6.

Der Flaum um meines Freundes Wange,

Verfinsternd selbst des Mondes Licht,

Ist zwar ein schöner Hof zu nennen,

Doch einen Ausweg beut er nicht.

Des Freundes Braue ragt als Nische

Des Glücksaltares hoch empor:

An ihr nur reibe deine Wange

Und ihr nur trage Bitten vor.

Bewahre dir, du Hefentrinker

An Dschem's Gelag, den Busen rein:

Dem Wunderglase, diesem Spiegel

Kann, ach, kein Ding verborgen sein,

Dem Thun der Zellenmänner dank' ich's

Dass ich ein Weinverehrer bin;

Betrachte diesen Rauch: es schwärzte

Mein Buch des Lebens sich durch ihn.

Nun treibe was er immer könne

Der böse Feind, genannt: der Gram,

Weil, Rettung suchend, meine Zuflucht

Ich zu den Weinverkäufern nahm.

O Schenke, mit des Weines Lichte

Beleuchte hell der Sonne Bahn,

Und sprich zu ihr: »An ihr nur zünde

Der Morgenstunde Fackel an.«

Begiess das Tagbuch meiner Thaten

Mit Wasserfluthen; weil nur dann

Die Menge eingeschrieb'ner Sünden

Vielleicht daraus verschwinden kann.

Ob wohl bei jenen Träumereien,

In die der Bettler sich versenkt,

Ein Tag am Ende noch erscheine

An dem der Kaiser sein gedenkt?

Hafis hat zu dem Fest Verliebter

Die Instrumente aufgestellt,

D'rum möge er auch niemals fehlen

Auf dieses Lustgelages Feld!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 479-481.
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