[243] Spießglanz (Antimonium). Der rohe Spießglanz für die Apotheke ist das von seiner Bergart durch eine Art Seigerung abgesonderte reinere Spießglanzerz. Flüssig rinnt es aus den damit angefüllten und umgekehrten, obenher erhitzten Kruken in darunter gestellte kegelförmige Gefäße, worin der leichtere und schwammige Theil auf der Oberfläche bleibt, das schwerere und reinere aber sich in die Spitze senkt. Man wählt daher zu pharmazevtischen Präparaten immer den spitzigen Theil der kegelförmigen Brode, welcher bleigrau von Farbe, aus metallisch glänzenden, etwas breiten Strahlen zusammengesetzt, von 4,700 bis 5,000 eigenthümlichem Gewichte, brüchig und leichtschmelzlich ist. Er besteht aus etwa 74 Theilen Spießglanzmetall und 26 Theilen Schwefel. Man schätzt den aus Ungarn seit den ältesten Zeiten am meisten.
Um die jezuweilige Verunreinigung des rohen Spießglanzes mit Eisen oder Braunstein zu erfahren, läßt man eine Probe davon, innig mit drei Theilen Salpeter vermischt, im glühenden Tiegel verpuffen. Weiß ist die entstandene Masse, wenn der Spießglanz rein; gelb, wenn er mit Eisen, und grün, wenn er mit Braunstein vermischt war.
Nur in die feinsten Theile getrennt, scheint der rohe Spießglanz im menschlichen Körper arzneiliche Kräfte zu äussern; hiezu scheint aber kaum die beste Zerreibung in der Reibeschale hinzureichen, sondern er muß nach vorgängiger Porphyrisation geschlemmet werden, so daß man nur die feinsten, im Wasser langsam niedersinkenden Theile davon nimmt (Antimonium crudum praeparatum) → Präpariren. Andre halten den durch feine Leinwand durchgebeutelten Spießglanz (antimonium crudum alcoholisatum) für arzneikräftig genug.
Der präparirte rohe Spießglanz erregt nicht selten Uebelkeit, Erbrechen und Schweiß. In wiefern er ein auflösendes, und sogenanntes Blut reinigendes Mittel abgeben, und in Skropheln, und andern Drüsengeschwulsten, in einigen Wechselfiebern, Rheumatism und Gicht, alten Katarrhen und mancherlei Hautausschlägen hülfreich seyn könne, dieß zu beurtheilen, reichen die bisherigen Beobachtungen noch nicht hin. Den drüsichten Schweinen und Pferden giebt man rohen Spießglanz unter das Futter, oft mit Erfolg. Die Gabe für Menschen ist 5 bis 10 Gran. Doch trift den rohen Spießglanz der Vorwurf, der sich jedem unsalzhaftem Antimonialmittel machen läßt, ohne vorhandne Säure im Magen unaufgelößt und unkräftig zu bleiben, bei vorhandner Säure aber zum Brechmittel zu werden.
Diese einfache Form hat man jedoch selten genug gewählt, und den Spießglanz vielmehr auf unzählige Weise zuzubreiten gesucht.
Die einfachste Zubereitung ist der graulich weiße, vor sich entschwefelte, unvollkommene Spießglanzkalk, die Spießglanzasche (Cinis, s. Calx Antimonii, Antimonium ustum). Diese mühsame Verrichtung wird[243] dadurch erleichtert, daß man auf den Ausschnitt des Aufsatzes D des einfachen Ofens A (s. Taf. I. Oefen) eine ganz platte irdene, unglasurte Schale dergestalt setzt, daß die Oefnung der Ofenplatte völlig verdeckt werde (unter Verstreichung der noch übrigen Fuge mit Lehm) dann fein gepülverten Spießglanz einen viertel Zoll in die Schale eben aufstreut, und die Hitze des Ofens A durch Eröfnung weniger oder mehrerer Zuglöcher (a, a,) des Aschenherdes dergestalt genau regiert, daß der Spießglanz nur so eben Schwefeldunst von sich lasse, ohne so heiß zu werden, daß er zusammenbacken könne. Das Umrühren mit einem Pfeifenstiele erleichtert die Verdampfung des Schwefels merklich. So wie mehr und mehr Schwefel verdampft, erträgt der Spießglanz auch mehr Hitze, bis zulezt ein gelindes dunkles Glühen erforderlich ist, daß der Spießglanzkalk eine graulich weiße Farbe bekomme. Hat man die Hitze übertrieben, oder das Rühren unterlassen, vorzüglich zu Anfange der Operation, und ist das Spießglanzpulver zu Klumpen zusammengebacken, so muß er herausgenommen, und nochmahls gepülvert werden, ehe man die Entschwe felung wieder fortsetzen kann. Von sechszehn Unzen pflegt man zehn Unzen solcher Spießglanzasche zu erhalten, die aus unvollkommenem Spießglanzkalke und etwas Schwefel besteht. Man bedient sich ihrer zur Bereitung des Spießglanzglases, und des einfachen Spießglanzkönigs und sie kann auch recht füglich zur Verfertigung des Brechweinsteins angewandt werden.
Diese etwas langweilige (wohl 20 Stunden erfordernde) Entschwefelung kann merklich beschleunigt werden, wenn man den Kalk blos zur Verfertigung des Spießglanzkönigs brauchen will. In diesem Falle mischt man das Pulver des rohen Spießglanzes mit der Hälfte seines Gewichtes Holzkohlenpulver, wodurch das Zusammenbacken gehindert wird, eine weit schnellere Erhöhung des Feuers angebracht und die Entschwefelung in wenig Stunden beendingt werden kann.
Wird der gepülverte rohe Spießglanz mit gleichen Theilen Knochen- oder Hornspähnen gemischt in einer glühenden eisernen Pfanne, unter beständigem Umrühren, so lange entschwefelt und kalzinirt, bis die Mischung eine graue Farbe enthält, und glühet man dieselbe noch zwei Stunden lang in einem Schmelztiegel, auf welchem ein andrer Schmelztiegel, mit einem Loche im Boden, umgekehrt aufgekittet ist, so giebt die erkaltete, fein gepülverte Masse das in England so berühmte Jamespulver (Pulvis Jacobi febrifugus, s. antimonialis, Antimonium calcareo phosphoratum), welches sein Erfinder sehr empirisch gegen alle Fieber gab, zu 5 bis 7 Gran, und viel Schaden hie und da mit demselben anrichtete. Derselbe Nachtheil, den andre unsalzhafte Antimonialpräparate haben, daß sie auch in großer Dosis unkräftig sind, wenn der Magen keine Säure enthält, bei Magensäure aber oft das unbändigste Erbrechen, selbst in kleinerer[244] Gabe hervorbringen trifft auch das Jamespulver.
