3.

Sel'ge Nacht, in der du nahest,

Hundertfältig schmeichelnd mir,

Dann mit Schalkheit spröde thuest,

Und ich flehend steh' vor dir!

Bleibt wohl Knospen gleich verschlossen

Was mein armes Herz verhehlt,

Wenn es zum Geheimnisshüter

Sich den Morgenwind erwählt?

Was vom hohen Glück ich hoffte

Stellt' in deinem Wuchs sich dar,

Und mein Wunsch vom langen Leben

Lag in deinem Lockenhaar.

Wie die Kräuslerin des Schicksals

Doch so listig ist und fein!

Reibt sie Seinem Schelmenauge

Noch das Schwarz der Anmuth ein!

An wieviele Herzenspforten

Pocht' ich nicht in heisser Qual.

Hoffend in den langen Nächten

Auf der Liebe Morgenstrahl!

Magst du mich auch hart behandeln,

Quält mich auch der Neider sehr,

Dem Gefangenen der Liebe

Füllt kein langes Unglück schwer.

Ruhe schenkt der Ost dem Geiste,

Wenn die Rose wiederkehrt;

Gottes tausendfachen Segen

Ist ein solcher Schwätzer werth.

Staub, der mein Gemüth belastet,

Macht des Feindes Auge blind;

Wirf, Hafis, dich auf die Erde,

Brenn, doch scheine frohgesinnt!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 53-55.
Lizenz:
Kategorien: