist sehr erfreulich, und die Eltern sollten sich nie durch äußere Gründe bestimmen lassen, einen früheren Zeitpunkt zu wählen. Daß der Sohn, die Tochter schon so groß sei; daß dieser oder jener von den Kameraden auch konfirmiert werde, und andere derartige Zufälligkeiten[124] sollten keinen Einfluß auf eine so wichtige Handlung ausüben. Ebensowenig dürften die Eltern gestatten, daß die Zeit der Vorbereitung für diesen Akt durch abziehende Vergnügungen gestört werde. Der Tanzunterricht z.B., den man ja gern den Kindern vor ihrem Eintritt in die Welt erteilen läßt, verträgt sich durchaus nicht mit dem Ernste dieser Epoche; auch der Besuch des Theaters oder größerer Gesellschaften sollte während derselben unterbleiben.
Noch weniger soll man den Tag der Konfirmation selbst zum Beginn weltlicher Freuden für den Konfirmanden machen. Gewiß ist es ein festlicher Tag für die Familie, die sich mit den nächsten Freunden, mit den Paten um den jungen Christen scharen; aber eine Taktlosigkeit, ein Mangel an guter Sitte wäre es, ein lautes, glänzendes Fest damit zu verbinden, – wohl gar zu veranlassen, daß das weiße Kleid, in welchem die Tochter morgens am Altar gekniet hat, abends als Ballkleid figuriere! Nein, ein ernster Tag ist der Konfirmationstag, und als solcher soll er sich der Seele des Konfirmanden einprägen und in seiner Erinnerung fortleben!
Die äußeren Formen, die bei dieser Feier zu beobachten sind, variieren je nach dem Bekenntnis und nach den verschiedenen Ländern. Auf die religiösen Gebräuche können wir natürlich hier nicht eingehen; die äußerlichen geben wir nur im allgemeinen an.
Was zuerst die Kleidung anbetrifft, so tragen die Mädchen zur Konfirmation in manchen Gegenden ein weißes, in anderen ein schwarzes Kleid. Beim Abendmahl ist das letztere fast allgemein Sitte; die Wahl des Stoffes hängt natürlich von den Verhältnissen ab: meist nimmt man Kaschmir dazu, seltener Seide. Für die Beichte kommt dann noch ein farbiges Kleid hinzu. Das sind drei neue Toiletten, welche die Eltern der Tochter zu beschaffen haben, –[125] für kleine Verhältnisse eine bedeutende Ausgabe, und zugleich eine dreifache Abziehung der Gedanken des jungen Mädchens! Sehr wünschenswert erscheint es deshalb, hier eine Vereinfachung eintreten zu lassen. Am schönsten wäre ohne Zweifel das weiße Kleid, am praktischsten das schwarze. Jetzt, wo das Schwarz so allgemein getragen wird, und auch für die Jugend nicht mehr nur als Farbe der Trauer gilt, könnte dann ein solches Kleid für alle drei Feierlichkeiten genügen.
Vielleicht hat man gerade, um dem Schwarz seine traurige Bedeutung zu nehmen, lebende Blumen hinzugefügt. In Süddeutschland tragen die Mädchen Sträuße in den Händen, in Oesterreich Kränze im Haar. Wir haben gegen diesen, den natürlichsten Schmuck der Jugend, nichts einzuwenden; nur darf das Sträußchen nicht in ein tellergroßes Bouquet ausarten, das an den Ballsaal erinnert und bei der feierlichen Handlung wohl gar im Wege ist, und die Kränze im Haar müssen ebenfalls den kleinen, jugendlichen Häuptern angemessen sein und keine Dimensionen annehmen, die dem Beschauer, trotz des ernsten Moments, ein Lächeln abnötigen.
Ebenso sollten die Eltern niemals dulden, daß sich die Konfirmandin mit Schmucksachen behängt. Wie schon bei Gelegenheit der Taufe erwähnt wurde, pflegen die Paten ihrem Patenkinde zur Konfirmation ein Geschenk zu machen, und häufig werden zu diesem Zweck Schmuckgegenstände gewählt: Broschen, Medaillons, Armbänder u. dgl. Man denkt: das junge Mädchen wird künftig an den geselligen Vergnügungen teilnehmen, da kann es solche Dinge gebrauchen. Das ist richtig, und willkommen werden diese Schmucksachen ohne Zweifel jedem jungen Mädchen sein, – mehr vielleicht, als das in Sammet gebundene Gesangbuch oder die Prachtbibel, welche ernstere Paten ihr zum[126] Geschenk machen; allein der Konfirmationstag gehört nicht zu den »geselligen Vergnügungen«, und jene glänzenden Dinge gehören nicht zu ihm. Eine einfache Brosche, ein Kreuzchen oder Medaillon wird niemand wehren; aber goldene Ketten, prunkende Armbänder, kurz, alle auffallenden Zieraten soll die Konfirmandin vermeiden: sie darf geschmückt, doch nicht geputzt sein! Einfachheit in der Toilette, der Frisur, der ganzen Erscheinung ist jenem Tage angemessen, daran wird man die Tochter gebildeter Eltern, das der guten Gesellschaft angehörende Mädchen stets erkennen.
Der Knabe erscheint an diesem Tage in schwarzem Anzug, eben solcher Halsbinde und mit schwarzen oder weißen Handschuhen. Der Cylinder, der früher bei dieser Gelegenheit zum erstenmal den jungen Kopf bedeckte, ist, als unpassend für die oft noch so kindlichen Gestalten, fast überall der schwarzen Mütze gewichen. Mit Stolz trägt er bei dieser Feier zum erstenmal eine Uhr, das Geschenk eines Paten; doch hat auch er dabei die prunkende Kette zu vermeiden.
Es ist üblich, dem Geistlichen nach der Konfirmation ein Honorar zu schicken, das sich natürlich nach den Vermögensverhältnissen der Eltern richtet. Zuweilen übergibt es der Konfirmand – selbstverständlich eingesiegelt! – wenn er den Konfirmationsschein in Empfang nimmt; vorzuziehen ist es, dasselbe dem Pfarrer mit einigen Dankesworten durch einen Dienstboten zu übersenden.
In den unteren Ständen ist es vielfach Brauch, die auswärtigen Paten von der bevorstehenden Konfirmation zu benachrichtigen und dazu einzuladen. In der guten Gesellschaft jedoch wird man das nicht thun, da die indirekte Aufforderung zu einem Geschenke darin liegt. Interessiert sich der Pate wirklich für sein Patenkind, so wird er sich[127] schon von selbst nach dem Zeitpunkt der Konfirmation erkundigen und seine Gabe senden. Ihn darauf hin zu der Feier einzuladen, liegt dann natürlich sehr nahe.
Den an einem Ort mit ihnen lebenden Paten, sowie den Verwandten haben die Konfirmanden nach der Feier einen Besuch abzustatten, und zwar geschieht dies im Konfirmationsanzuge. Das junge Mädchen ist dabei gewöhnlich von ihrer Mutter begleitet; es sind dies meist die ersten formellen Visiten, die sie macht. Ihrerseits werden Freunde und Verwandte nicht verfehlen, den Eltern einen Besuch zu machen, um ihnen Glück zu wünschen, daß sie den Sohn, die Tochter, mit Gottes Hilfe so weit gebracht haben. Der Konfirmand wohnt diesen Besuchen meistens bei: sie gelten ja auch ihm, und er wird nun schon mit zu den Erwachsenen gerechnet!
Ja, die eigentliche Kindheit liegt nun hinter ihm! Ist die Konfirmation auch an und für sich eine rein religiöse Handlung, so bezeichnet sie doch zugleich den ersten Schritt des jungen Menschen in das öffentliche Leben. Vor der ganzen versammelten Gemeinde hat er Zeugnis abgelegt von seinem Glauben, seinem Hoffen, seinem Streben; er gehört von nun an nicht mehr nur einer Familie, einer Schulanstalt an, nein, er ist Mitglied einer großen, hochwichtigen Gemeinschaft geworden, übernimmt die Pflichten, genießt die Rechte derselben.
Und in den meisten Fällen hört nun auch, wenigstens für den Knaben, äußerlich die innige Verbindung mit der Familie auf. Für ihn beginnt jetzt die Vorbereitung für den erwählten Beruf, die ihn gewöhnlich aus dem Vaterhause, wohl auch aus der Vaterstadt entfernt; er zieht in die Fremde, hat den Kampf mit dem Leben aufzunehmen. Möge dann der Spruch, mit dem der Geistliche seiner Heimat ihn eingesegnet, ihm ein Talisman sein, der ihn[128] vor Uebel bewahrt; mögen die letzten Worte des Vaters, die Thränen der Mutter ihm stets im Gedächtnis bleiben als Wegweiser, als Mahnung, – er wird ihrer oft bedürfen!
Das junge Mädchen bleibt wohl noch daheim, setzt vielleicht noch ihre Studien in der Schule oder auf privatem Wege fort, – aber ein Kind ist sie nicht mehr. Die Lehrer, die Freunde der Familie reden sie mit »Sie« an; sie vertauscht das kurze Kleid gegen das lange der Erwachsenen, sie wird, wenn sie nicht ungewöhnlich kindlich aussieht, schon zu den »jungen Damen« gezählt. Und nun thut sich die ganze Luft des Lebensfrühlings vor ihr auf; da ist alles voll lachenden Sonnenscheins, voll jubelnden Sanges, und sie lacht und jubelt mit, bis – ja,
Bis daß ganz sacht,
Eh' sie's gedacht,
Die Liebe ihr ist im Herzen erwacht!
Und so kommt es, daß oft nur wenige Jahre vergangen sind, seit die Tochter als Konfirmandin die Glückwünsche der Freunde entgegennahm, und schon steht sie, errötend und doch strahlend vor Seligkeit, in ihrer Mitte als Braut! Ja,
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