In ältern Zeiten verband man auch den rohen Spießglanz mit Quecksilber, um einen sogenannten Spießglanzmohr (Aethiops antimonialis) zu bereiten. Nach der gewöhnlichsten Methode werden zwei Theile roher Spießglanz mit Einem Theile laufenden Quecksilber so lange mit einander gerieben, bis ein gleichartiges schwarzes Pulver daraus entsteht. Es gehören aber wenigstens drei Stunden ununterbrochenes Reiben dazu, wobei das Quecksilber erst zum unvollkommenen Kalke wird, ehe es sich mit einem Theile des Schwefels im rohen Spießglanze vereinigen kann. Es ist daher weit kürzer, sogleich den Halbkalk des Quecksilbers statt des laufenden Quecksilbers zu nehmen, und einen Theil Mercurius solubilis Hahnemanni mit zwei Theilen rohem Spießglanze eine halbe Stunde lang zusammen zu reiben. Man empfiehlt den Spießglanzmohr in sogenannten Drüsenver stopfungen, hartnäckigen Hautkrankheiten, rheumatischen Beschwerden, u.s.w. zu einem oder ein Paar Gran. Es läßt sich aber einsehn, daß seine Wirksamkeit je nach dem verschiednen Grade des Reibens sehr verschieden ausfallen, das Mittel selbst daher unzuverlässig und unbrauchbar seyn müsse.
Ein nicht weniger unstatthaftes Mittel war der ehedem gewöhnliche Spießglanzzinober (Cinabaris antimonii) den man erhielt, wenn man zwölf Theile ätzenden Quecksilbersublimat mit fünf Theilen rohem Spießglanze zusammenrieb, die Mischung einige Tage stehen ließ, bis sie aus der Luft Feuchtigkeit angezogen hatte, und sie dann in einer, tief in die Sublimirkapelle eingelegten, gläsernen Retorte mit kurzem weiten Halse, in die fest angekittete Vorlage übertrieb, zuerst mit mäsigem Feuer, wobei eine zähe Materie (Spießglanzbutter) übergeht, deren Herabfließen zuweilen mit einer daran gehaltenen glühenden Kohle befördert werden muß, endlich aber, wenn leztere gänzlich übergegangen ist, mittelst des aufs höchste erhöheten Feuers, wobei ein wirklicher Quecksilberzinober aufsteigt, den man aus Unkunde der Chemie Spießglanzzinober genennt hat. Dieser Zinober ist aber wegen des Uebermases an Schwefel etwas schwärzlich; kein vernünftiger Arzt bedient sich desselben noch zu innerer Arznei.
Entzieht man dem rohen Spießglanz einen Theil seines Schwefels, indem man fünf Theile desselben, mit einem Theile Potaschlaugensalz gemischt, in einem bedeckten Tiegel schmelzt, so findet man nach der Erkaltung unter der darüber stehenden schlackenartigen Spießglanzschwefelleberkruste, die man durch einen Schlag mit dem Hammer absondert, eine dunkelschwärzlich glänzende geruch- und geschmacklose Masse, die sich im Wasser nicht auflößt, und fein gerieben ein dunkelrothes Pulver liefert, welches man mit kochendem Wasser auszusüßen pflegt. Diese Masse nennt man unrichtig medizinischen Spießglanzkönig (Regulus antimonii medicinalis, antimonium diaphoreticum rubrum, Rubinus Antimonii,[245] Magnesia opalina, Febrifugum Craanii) da sie nur ein unvollkommener Spießglanzkalk ist, mit weniger Schwefel als der rohe Spießglanz und mehr Schwefel, als der Mineralkermes enthält, verbunden. Man hat ihn in allen den Fällen ehedem zu einigen Granen auf die Gabe gerühmt; worin man andere unvollkommene, mit etwas Schwefel vereinigte Spießglanzkalke, z.B. den Mineralkermes gebraucht hat, aber mit gleich ungewissem Erfolge, jenachdem mehr oder weniger Säure im Magen des Kranken vorhanden war, oder nicht. Man hat eine unglaubliche Menge verschiedner Bereitungsarten desselben, die seine Natur sehr verändern, und seinen innern Gebrauch noch unsichrer machen.
Von der Spießglanzleber (Hepar antimonii) hat man zwei höchst verschiedne Bereitungsarten. Zuerst, wenn man gleiche Theile rohen Spießglanz und gereinigten Salpeter zusammengemischt, in einem Schmelztiegel allmählich erhitzt, endlich in glühenden Fluß bringt und die erkaltete Masse in der Mitte von einander trennt, d.i. die obenstehende salzartige Schlacke (aus Vitriolweinstein und etwas Spießglanzschwefelleber zusammengesetzt) von der drunter stehenden undurchsichtigen, rothbraunen, schweren, brüchigen Masse, Spießglanzleber genannt. Diese uneigentlich sogenannte Spießglanzleber, wovon man 63/4 Unzen aus 16 Unzen rohem Spießglanze erhält, kömmt dem vorgenannten medizinischen Spießglanzkönig oder einem groben Mineralkermes ihrer Natur nach sehr nahe, oder steht vielmehr zwischen beiden inne. Sie feuchtet nicht an der Luft, hat weder Geruch, noch Geschmack, und läßt fein gepülvert, mit Wasser ausgesüßt, eine unbedeutend kleine Menge Salze, vorzüglich Laugensalz ausziehen.
Dieses ausgesüßte Pulver führt den Nahmen Metallsafran (Crocus antimonii, Crocus antimonii lotus, Crocus metallorum, Hepar antinomii lotum), ein bräunlichgelbes geschmackloses Pulver, von jener unausgesüßten Spießglanzleber wenig oder nicht verschieden.
Jene sogenannte Spießglanzleber wird nur noch von Roßärzten gebraucht, zu einer halben Unze auf die Gabe, um die Hautausdünstung und die Freßlust der Pferde zu bessern, die ausgesüßte aber, oder den Metallsafran braucht man unschicklich, wiewohl selten bei Menschen zu etlichen Granen, als heftiges Brechmittel, häufiger noch, wiewohl ebenfalls nicht schicklich, zur Verfertigung des Brechweins und des Brechweinsteins.
Die Fabrikanten verfertigen ihre Spießglanzleber zum Behufe der Viehärzte aus dunkelgrauer Spießglanzasche, bei jählingem Feuer im Tiegel geschmolzen, und ersparen dadurch den Salpeter, ohne den Kräften des Mittels Eintrag zu thun.
Die andre, aber zur unmittelbaren, arzneilichen Anwendung ungebräuchliche Spießglanzschwefelleber entsteht durch Schmelzung gleicher Theile rohen Spießglanzes und Potaschlaugensalzes. Es ist eine wahre, hepatisch stinkende,[246] an der Luft feuchtende, gänzlich in Wasser auflösliche spießglanzmetallhaltige Schwefelleber. Sie ist von jener erstern durchaus verschieden.
