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[188] Ein ander mal feyerten die Franciscaner das fest S. Antonii von Padua in ihrer kirche. Als nun ein junger Edelmann sahe / wie sich das volck um das bild dieses heiligen drängete / gieng er zur kirchen-thüre hinaus / und sagte: Ich wolte nicht S. Antonius von Padua seyn / wenn man mir schon tausend kronen gäbe. Damit er nehmlich den überlauff von so vielem volcke nicht ausstehen dörffte. Dieses wurde alsobald durch einen andern Edelmann / welcher sich wegen eines gewissen liebes-streites an jenem rächen wolte / vor die inquisition gebracht / welche ihrer art nach kurtzen proceß machte. So bald aber obgedachter Vice-Re hiervon nachricht bekam / zog er die gantze sache vor sich / und muste so wohl ankläger als angeklagter vor ihm erscheinen / worauf nachgesetztes urtheil erfolgte: Weil ankläger angeklagten beschuldigt / er habe gesagt / daß er nicht vor tausend kronen S. Antonius von Padua seyn wolte: Und aber Sr. excellentz dem herrn Vice-Re nicht unbekandt ist /was anklägern zu dieser anklage bewogen / so muß angeklagter dennoch / er mag wollen oder nicht wollen / vor tausend u. eine krone derjenige heilige werden / der[188] er nicht vor tausend seyn wollen / welche erstere summe ihm ankläger alsofort erlegen soll / und welches die gröste straffe seyn wird / die man ihm auferlegen kan. Immittelst aber / daß er dieser Heilige ist / soll solches geld den armen in verwahrung gegeben werden. Mit welchem merckwürdigen urtheil der Vice-Re dem eingerissenen mißbrauch / wodurch alles vor die inquisition gebracht wurde / zu steuern vermeynte.

Quelle:
Das Buch der Weisen und Narren oder kluge und einfältige reden und tworten, welche von leuten aus allerhand nationen bey verschiedenen begebenheiten entweder im ernst oder aus schertz vorgebracht worden. Leipzig 1705, S. 188-189.
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