In ältern Zeiten bereitete man aus dieser leztern Schwefelleber des Spießglanzes (durch Niederschlagung ihrer wässerigen Auflösung mittelst einer Säure), den Spießglanzschwefel (Sulphur antimoni). Bei dieser Präzipitation fällt auf den anfänglichen Zusatz der Säure ein weit dunkelfarbigeres, braunes, (an Spießglanzmetall reichhaltigeres, drastischeres) Pulver zu Boden als bei fernerm Niederschlage, man nennte es Spießglanzschwefel vom ersten Niederschlage (Sulphur antimonii primae praecipitationis). Man fuhr fort, Säure zuzugießen, so lange ein hellbraunes (milder wirkendes) Sediment niederfiel, welches man wiederum absonderte und Spießglanzschwefel vom zweiten Niederschlage (Sulphur antimonii secundae praecipitationis) nannte. Was sich nun noch vollends durch Sättigung mit Säure fällen ließ, gewöhnlich ein pomeranzenfarbiges, noch milderes Präzipitat, nannte man (nach gehörigem Aussüßen, Trocknen, und Feinreiben) goldfarbnen Spießglanzschwefel, oder Spießglanzschwefel vom dritten Niederschlage (Sulphur auratum antimonii, Sulphur antimonii tertiae praecipitationis).
Da aber diese drei Niederschlagungen durch kein festständiges Maas oder Gewicht hinzuzugießender Säure in drei bestimmte Gränzen gebracht werden konnten, und größtentheils nur auf der trüglichen Beurtheilung der verschiednen Farben, oft von ungeübten Augen, beruhete, so hat man (zuerst Göttling) in neuern Zeiten mit Recht an die Stelle dieser theuern und schwankenden Bereitung eines geschätzten Heilmittels Prozesse gesetzt, welche ein wohlfeileres, wenigstens sich mehr gleiches Produkt geben.
Es giebt dieser neuern Wege zwei, einen trocknen und einen nassen.
Nach ersterm läßt man einen Theil rohen Spießglanz mit zwei Theilen Schwefel und drei bis vier Theilen Potaschlaugensalz im verdeckten Tiegel schmelzen, löset die Masse in Wasser auf, filtrirt die Auflösung, verdünnet sie so weit die Größe des Gefäßes reicht und schlägt sie mit einer Säure völlig nieder, unter den eben anzuführenden Bedingungen.
Nach dem zweiten löse man durch Kochen in so wenig als möglich starker kaustischer Potaschlauge (→ Seifensiederlauge) einen Theil feingepülverten rohen Spießglanz, und zwei Theile feines Schwefelpulver in einem eisernen Kessel völlig auf, seihe die Lauge durch und verdünne sie möglichst. Allmählich gießt man nun eine verdünnte Säure (am räthlichsten den hell abgegossenen Rückstand von der Destillation des schmerzstillenden Hoffmannischen Liquors) so lange unter Umrühren hinzu, bis zulezt eine herausgeschöpfte Probe der obern hellen Flüssigkeit von hinzugetröpfelter Säure fast gar nicht mehr getrübt wird. Allzu viel hinzugegossene Säure soll den Glanz der Farbe des Präzipitats[247] merklich vermindern, wovor man sich zu hüten hat. Der Niederschlag wird mit kaltem Wasser ausgesüßt, so lange an freier Luft getrocknet, bis aller hepatischer Geruch vergangen ist, und fein gerieben.
Die erstere Bereitung hat den Nachtheil, daß ein unbestimmbarer Theil Schwefel verbrennt, ehe die Vereinigung vor sich gegangen, und alles in Fluß gerathen ist, daher kein Spießglanzgoldschwefel nach dieser Methode dem andern ganz gleich ist; die zweite oder nasse Bereitung hat die Zeitraubende Verfertigung der Aetzlauge und das langwierige und mühsame Kochen der Ingredienzen gegen sich. Beide Bereitungen aber haben den großen Nachtheil, daß man gewöhnlichen Schwefel (in großer Menge) dazu braucht, welcher (→ Schwefel) fast nie ohne Arsenik ist. Man schreibt zwar vor, die Schwefelleberlauge 18 Stunden stehen zu lassen, ehe man sie niederschlägt, damit sie die sogenannten Unreinigkeiten absetze; aber theils schlägt sich indeß viel Spießglanz (Mineralkermes) nieder, theils hilft dieß nicht sonderlich zur Abscheidung des Arseniks (→ unter Schwefelmilch).
Allen diesen Nachtheilen weicht man aus, und verfertigt ein nicht theures, reines, und sich immer gleiches Präparat auf kurzem Wege, wenn man einen Theil Kohlenpulver mit vier Theilen Vitriolweinstein im weißglühenden Tiegel bis zur ruhig fließenden Schwefelleber zusammenschmelzt, dann einen Theil rohen Spießglanz mit einem Theile Potaschlaugensalze, zum feinen Pulver gemischt, hinzuträgt, alles zusammen (unter Umrühren mit einem thönernen Stabe) in dünnen Fluß kommen läßt, die Masse ausgießt, sie in Wasser auflößt, die Auflösung durch Leinwand seihet, worüber weißes Druckpapier gelegt ist, sie verdünnet und sogleich mit Säure niederschlägt, nur so eben bis zur Sättigung, das Präzipitat aber, wie vorhin gesagt, aussüßt, trocknet und pülvert. Dieser Spießglanzgoldschwefel wird sich immer gleich seyn, von allem Arsenikgehalte frei.
Der mit aufgelößten Weinsteinkrystallen, statt Vitriolsäure, niedergeschlagene (Panacea Conerdingiana oder Glauberiana) ist derselbe Spießglanzschwefel und hat nichts vorzügliches.
Nimmt man Essig zum Niederschlagen, und dünstet das Aussüßungswasser des Präzipitats ein, so entsteht eine Art Potaschessigsalz, dem man unnöthigerweise den Nahmen terra foliata tartari antimoniata gegeben hat, weil man Spießglanzschwefel darin vermuthete.
Stellt man hingegen den Niederschlag, statt mit Säure, mit aufgelösetem reinem Eisenvitriole an, so führt der schwärzlichte Niederschlag den Nahmen Sulphur antimonii martiale, wobei nicht nur geschwefelter Spießglanz, sondern auch geschwefeltes Eisen zu Boden fällt; eine zwecklose Künstelei.
Der goldfarbne Spießglanzschwefel ist an Spießglanzkalke ärmer als der Mineralkermes und enthält etwa im Hundert 75 Theilen Schwefel und 25 Spießglanzkalk. Ehedem bereitete man ihn[248] zu 70 Theilen des erstern und 30 Theilen des leztern.
Er löset sich sparsamer in Weinsteinsäure und in der krankhaften Säure des Magens als Mineralkermes auf, und bringt daher weniger Erbrechen hervor, mehr Uebelkeit. Man giebt ihn mehr als ein ableitendes Erschütterungsmittel in einer großen Menge von Krankheiten (oft sehr empirisch, in dem Wahne, er sei ein allgemeines Auflösungsmittel) in Wechselfiebern, Skropheln, zähschleimiger Engbrüstigkeit, Keichhusten, Hautausschlägen, Rheumatismen, u.s.w. zu etlichen Granen auf die Gabe. Aber auch er ist dem Nachtheile der heftigern Wirkung bei Magensäure und der Kraftlosigkeit bei fehlender Säure im Magen unterworfen, wie alle unsalinische Spießglanzpräparate.
Die Stärke des goldfarbnen Spießglanzschwefels beurtheilt man nach dem Gewichte Schwefel, welches nach zwölfstündiger Digestion (etwa bei 120° Fahr.) von hundert Granen Spießglanz in gemeiner Salzsäure zurückbleibt.
Ein ähnliches, nur stärkeres Spießglanzpräparat ist das von seinem anfänglichen Verfertiger, dem Kartheuser Simon, sogenannte Kartheuserpulver, oder der Mineralkermes (Chermes, s. Kermes minerale, Sulphur antimonii rubrum, Pulvis Carthusianorum, Panacea Glauberiana, Poudre des Chartreux) ein braunrother oder rothpomeranzenfarbiger, äusserst feiner Niederschlag, der aus aufgelöseten Spießglanz lebern sich bei der Erkaltung von selbst absondert. Die nachahmungswürdigste Bereitung besteht darin, daß man 9 Unzen Pulver von rohem Spießglanz mit 16 Unzen ätzendem Potaschlaugensalz so lange im Wasser kocht, bis 21 Pfund Wasser bis zu 6 Pfunden verkocht sind, die Lauge siedendheiß und möglichst schnell in 6 Pfund kochendheißem Wasser durch Leinwand filtrirt und die umgerührte Lauge an freier Luft erkalten läßt. Sie zieht indeß Kohlensäure aus der Luft und läßt den spießglanzreichsten Theil, Spießglanzschwefel von rothbrauner Farbe, den Mineralkermes, fallen. Ein neues Sieden der Lauge mit dem Rückstande, oder rohem Spießglanze liefert jedesmahl von neuem bei der Erkaltung an freier Luft wiederum etwas Mineralkermes durch freiwillige Absonderung. Das Präzipitat wird mit kaltem Wasser ausgesüßt, an freier Luft bis zur Verschwindung des hepatischen Geruchs getrocknet, und fein gerieben verwahrt.
Der Mineralkermes soll gleiche Theile Schwefel und Spießglanzkalk Gehalt haben, bis höchstens im Hundert 52 Theile Spießglanzkalk und 48 Theile Schwefel. Man erfährt seinen Gehalt an Schwefel durch die beim Spießglanzgoldschwefel erwähnte Digestion in Salzsäure. Er ist weit auflöslicher in Weinsteinsäure und in der krankhaften Säure des Magens als der Spießglanzgoldschwefel, und wird gegen die selben Krankheiten, als letzterer, nur in kaum halb so großer Gabe gebraucht, ist aber gleicher Ungleichheit in der Wirkung als der Spießglanzgoldschwefel[249] unterworfen, je nachdem er Säure im Magen antrifft oder nicht.
Die sogenannten Spießglanzseifen aus Spießglanzschwefelleber mit so viel überschüssigem Aetzlaugensalze, daß noch Oel oder Harz damit zur Seife verbunden werden kann, gehören eben so wenig als die daraus mit Weingeist ausgezogenen Tinkturen, oder Seifenspiritusse mit spießglanziger Schwefelleber verbunden (die Jacobische seifenartige Spießglanztinktur, die Hermbstädtische, Klaprothische und Schulzische) in dieses Buch, welches nur rohen Mitteln und einfachen Zubereitungen gewidmet ist.
Füglicher gehört hieher Hoffmanns kalkerdige Spießglanzleber (hepar antimonii calcareum, Calx antimonii cum Sulphure) die man am besten dadurch bereitet, daß man drei Theile gebrannte Austerschalen mit Einem Theile Spießglanzgoldschwefel eine Viertelstunde lang glühen läßt. Zwei Quentchen hievon in fünf Pfund Wasser bis zu Einem Pfunde eingekocht, durchgeseiht und in wohlverstopften Flaschen aufbewahrt, giebt die sogenannte Hoffmannische Auflösung der kalkerdigen Spießglanzleber (solutio calcis antimonii cum sulphure), dessen gerühmten Kräfte in Flechten, Skropheln, Engbrüstigkeit, zurückgetriebner Krätze, Kitzelhusten, verschiednen Kacherien, verstopftem Goldaderflusse, und Erbgicht wohl mehr den Heilkräften der reinen Schwefelleber als einer Beihülfe des Spießglanzes zuzuschreiben seyn möchten, wenn sie anders so völlig gegründet sind.
Der, wie oben gemeldet, vor sich entschwefelte rohe Spießglanz, oder die Spießglanzasche enthält immer noch, wenn er bis zur graulichen Weiße kalzinirt worden, ausser unvollkommenem Spießglanzkalke noch etwas Schwefel. Bringt man diesen graulich weißen Kalk (gewöhnlich hat er dann 33 von Hundert des dazu angewendeten rohen Spießglanzes verloren) in einem nicht braun- oder gelbaderigen, verdeckten Schmelztiegel bei sehr jähling verdeckter Glühhitze in dünnen Fluß und erhält die Masse im Flusse etwa eine Stunde lang, unter Umrühren mit einem thönernen Stabe, bis lezterer an der Spitze einen zähflüssigen Faden durchsichtigen rothen Glases zeigt, so gießt man die Masse lang hin auf eine polirte, heißgemachte Marmorplatte aus, welche zu Spießglanzglase (Vitrum antimonii) verhärtet, beim Erkalten zerknakt, und in dünnen Scheiben ziemlich durchsichtig und dunkelroth oder hyazinthfarben ist. Beim nur anfänglichen dünnen Flusse ausgegossen, giebt die Masse bei der Erkaltung nur eine Art grauen Steins; der Fluß muß bis zur erwähnten anfangenden Zähflussigkeit und Durchsichtigkeit des Fadens bei starkem Glühen fortgesetzt werden. Läßt sich dagegen die Masse auf keine Weise in gleichartigen Fluß bringen, so war die Spießglanzasche allzu sehr kalzinirt, und dann muß der Masse 1/16 bis 1/8 roher Spießglanz zugesetzt werden, der ihr den mangelnden Schwefel wiedergiebt, und sie[250] zum Flusse fähig macht. Zugesetzter Borax befördert zwar die Verglasbarkeit, macht aber das Glas allzu hellfarbig, und bringt ihm eine fremdartige Substanz bei.
Das Spießglanzglas ist seiner, drastisches Erbrechen und Entzündung der Eingeweide erregenden Eigenschaft wegen nie Menschen in Substanz, auch in der kleinsten Gabe nicht zu geben, selbst nicht auf das feinste durchgebeutelt oder auch präparirt (Vitrum antimonii praeparatum).
Auch das leztere feinste Pulver mit einem Achtel Wachs unter stetem Umrühren über gelindem Feuer gehalten, bis Spießglanzglas und Wachs Eine Masse zu bilden scheinen, das Huxhamische gewichste Spießglanzglas (Vitrum antimonii ceratum), pflegt kein vernünftiger Arzt mehr in Ruhren zu geben, wozu es sein dreister Erfinder bestimmte.
Dagegen macht die Leichtauflöslichkeit des Spießglanzglases in Säuren es zur Verfertigung verschiedner Präparate nützlich. Ich rede nicht von den in alten Zeiten aus Spießglanzglase bereiteten Kelchgläsern (Brechbecher), worin man Wein eine Nacht über stehen ließ, um sich dieser Flüssigkeit früh als eines (unsichern) Brechmittels zu bedienen; auch rede ich nicht von der Auflösung des Pulvers von Spießglanzglase in Weine, dem Brechweine (Aqua benedicta Rulandi) aus zwei Unzen weißem Weine mit einem Quentchen gepülvertem Spießglanzglase, eine Nacht hindurch zusammen digerirt und durch Druckpapier filtrirt, noch auch von der Huxhamischen Spießglanztinktur oder Spießglanzessenz (Vinum, s. essentia antimonii Huxhami) durch zwölfstündige Digestion des Spießglanzglaspulvers in 24 Theilen Maderawein bereitet und sorgfältig durchgeseihet. Alle diese Mittel sind einer Unsicherheit in der Wirkung nur allzusehr unterworfen, theils weil die verschiedne Säure oft einer und derselben Weinsorte mehr oder weniger vom Glase auflößt, theils weil die nicht bestimmte Wärme der Digestion einen großen Einfluß auf die stärkere oder schwächere Auflösung hat. Zudem setzen die Brechweine bei der Aufbewahrung einen Theil ihres Spießglanzgehalts an den Wänden und dem Boden des Glases ab, wodurch sie unbestimmbar schwächer werden. Im allgemeinen fand Fauken von 30 Gran Spießglanzglase in einer Unze Wein nach vier und zwanzigstündiger Digestion aufgelößt: in östreicher Weine 4 Gran, in Champagner 33/4 Gran, in Rheinwein 31/2, in Moseler 3 Gran, in Burgunder 11/2 Gran, in Spanischen 11/2 Gran – bei achttägiger Digestion aber in einer Unze östreicher 211/2 Gran, in Champagner 21 Gran, in Rheinwein 20 Gran, in Moseler 19 Gran, in spanischem 4. Räthlicher und sichrer ist es, wenn Spießglanzwein erforderlich ist, daß der Arzt in einer Unze spanischem Weine drei Gran Brechweinstein stehenden Fußes auflösen läßt, und seine Verordnung darnach einrichtet.
Ausserdem haben nicht unbeträchtliche Pharmazevtiker das Spießglas zur Bereitung des[251] Brechweinsteins genommen, wiewohl der zur graulichen Weiße vor sich gebrannte Spießglanz als das Material des Spießglanzglases in dieser Rücksicht vorzuziehen ist. M. → Brechweinstein.
Nicht weniger pflegt man daraus den kochsalzsauern Spießglanz, die Spießglanzbutter (butyrum antimonii, oleum antimonii, oleum antimonii glaciale, causticum antimoniale, Stibium salitum) zu verfertigen, und zwar jezt weniger gefahrvoll, als da man sie noch durch Zersetzung des Quecksilbersublimats mit rohem Spießglanze (m. → oben unter Spießglanzzinober) bereitete. Man nimmt jezt 12 Unzen feingepülvertes Spießglanzglas (oder, einfacher, sein Material, den bis zur graulichen Weiße kalzinirten Spießglanz in gleicher Menge), vermischt es mit 48 Unzen abgeknistertem Kochsalze, übergießt die Mischung in der gläsernen Retorte mit einem Gemisch aus 36 Unzen starker Vitriolsäure und 24 Unzen Wasser, kittet die Vorlage mit ihrer Hülfsröhre (→ unter Salmiakgeist, ätzender) mittelst einer Striefe Papier, mit Gypsbrei bestrichen, an, und destillirt aus dem Sandbade zuerst mit gelindem und dann allmählich erhöhetem Feuer, bis bei starkem Feuer zulezt alles Flüssige übergegangen ist, eine dickflüssige, rauchende Spießglanzbutter, die man in gläsernen Flaschen aufhebt, deren eingeriebener gläserner Stöpfel mit Oel oder Kakaobutter bestrichen ist, das Eindringen der Luft zu verhüten. Der Rückstand wird weggeworfen.
Man bedient sich der Spießglanzbutter (welche im konzentrirten Zustande, und in verschlossenen Gefäßen krystallinisch erscheint, aber sogleich an der Luft zerfließt, und dann eine braune Farbe annimmt) als eines Aetzmittels nicht gar häufig, etwa z.B. wenn man die darin getauchte äusserste Spitze eines feinen Pinsels einen Augenblick an das Staphylom oder die dunkeln Hornhautflecke hält und mit lauer Milch die betupfte Stelle sogleich auswäscht, oder zur Wegbeizung einiger Polypen, zur Tilgung der Fleischschwämme in Geschwüren der Pferde, u.s.w.
Wenn diese Spießglanzbutter mit 16 Theilen Wasser oder Weingeist vermischt wird, so fällt der größte Theil des unvollkommenen Spießglanzkalkes, als ein weißes Pulver (Mercurius vitae, pulvis Algarotti → Algarottipulver) nieder, ist aber die Spießglanzbutter nochmahls übergetrieben worden, so fällt bei einer solchen Verdünnung nichts nieder. Ist das Algarottipulver mit Weingeist niedergeschlagen worden, so läßt sich aus der hellen Niederschlagsflüssigkeit versüßter Salzgeist durch Destillation übertreiben.
Da das Algarottipulver, seiner ungeheuern Brechkraft wegen, nicht vor sich zu Arznei gebraucht wird, auf der andern Seite aber (seiner vorzüglichen Auflösbarkeit in Säuren wegen) das beste Material zur Bereitung des Brechweinsteins ist, wenn sein gewöhnlich hoher Preis uns hievon nicht abhält, so kann man es, ohne übergetriebne Spießglanzbutter dazu zu brauchen,[252] ziemlich wohlfeil und leicht bereiten, wenn man den oben erwähnten Satz von 12 Unzen bis zur graulichen Weise kalzinirtem Spießglanze, 48 Unzen verknistertem Kochsalze und 36 Unzen Vitriolöl, mit 24 Unzen Wasser verdünnet, zwölf Stunden lang unter jezuweiligem Umrühren digerirt, die Auflösung dann kalt durch Druckpapier, über Leinwand gebreitet, filtrirt, das Filtrat aber unter 64 Civilpfund kochendheißes Wasser rührt, und das Sediment nochmahls mit Wasser aussüßt, ehe man es trocknet. In Rücksicht der Bereitung des Brechweinsteins (→ Brechweinstein) ist noch zu erinnern, daß nicht der am stärksten wirkende vorzuziehen ist (der Metallsafran müßte sonst zum innern Gebrauche dem Mineralkermes vorzuziehen seyn) sondern der am gleichförmigsten wirkende, und daß folglich blos von den weißen Brechweinsteinkrystallen sich diese Gleichförmigkeit erwarten läßt. Es ist zu erinnern, daß die gewöhnlichen thönernen Geschirre zum Kochen viel Brechsalz einsaugen, daß aber die zinnernen Kochgeschirre dazu ganz unzulässig sind, da dieses Metall im Kochen den Spießglanzweinstein zersetzt, und ein Zinnsalz darunter bringt. Die besten Kochgeschirre dazu sind steinzeugne, äusserlich (mit Lehmteig, mit Rinderblut und Hammerschlag gemischt) beschlagene Töpfe, wenn man nicht gläserne Kolben ins Sandbad gestellt dazu nehmen will.
Das Algarottipulver mit einer Sandelholztinktur roth zu färben, und es dann Rosa antimonii mineralis zu nennen, war eine pharmazevtische Spielerey der Alten.
Unsre Vorfahren vermischten mit der Spießglanzbutter ein gleiches Gewicht starke Salpetersäure (wobei unter Aufbrausen, Absonderung von Salpetergas, Hitze, und beschwerlichem Geruche die Flüssigkeit hell bleibt, und nur etwas röthlich wird), dampften die Flüssigkeit ein, gossen noch zu zweien Mahlen eine gleiche Menge Salpetersäure, wie anfänglich, zu der weißen Masse, und ließen sie jedesmahl in der Hitze wieder verrauchen, bis kein salpetersaurer Dunst mehr aufstieg und nannten dieß dem schweißtreibenden Spießglanz nicht unähnliche, nur etwas saure Pulver, mineralischen Bezoar (Bezoarticum minerale) dem sie zu 6 bis 20 Gran auf die Gabe Ausdünstung befördernde Kräfte (nach Muthmasung?) beilegten. Schweißtreibender Spießglanz (über welchem man allenfalls noch einmahl vier Theile Salpetersäure übergetrieben hätte) würde, wenn das Mittel noch verlangt würde, gleiche Absicht erreichen.
Die einzige Spießglanzbereitung mit Vitriolsäure, ist der nicht sehr gebräuchliche Purgirspießglanz (Antimonium catharticum Wilfori). Man gießt auf 4 Unzen fein gepülvertes Spießglanzglas (oder, besser und einfacher, sein Material, die graulichtweiße Spießglanzasche zu gleichem Gewichte) 12 Unzen starke Vitriolsäure in einer gläsernen Retorte, destillirt alles Flüssige herüber, süßt das am Boden der Retorte gebliebene Pulver mit vielem[253] Wasser sorgfältig aus, trocknet es, reibt es mit einem gleichen Gewichte Glaubersalz und doppelt so viel Vitriolweinstein zusammen, läßt dieß Gemisch in einem Schmelztiegel bei schnell erhöhetem Feuer eine Viertelstunde lang in gelindem Flusse stehen, pülvert dann die erkaltete Masse, süßt sie wohl aus, und trocknet das Pulver zum Gebrauche. Man rühmt es als eine zuverlässige Purganz, welche keine Uebelkeit errege, zu 2 bis 10 Gran auf die Gabe.
Wenn man, wie oben gelehrt, den rohen Spießglanz mit der Hälfte seines Gewichts Kohlenpulver vor sich bei allmählich verstärktem Feuer geröstet hat, bis er eine aschgraue Farbe annimmt, diese Spießglanzasche dann mit gleichen Theilen schwarzer Seife oder einem Viertel seines Gewichts gereinigtem Potaschlaugensalze und eben so viel Kohlenpulver gemischt, bei etwas schnell erhöhetem Feuer im verdeckten Tiegel in Fluß bringt, die Masse dann in einen heißgemachten, und mit Talg ausgestrichenen, erhitzten Gießpuckel ausgießt und zugleich gelind daran klopft, damit die Schlacken obenauf ihren Stand einnehmen, so findet man unter leztern (die man abschlägt) das Metall des Spießglanzes, d.i. den einfachen Spießglanzkönig (Regulus antimonii simplex).
Der Spießglanzkönig ist ein zinnweißes, blätterig strahliges, etwa bei 800° Fahr. nach dem Glühen schmelzbares, im Feuer leicht verkalkbares Metall von 6,700 bis 6,860 spezifischem Gewichte, welches so spröde ist, daß es sich leicht zu Pulver reiben läßt. Bei langsamer Erkaltung nach dem Flusse zieht sich seine Oberfläche in strahlenförmig aus dem Mittelpunkte laufende Striefen zusammen, worauf die Alchemisten eine unnöthige Bedeutung legten und ihn gesternten Spießglanzkönig (Regulus antimonii stellatus) nannten.
Die Alten gossen aus dem Metalle Becher (Brechbecher), worin man Wein einige Zeit stehen ließ, um ihn dann als ein (unsichres) Brechmittel zu sich zu nehmen; auch gossen sie kleine Kügelchen, die man Kranke zu purgiren einnehmen, und sie immer wieder reinigen ließ, wenn sie von unten abgegangen waren, um sie zu gleichem Behufe wieder einnehmen zu lassen; zuweilen zu funfzig verschiednen Mahlen. Man nannte sie immerwährende Pillen (Pilulae perpetuae). Man nahm nur eine auf einmahl.
Nach einer altmodigen und kostspieligen Art ließ man den Spießglanzkönig auch so verfertigen, daß man ein Gemisch von 8 Unzen rohem Spießglanz, 6 Unzen rohem Weinsteine und 3 Unzen gereinigtem Salpeter allmählich in einen glühenden Schmelztiegel trug. Nachdem alles verpuffet ist, läßt man die Masse im bedeckten Tiegel weiß glühen und vollkommen fließen und gießt sie dann in den erhitzten, mit Fett ausgestrichenen Gießpuckel. Der unten stehende König beträgt etwas mehr als 3 Unzen, die aus spießglanziger Schwefelleber bestehenden Schlacken aber (Scoriae reguli antimonii) betragen[254] 7 Unzen; sie feuchten an der Luft und müssen in verschlossenen Gefäßen aufgehoben werden. Man bereitet die Spießglanzseifen daraus.
Wenn man acht Theile reine Eisenfeile in einem geräumigen Schmelztiegel glühend macht, 17 Theile rohen Spießglanz dazu schüttet und im bedeckten Tiegel in dünnen Fluß kommen läßt, dann aber zwei Theile Salpeter in kleinen Portionen auf die fließende Masse trägt, und sie nach der Verpuffung in einen heißen, mit Fett bestrichenen Gießpuckel ausgießt, an den man gelinde klopft, so findet sich oben eine bräunliche eisenhaltige Schlacke (scoriae reguli antimonii martiati) aus welcher sich beim Aussüßen mit Wasser ein Eisenkalk, Stahls eröfnender Eisensafran (Crocus martis aperitivus Stahlii) abscheidet – unten aber ein mit etwas Eisen verbundener Spießglanzkönig (regulus antimonii martiatus, stibium martiatum), ein unerhebliches Präparat zu finden ist. Die Verpuffung des leztern mit gleichen Theilen Salpeter giebt den martialischen Spießglanzkalk (Bezoarticum martiale, Antimonium diaphoreticum martiale, Pulvis cachecticus Ludovici).
Noch zweideutiger waren in alten Zeiten die Zusammenschmelzungen des eisenhaltigen Spießglanzkönigs mit gleichen Theilen Zinn (regulus antimonii stanneus, s. jovialis, Electrum minus), welcher zu Poter's Schwindsuchtspulver (Antihecticum Poterii, Bezoarticum joviale) ward, wenn man ihn mit 4 Theilen Salpeter hatte verpuffen lassen – oder wenn man wohl gar noch Kupfer darunter schmolz (Metallkönig, regulus metallorum).
Wenn man gröblich gepülverten Spießglanzkönig auf den Boden eines sehr geräumigen Schmelztiegels oder eines irdenen unglasurten Topfs schüttet, einen wohlpassenden irdenen Deckel mit einem Loche in der Mitte dicht über das Pulver legt, so daß noch ein ansehnlicher Raum darüber im Schmelztiegel bleibt, über den man obenüber noch einen Deckel klebt, und den Schmelztiegel nur so weit in einen Windofen setzt, daß bloß der untere Theil, der den schmelzenden Spießglanzkönig enthält, im Glühen bleibe, so zersetzt sich bei fortgesetztem starkem Feuer allmählich aller Spießglanzkönig zu glänzenden weißen Nadeln, silberfarbene Spießglanzblumen (Flores reguli antimonii argentei, Nix antimonii), die sich sublimiren und in dem ledigen Raume des Tiegels oder Topfs anlegen. Sie sollen in Wasser auflöslich seyn und selbst zu einem Skrupel auf die Gabe kaum Uebelkeit oder Erbrechen erregen. Die Alten hielten sie für ein Ausdünstung beförderndes Mittel und für dienlich in Wechselfiebern, in Skropheln und Hautauschlägen. Neuere Versuche fehlen. Indessen scheinen sie vom schweißtreibenden Spießglanzkalke nicht sehr verschieden zu seyn, ausser daß sie sich weit leichter in Salzsäure und Königswasser auflösen als dieser. Aehnliche Blumen geben die weißgraue[255] Spießglanzasche, das Algarottipulver, das Spießglanzglas.
Wenn man den gepülverten Spießglanzkönig mit gleichen Theilen gereinigtem Salpeter im glühenden Schmelztiegel verpuffen läßt, und den entstandenen weißen Kalk wohl mit Wasser aussüßt, so führt er den Nahmen Spießglanzweiß (Cerussa antimonii), ein vollkommener Spießglanzkalk, von dem sogenannten schweißtreibenden nicht verschieden.
Nimmt man zu 2 Unzen eisenhaltigem Spießglanzkönig 10 Unzen gereinigten Salpeter, trägt die innige Mischung löffelweise in einen glühenden Tiegel, wo man sie verpuffen und dann noch zwei Stunden schmelzen läßt, (bis ein glimmender, über die fließende Masse gehaltener Holzspan sich nicht wieder von selbst entzündet), und gießt sie nun in einen erwärmten eisernen Mörsel, pülvert die Masse darin und trägt sie noch ganz heiß in eine gläserne Flasche zu 24 Unzen erwärmtem, möglichst Wasserfreiem Weingeiste, so entsteht aus dem von Zeit zu Zeit umgeschüttelten und in der wohlverstopften Flasche bei etwa 100° Fahr. vier Tage lang digerirten Gemische eine dunkelrothe, fast undurchsichtige Tinktur, die scharfe Spießglanztinktur (Tinctura antimonii acris s. regulina) eine wahre, reine und von allen Spießglanztheilen freie Auflösung des ätzenden Laugensalzes im Weingeiste, die man in Flaschen mit Glasstöpseln aufbewahrt, da Kork von dem Dunste zerfressen wird. Den Rückstand kann man noch einmahl mit 12 Unzen und wenn diese abgegossen sind, noch mit 6 Unzen Weingeist digeriren, die durchgeseiheten drei Auszüge aber zuletzt zusammenmischen. Eine ähnliche Tinktur bereitet man mit Hülfe des oberwähnten Metallkönigs und nennt sie dann Tinctura metallorum, und Lilium Paracelsi.
Das Laugensalz des Salpeters erlangt durch dieses Schmelzen mit dem Metalle eine weit größere, obwohl ähnliche Schärfe, als das gemeine Aetzlaugensalz besitzt, woraus die sogenannte Weinsteintinktur gezogen wird, die ähnliche, nur nicht so konzentrirte Kräfte, als die scharfe Spießglanztinktur, besitzt. Die neuern Leugner einer eigenartigen Säure an der Stelle der Luftsäure in dem ätzenden Laugensalze mögen aus der Arzneikunde die Zurechtweisung annehmen, daß die heftigen Wirkungen einiger (oft nur 2 bis 10) Tropfen einer dieser beiden Tinkturen unmöglich von dem einzelnen Grane etwa darin vorhandenen Laugensalzes herrühren können, dem blos die Luftsäure fehle, sondern daß ein ganz andrer Stoff darin herrsche, weil diese wenigen Tropfen nicht nur mit vielem Getränke verdünnt, sondern auch mit zwanzigmahl mehr Säure, als das wenige Laugensalz etwa zur Sättigung braucht, vermischt, und, was mehr als alles sagen will, selbst in luftsauerm Wasser eingenommen, ihre heftigen Wirkungen zu äußern nicht unterlassen.
Die scharfe Spießglanztinktur erregt in mehr als mäsiger Gabe (zuweilen schon zu 4 und 5 Tropfen bei empfindlichen Personen) Fieber mit Kälte, Kopfweh und[256] Schweiß, eine Empfindung von Gelähmtheit in allen Gliedern, Schwindel, Zittern, Hautausschläge, reißende Schmerzen in mehrern Theilen des Körpers, u.s.w. und ist geeignet, einige Gliederschmerzen hinwegzunehmen. Die gewöhnliche Gabe ist 2 bis 15 Tropfen.
Mit dieser ist nicht zu verwechseln die sogenannte tartarisirte Spießglanztinktur (Tinctura antimonii tartarisata), welche entsteht, wenn man Einen Theil rohen Spießglanz mit zwei Theilen gereinigtem Potaschlaugensalze, wohl gepülvert und gemischt, in einem bedeckten Schmelztiegel zwei Stunden lang, die lezte halbe Stunde in Weißglühhitze, schmelzt, bis die Masse hellgelb geworden, sie dann, im heißen eisernen Mörsel gepülvert, noch heiß in eine Flasche, zu 8 Theilen Weingeist trägt, und das Gemisch so lange unter Umschütteln digerirt, bis der Weingeist eine dunkelbraune Farbe angenommen hat. Mit dem Rückstande digerirt man nochmahls vier Theile Weingeist, filtrirt die beiden Tinkturen, mischt sie zusammen und hebt sie in verstopften Flaschen auf. Es ist die geistige Auflösung einer Spießglanzleber, und ihre Kräfte sind noch so unbestimmt, als ihre Haltbarkeit von geringer Dauer ist. Ihr ähnlich, das ist, ebenfalls mit Spießglanzschwefelleber geschwängert, giebt es mehre nahmhafte Tinkturen, aber von mehr zusammengesetzter Bereitungsart, als der Plan dieses Werks vorzutragen erlaubt, z.B. die Gmelinsche, Mangoldische, Buchholzische.
Der in der Arznei gebräuchlichste, vollkommene Spießglanzkalk ist der schweißtreibende Spießglanz (Antimonium diaphoreticum, Calx antimonii alba, Diaphoreticum minerale). Zu einem Theile rohem gepülvertem Spießglanze nahm man zu dieser Absicht ehedem drei Theile, jezt nimmt man mit vollem Rechte, nur 21/2 Theile gereinigten Salpeter, trägt das feingepülverte Gemisch löffelweise in einen glühenden Schmelztiegel, stößt, wenn das Verpuffen jeder Portion vorüber ist, jedesmahl die an die Seiten des Tiegels angeflogenen Spießglanzblumen hinunter, um auch sie durch das salpeterhaltige Gemisch zerstören zu lassen, pülvert die verpuffte Masse in einem warmen, eisernen Mörsel und schüttet sie noch heiß in heißes Wasser, rührt sie wohl um, läßt, wenn der Kalk sich abgesetzt hat, das klare Wasser durch die Seitenöfnungen des Absüßungstopfs abfließen, und erneuert das Umrühren mit neuem siedendem Wasser, bis zulezt ein durch Essigdampf geröthetes Lackmuspapier von dem Aussüßungswasser nicht mehr blau wird. In diesem Wasser rührt man den Bodensatz schnell um, läßt alles Weißtrübe, was sich binnen etlichen Sekunden nicht niedergesenkt hat, durch die Seitenöfnung des Topfs in ein Zuckerglas auslaufen, rührt das Zurückgebliebene wieder mit frischem Wasser um, und fährt so fort, das im Wasser feinverbreitete Trübe heraus in das Zuckerglas abzuzapfen und darin sich allmählich zu Boden senken zu lassen, bis aller schweißtreibender Spießglanzkalk auf diese Art von[257] den gröbern, schweren, regulinischen Theilen abgeschlemmt und zur größten Zartheit gediehen ist. Dieser Satz wird auf Druckpapier, über ausgespannte Leinwand gebreitet, abgetröpfelt, und, getrocknet, in einer verstopften Flasche verwahrt.
Bei jetzigen theuern Preisen des gereinigten Salpeters wird man jedoch weit räthlicher zum Zwecke gelangen, wenn man statt jenes Satzes gleiche Theile zur graulichen Weiße kalzinirte Spießglanzasche und völlig gereinigten Salpeter zusammen zur Verpuffung einträgt, mit dem Aussüßen und Schlemmen aber übrigens verfährt, wie schon gedacht worden.
Wird aber in beiden Fällen die verpuffte gelblichweiße Masse nicht ausgelaugt, sondern so, wie sie ist, in verstopften Gläsern gepülvert aufbewahrt, so führt sie den Nahmen antimonium diaphoreticum non ablutum, Calx antimonii non elota.
Wenn das erste Aussüßungswasser des schweißtreibenden Spießglanzkalkes bis zur Trockenheit abgedunstet wird, so entsteht eine aus Vitriolweinstein, Salpeter mit unvollkommener Salpetersäure (die sich daraus durch Zusatz selbst durch jede Pflanzensäure in Dunstgestalt unter Scheidewassergeruch entbindet) und in Laugensalz aufgelösetem Spießglanzkalke zusammengesetzte Salzmasse, eingedickter Spießglanz salpeter (Nitrum antimoniatum inspissatum) genannt, die man in verschlossenen Gefäßen aufhebt, und welche von Aerzten, die die ungewissen, zusammengesetzten Mittel lieben, für ein auflösendes und schweißtreibendes Mittel ausgegeben worden ist.
Scheidet man aber die krystallisirbaren Salze durch Krystallisation aus dieser Salzmasse ab, so führen sie blos den Nahmen Spießglanzsalpeter (Nitrum antimoniatum), wovon die unanschießbare Lauge auf Zusatz irgend einer Säule einen feinen Spießglanzkalk fallen läßt, welcher abgewaschen und getrocknet, den Nahmen Perlenmaterie (Materia perlata, Magisterium antimonii diaphoretici) bekommen hat, wiewohl sie vor den Kräften des schweißtreibenden Spießglanzes nichts voraus hat.
Sobald man bei Bereitung des schweißtreibenden Spießglanzes nicht zugleich die Gewinnung des empirischen und verwerflichen Spießglanzsalpeters beabsichtiget, da sollen, wie Hermbstädt und Spielmann versichert, auf einen Theil rohen Spießglanz schon zwei Theile gereinigter Salpeter zur Verkalkung hinreichend seyn, doch hat Boerhave und Lemery den ausgesüßten gelblichten Kalk etwas brechen erregend und abführend gefunden.
Der vollkommene schweißtreibende Spießglanzkalk ist weiß, und ohne Geschmack und Geruch. Er löset sich nicht in erwärmter Kochsalzsäure auf, wohl aber durch Kochen in weniger als 400 Theilen Wasser und zeigt in dieser Auflösung die Eigenschaften einer Metallsäure; das aufgelösete Ammoniakkupfer wird von ihr bläulichtgrünlich niedergeschlagen. Die Aerzte geben es in Pulver, in großen und kleinen Gaben, ohne daß sie sich noch bis jezt vereinigen[258] können, ob dieser Kalk im menschlichen Körper ganz unkräftig sey, oder ob er einige Kräfte und welche er habe. Man hat ihm auf gut Glück eine Ausdünstung befördernde Eigenschaft zugeschrieben. Würde man ihn in destillirtem Wasser aufgelößt geben, so würde man sicherer entscheiden.
Man behauptet daß er, lange aufbewahrt, eine ermetische Kraft erlange; eine unwahrscheinliche Meinung, die auch Lemery's Erfahrungen gegen sich hat. Ein solcher ermetischer Spießglanzkalk ward wahrscheinlich unrichtig zubereitet, oder man hatte nicht gereinigten Salpeter zur Verpuffung genommen.
Der schweißtreibende Spießglanz, noch siebenmahl mit frischem Salpeter geschmolzen, und jedesmahl mit Wasser ausgesüßt, giebt ein altmodiges Präparat das Poudre de la Chevalleray, welches von ersterm nicht verschieden ist.
Es läßt sich von einem rechtschaffnen Apotheker nicht denken, daß er ein verfälschtes Antimonium diaphoretikum hegen sollte, da er es nicht kaufen, sondern stets selbst bereiten muß. Der Droguist aber überzeugt sich von der Verfälschung mit Kreide oder Bleiweiß durch das Aufbrausen mit Essig, da dann die eingedickte Auflösung mit etwas Oel vermischt und im eisernen Löffel geglüht ein Bleikorn zeigen wird, wenn dieß bösartige Metall darin vorhanden war.
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